Reden wir über:"Ich möchte den Menschen zeigen, was ich liebe"

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Pianistin, Sängerin und Komponistin: Kateryna Ziabliuk. (Foto: Veranstalter / OH)

Die junge Pianistin Kateryna Ziabliuk gibt am Sonntag in Geretsried ein Benefizkonzert für ihre ukrainische Heimat. Ein Gespräch über die Bedeutung der Musik, das Publikum und ihre Schuldgefühle.

Von Tobias Bug, Geretsried

Die ukrainische Pianistin, Sängerin und Komponistin Kateryna Ziabliuk ist erst 22 Jahre alt - und schon eine bekannte Jazzgröße. Seit ihrer Kindheit spielt sie Klavier, später studierte sie in ihrer Heimatstadt Kiew und an der Karol-Szymanowski-Akademie im polnischen Kattowitz. Aktuell ist Ziabliuk an der Krakauer Musikakademie und weilt gerade im Auslandssemester in Mailand. Für die Online-Plattform Meloport schreibt sie über Improvisationsmusik. Als Musikerin ist sie Teil eines Duos, eines Quartetts und eines Ensembles. Am Sonntag, 3. April, um 18.30 Uhr gibt Kateryna Ziabliuk auf der Kulturbühne Hinterhalt in Geretsried ein Benefizkonzert für ihre ukrainische Heimat.

SZ: Sie spielen schon seit Ihrem sechsten Lebensjahr Klavier. Was bedeutet Ihnen die Musik und das Klavierspiel?

Kateryna Ziabliuk: Für mich ist Klaviermusik die beste Art, mit der Welt zu kommunizieren. Für mich spielen viele Dinge eine Rolle: Musik ist Sprache, ein Weg, sich zu beruhigen und zu entspannen, sich auszudrücken. Gerade in diesen Zeiten ist es auch eine Art, Menschen zu helfen.

Am Sonntag treten Sie auf der Kulturbühne "Hinterhalt" in Geretsried auf. Was macht den Reiz einer solch kleinen Bühne aus?

Für mich kommt es nicht so sehr auf die Bühne an. Das Wichtigste ist, welche Menschen kommen, um mir zuzuhören. Für mich als Musikerin ist es schwierig, vor Leuten zu spielen, die mir nicht zuhören, vor Leuten, die mehr daran interessiert sind, sich zu unterhalten oder zu essen. Kommerzielle Konzerte gebe ich deswegen schon lange nicht mehr. Ich bevorzuge es, vor einem Publikum zu spielen, das mir wirklich zuhören will.

Welche Botschaft möchten Sie mit Ihrem Benefizkonzert für die Ukraine vermitteln?

Jeder denkt zurzeit über den Krieg nach, das ist verständlich. Aber meine Musik dreht sich nicht um den Krieg, sie handelt von der Kultur, in der ich aufgewachsen bin. Schon vor dem Krieg war die ukrainische Kultur die Grundlage meiner Musik. Ich behandle alles, was ich als Kind erlebt habe, was ich geliebt habe. Mein Anliegen war schon immer, den Menschen zu zeigen, was ich liebe und woraus mein Leben besteht. Meine Botschaft ist, dass Menschen keine Angst haben sollen zu helfen. Denn viele Menschen haben Angst oder wissen nicht, wie sie helfen sollen. Ich finde, man sollte helfen, mit allem, was man hat. Ich möchte mit meiner Musik dem Publikum mein Leben zeigen und Menschen finden, die das wertschätzen und die sich zusammenschließen möchten. Wenn wir uns zusammentun, sind wir sehr stark.

Wie erleben Sie den Krieg in Ihrer ukrainischen Heimat?

Ich fühle mich sehr schlecht. Vor allem in den ersten Kriegswochen war ich ein einer mentalen Hölle. Ich muss umgehen mit meiner Schuld, nicht dort zu sein. Das ist das Schuldgefühl der Überlebenden. In meiner Heimat sterben viele Menschen und ich bin sicher und gesund. Das ist ein weit verbreitetes Syndrom, auch unter Kriegsflüchtlingen. Wir wollen nicht lange wegbleiben, wir wollen so schnell wie möglich zurück in die Ukraine. Wenn wir unser Land verlassen, um unser Leben zu retten, denken wir immer noch an die Ukraine, denken, dass wir nicht wirklich helfen können. Aber: Gesunde Ukrainer sind viel besser für unsere Nation. Wenn du lebst, du sicher bist, hast du mehr Energie zu helfen. Natürlich vermisse ich meine Familie und meine Heimatstadt. Aber ich muss mich selbst trösten und alles dafür tun, ruhig zu bleiben.

Sonntag, 3. April, 18.30 Uhr, Live und als Livestream. www.hinterhalt.de

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