Kunstmeile Geretsried:Nicht so bieder, bitte!

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Der Bürgermeister legt ein Konzept vor, das im Stadtrat nur sehr profane Wünsche weckt.

Kommentar von Felicitas Amler, Geretsried

Die Geretsrieder Kunstmeile ist einzigartig zwischen Icking und Lenggries - so viel lässt sich jetzt schon sagen. Kein anderer Ort, an dem sich ein Bürgermeister so viele und so konzeptionelle Gedanken über Kunst im öffentlichen Raum gemacht hat. Die Idee vom "Narrativ" der Vertriebenenstadt, die sich zur größten und wirtschaftlich bedeutendsten Kommune des Landkreises entwickelt hat, ist schlüssig und überzeugend. Ob die Kunstwerke, die nun unter diesem symbolischen Dach aufgestellt werden, es allesamt sind, ist hingegen eine offene Frage.

Eben darüber hätten die Stadträte im Kulturausschuss sprechen, bestenfalls sogar konstruktiv streiten können. Bürgermeister Michael Müller stellte sein Konzept ausdrücklich zur Diskussion. Eine solche flammte aber gar nicht erst auf. Stattdessen wurden doch sehr profane Wünsche an Künstler laut: Etwas mehr Jugend sollen künftige Werke repräsentieren, dazu noch die Musik - und bitt'schön auch den Sport. Es mag ja sein, dass diese Themen zur Identität der Stadt gehören. Aber soll das wirklich der alleinige Maßstab für Kunst in Geretsried sein?

Müller spricht gern davon, wie "bieder" die Innenstadt vor der von ihm initiierten Neugestaltung gewesen sei. Stimmt. Aber bieder, brav und damit langweilig wird das Image bleiben, wenn es in der Kunst lediglich um Lesbarkeit gehen soll. Wäre es nicht viel aufregender, wenn mehr freche, aufmüpfige, warum nicht auch subversive Skulpturen die Neue Mitte zierten? Geheimnisvollere Arbeiten, deren Aussage sich nicht auf Anhieb erschließt. Mit einem Wort: mehr moderne Kunst.

Ein Blick in die Nachbarstadt könnte helfen, dies zu inszenieren. Dort macht der Erinnerungsort Badehaus mit seinen wechselnden "künstlerischen Interventionen" vor, wie zeitgemäße Kunst ein Thema zum Schwingen bringen kann, ohne es platt darzustellen. Dazu muss man keine Auftragsarbeiten im Sinne von "Mach doch mal was über Sport!" vergeben. Es reicht, sich zeitgenössische Künstler oder Künstlerinnen (ja, es gibt auch kreative Frauen!) zu suchen, die sich auf den Ort einlassen. - Vorher sollte man aber den Wucht-Kitsch "I love GER" wegräumen, denn der ist wahrlich kein künstlerischer Meilenstein.

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