In und um Benediktbeuern:Ungezählte Tiere gestresst, verletzt, getötet

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Hagelbrocken groß wie Tennisbälle und mit einer ungeheuren Wucht unterwegs. "Das schlägt Knochen durch", sagt Veterinär Georg Unterholzner. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Nach der Hagelkatastrophe kümmern sich Vogelschützer und Jäger soweit möglich um Störche, Rehe, Hasen. Aber viele Tiere bleiben unentdeckt.

Von Felicitas Amler, Benediktbeuern

Was für die Menschen ein schwerer Schlag mit schlimmen Folgen war, hat ungezählte Tiere das Leben gekostet. Wie viele Vögel, Wildtiere und womöglich auch Hauskatzen der Hagelkatastrophe im Raum Benediktbeuern zum Opfer fielen, wird sich nie genau beziffern lassen. Denn sie sind gar nicht alle aufzufinden.

So sagt Sabine Tappertzhofen, Geschäftsleiterin des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) Bad Tölz-Wolfratshausen, es seien etliche Störche gestorben und viele verletzte Tiere zu Veterinären gebracht worden, aber: "Die darüber hinaus wichtige Frage werden wir kaum beantworten können: Wie viele Tiere seltener und sehr seltener Arten wurden getötet?" Es gebe in den Loisach-Kochelsee-Mooren Arten, die nur mit wenigen Individuen vertreten sind. "Da kann der Tod von vier Tieren den Verlust der lokalen Population bedeuten." Außerdem sei der Vogelzug im Gange. "Wenn in einer Wiese 30 Störche stehen, sieht man, wenn sie tot oder verletzt sind. 50 Bekassinen oder Brachvögel wird man nicht sehen. Die räumt der Fuchs auf."

Anders sehe es bei Arten aus, die in dichtem Gebüsch leben. "Amseln und Meisen waren direkt nach dem Unwetter wieder auf Futtersuche zu beobachten. Hier dürften die Verluste überschaubar sein", vermutet die LBV-Sprecherin.

Tappertzhofen aber weiß, dass Greifvögel und Eulen vom Hagel getroffen wurden und dass vier vom Hagel verletzte Störche am Samstag in die Tierklinik nach Weilheim gebracht wurden, von denen zwei auf dem Weg dorthin verendet seien. Auf einer Wiese hätten zuvor 30 bis 35 Störche gestanden, die sich jetzt, nach der Brutzeit, zum Abflug nach Süden bereit gemacht hätten.

Tappertzhofen sagt, vieles sei in der Notsituation "aus dem Moment heraus" entschieden worden. Einen vollständigen Überblick, welche Tiere wo und von wem gerettet wurden, kann derzeit wohl niemand geben.

Georg Unterholzner ist Veterinärmediziner (Foto: Privat/oh)

Georg Unterholzner, stellvertretender Leiter des Veterinäramts in Bad Tölz, hat von einem Sprecher des Jagdverbands erfahren, dass mindestens 36 tote Rehe geborgen wurden. Freilich ist auch dies nur ein Schlaglicht. "Es werden ja nicht alle gefunden." Aber offenbar böten die Ebenen und die Moorgebiete im betroffenen Raum wenig Deckung bei Hagel. "Der Bergwald ist besser geschützt." Und es sei ja nicht allein die Größe der einzelnen Hagelbrocken - allgemein wird von der Dimension von Tennisbällen gesprochen. Er habe gehört, dass Hagel mit bis zu 300 Kilometern pro Stunde wüten könne. "Das schlägt Knochen durch." Ganz zu schweigen von kleinen Tieren: Auf einer Wiese sollen Jäger vierzig tote Mäuse gefunden haben.

Die Suche nach Wildtieren hätten die Jäger mit der Wärmebildkamera vorgenommen. Was deswegen erfolgversprechend gewesen sei, weil die Tiere nach dem Tod noch 24 Stunden lang so warm seien, dass es abgebildet werde, so Unterholzner. Die Totenstarre allerdings sei bei dem Unwetter bedeutend schneller eingetreten als gewöhnlich: "Weil sie so gestresst waren."

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