Aus dem Kulturausschuss des Stadtrats:Geretsried in Stein gehauen und in Bronze gegossen

Lesezeit: 2 min

Otto Süßbauers eigens für Geretsried gefertigte Skulptur "Der Geher" (hier beim Gießen der Bronze) soll in Assoziation an "Vertreibung und Ankunft" am Rathaus aufgestellt werden. (Foto: Hartmut Pöstges)

Bürgermeister Michael Müller präsentiert sein Konzept für eine Kunstmeile durch die Innenstadt. Er will "das Narrativ der Stadt" gespiegelt sehen.

Von Felicitas Amler, Geretsried

Die Stadt Geretsried beginnt mit der Realisierung der innerstädtischen Kunstmeile, die Bürgermeister Michael Müller (CSU) bei seinem Amtsantritt 2014 angekündigt hat. Nachdem jetzt die Neue Mitte rund um Karl-Lederer-Platz und Egerlandstraße städtebaulich fertig ist, kann mit dem Vorhaben begonnen werden. Müller hat dazu dem Kulturausschuss des Stadtrats am Dienstag ein Konzept vorgelegt, das einstimmig angenommen wurde. Kern seines Entwurfs ist es, "die Identität der Stadt" mit Kunst im öffentlichen Raum zu reflektieren.

Als "Narrativ der Stadt", die von Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut wurde, hat Müller schon bei anderer Gelegenheit "das Angekommen-Sein und den Aufbau, Leistungswillen und Modernität" benannt. Im Kulturausschuss erklärte er, dies zeige sich zusammengefasst in der Inschrift des Gedenksteins vor dem Rathaus: "Not und Tod brachten uns her, Arbeit und Fleiß schufen uns Ehr." In seinem Konzept zählt er die verschiedenen Anklänge zu diesem Thema auf: "Flucht, Vertreibung, Ankunft, Gemeindegründung, Wiederaufbau, Schaffung eines neuen Gemeinwesens, Dynamik, Entwicklung, Erfolg, die Menschen in der Stadt, der Glaube an Gott."

Kunst im öffentlichen Raum ist für den Bürgermeister ausdrücklich Teil der Stadtentwicklung. Da Geretsried keine im üblichen Sinn "historische" Altstadt habe, soll die Innenstadt mit Kunst aufgewertet werden. Vorhandene und noch zu erwerbende Skulpturen sollen aufgestellt werden, beginnend am Stadtmuseum an der Graslitzer Straße über die Neue Mitte bis zur evangelischen Petruskirche an der Egerlandstraße. "Ziel ist die stufenweise Anschaffung von moderner und zeitgenössischer Kunst, die einen Bezug zu Geretsried hat", so Müller.

Für die "Meile" hat er thematische Schwerpunkte skizziert: "Flucht, Vertreibung, Ankunft" und "Gemeinde, Politik und Bürger" rund ums Rathaus; "Menschen in der Stadt, Treffen, Feiern und Gespräch" am Karl-Lederer-Platz entlang; "Boulevard des Lebens, Freude, Liebe, Herz" an der Egerlandstraße und schließlich bei der Petruskirche "Kirche, Glaube, Hoffnung".

Die Wasserträgerinnen von Wilhelm Srb-Schlossbauer stehen bereits vor dem Rathaus . . . (Foto: Harry Wolfsbauer)
. . . der "Jüngling" desselben Bildhauers soll nun vom Norden der Stadt ans andere Ende des Karl-Lederer-Platzes kommen (hier mit Engelbert Schönbach, der als Zehnjähriger Modell für das Werk stand). (Foto: Hartmut Pöstges)

Unter dem Dach seines "Narrativs" hat der Bürgermeister die bereits von der Stadt angekauften Kunstwerke sortiert: rund ums Rathaus die Holzskulptur "Sterbendes Pferd" von Hans Neumann, die Bronze "Der Geher" von Otto Süßbauer, den Gedenkstein der Vertriebenen, die Steinsäule "Wir sind alle Ausländer, fast überall" von Claudio Josef Canella und die Brunnenfiguren "Wasserträgerinnen" des Bildhauers Wilhelm Srb-Schlossbauer; für den Karl-Lederer-Platz soll auf Betreiben des früheren Galeristen und jetzigen Kunstbeiratsmitglieds Albrecht Widmann der ebenfalls wassertragende "Jüngling" von Srb-Schlossbauer vom Norden der Stadt heruntergeholt werden.

Ernst Grünwald sitzt Probe auf seiner Skulptur "Dialog". (Foto: Hartmut Pöstges)
Der bronzene Gorilla von Hans Kastler steht seit 2008 im Geretsrieder Zentrum. (Foto: Hartmut Pöstges)

Auf dem Karl-Lederer-Platz steht bereits die Bronze-Arbeit "Dialog" von Ernst Grünwald, an der Seite zur Egerlandstraße außerdem der Bronze-Gorilla von Hans Kastler. Auf dem unbepflanzten Teil des Platzes könnte, so Müller, eine Konzertmuschel für Veranstaltungen aufgestellt werden. Das Ende der Kunstmeile markiert Otto Süßbauers Vaterunser-Säule vor der Petruskirche - und im Besitz der Kirche -, für den Übergang bis dorthin wünscht sich Müller noch Ideen: "Die Situation ist städtebaulich unbefriedigend", sagte er, und es sei Aufgabe der Stadt, den Bereich zu integrieren. "Dabei könnte die Kunstmeile helfen."

"Was in Richtung Sport."

Der Bürgermeister stellte sein schriftlich und illustrativ ausgearbeitetes Konzept ausdrücklich zur Diskussion. Von den Stadträten kamen neben viel Zustimmung thematische Wünsche für neue Kunstwerke. Die Jugend sei in Geretsried ein wichtiges Thema, sagte Patrik Kohlert (Geretsrieder Liste) und regte dazu ein Grafitto an. Ewald Kailberth (CSU) fand: "Es fehlt die Musik." Und Kulturreferent Hans Ketelhut (CSU) meinte: "Vielleicht gibt es auch einen Künstler, der in Richtung Sport was initiieren kann."

Ergänzend zu den Kunstbeiräten Widmann und Ernst Grünwald nahm Bildhauer Alexander Henselmann mit Stimmrecht an der Sitzung teil. Er würdigte Geretsrieds Bemühungen um die Gestaltung seines Zentrums. Dort seien "außerordentlich schöne Plätze auch für Skulpturen entstanden". Allerdings warnte er davor, nun "alle guten Plätze" mit Skulpturen zu besetzen, einfach weil diese schon im Bestand seien. Es sei problematisch, Kunstwerke verschiedener Epochen in einen Zusammenhang zu bringen. Er sehe aber "viel Potenzial" für die Kunstmeile.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

MeinungKunstmeile Geretsried
:Nicht so bieder, bitte!

Der Bürgermeister legt ein Konzept vor, das im Stadtrat nur sehr profane Wünsche weckt.

Kommentar von Felicitas Amler

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: