Freizeit in der Natur:Gefährliche Blutsauger

Lesezeit: 3 min

Im Frühjahr und Sommer ist die Gefahr eines Zeckenstichs wesentlich höher, weil sich die Menschen mehr im Freien bewegen. Guter Schutz ist wichtig, denn die Spinnentiere können Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen. (Foto: dpa)

Mit dem steigenden Temperaturen erwachen auch die Zecken aus ihrem Winterschlaf. Weil im Landkreis das Risiko einer Borreliose- oder FSME-Erkrankung besteht, sollte sich schützen, wer sich draußen aufhält.

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Die Gefahr lauert im Gras, Laub oder Gebüsch. Unbemerkt entern die wenige Millimeter großen Spinnentiere die Körper ihrer Wirte: Zecken ernähren sich von Blut. Seit März etwa sind sie wieder aktiv. Ab einer Temperatur von circa acht Grad wachen sie aus ihrem Winterschlaf auf. Sie können eine Vielzahl an Infektionskrankheiten auf Menschen und Tiere übertragen. Zu den bedeutendsten in Deutschland zählen die Borreliose sowie die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Auch der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen ist ein FSME-Risikogebiet. Experten warnen, dass es in diesem Jahr viele Zecken geben werde.

Die Zecke ist mehrjährig und hat einen hoch entwickelten Stechapparat. Mit ihren scherenartigen Mundwerkzeugen (Cheliceren) reißt sie die Haut des Wirts auf und gräbt sich mit ihrem "Stachel" (Hypostom) in das Gewebe, das sich an der Stichstelle mit Blut füllt. Nachfließendes Blut saugt die Zecke immer wieder ab und wächst dabei um ein Vielfaches ihres Körpervolumens an. Dabei können Zecken verschiedene Krankheitserreger übertragen. Außerdem benötigen weibliche Zecken eine Blutmahlzeit zur Vermehrung.

Das Tölzer Gesundheitsamt führt eine Statistik über die Borreliose- und FSME-Fälle im Landkreis. Seit 1. März 2013 gibt es eine Meldepflicht für Borreliose in Bayern. Im Jahr 2013 sind der Behörde 35 Borreliose-Erkrankungen mitgeteilt worden. 2014 waren es acht. Bereits im Jahr darauf verdoppelte sich nahezu die Anzahl der Infizierten auf 15. 2016 wurden 30 Fälle bekannt, 2017 dann 21 Erkrankungen gemeldet. Vergangenes Jahr waren es 22 Borreliose-Fälle. FSME gab es 2015 zwei bekannte Fälle, im Jahr darauf lediglich einen. Die Zahlen bleiben annähernd konstant: 2017 waren es drei FSME-Fälle, 2018 zwei.

Die Borreliose kann unterschiedlich schwer verlaufen und betrifft vor allem Haut, Nervensystem und Gelenke. Verursacht wird sie durch Bakterien der Art Borrelia burgdorferi, die in ganz Deutschland durch Zecken übertragen werden können. Nicht jeder Stich einer von diesen Bakterien befallenen Zecke führt zu einer Ansteckung. In der Bundesrepublik infizieren sich etwa ein bis sechs von 100 Gestochenen mit Borrelien. Das Infektionsrisiko ist geringer, je früher die Zecke entfernt wird. Viele Infektionen verlaufen ohne sichtbare Krankheitszeichen. Ein typisches allerdings ist die "Wanderröte". Sie entwickelt sich einige Tage bis Wochen nach einem Biss um die Einstichstelle herum.

Die Frühsommer-Meningoenzephalitis ist eine Entzündung des Gehirns und der Hirnhäute, die durch Viren hervorgerufen wird. Sie vermehren sich vorwiegend in kleinen Säugetieren wie Mäusen. Über diese infizieren sich die Zecken und können die Krankheit wiederum an Menschen weitergeben. Auch bei FSME bleiben die meisten Infizierten beschwerdefrei. Bei wem die Krankheit ausbricht, zeigen sich zunächst grippeähnliche Beschwerden. Nach etwa einer Woche kann es zu einer Hirnhautentzündung und anderen Folgeschäden wie Schluck- oder Sprechstörungen kommen.

Besonders gefährdet sind Kinder oder Personen, die sich im Gras oder bei niedrigen Büschen aufhalten oder engen Kontakt zu Tieren haben. Wer viel draußen ist, kann sich aber auch schützen. Das Tölzer Gesundheitsamt verweist auf die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts. So bietet das Tragen von geschlossener Kleidung wie feste Schuhe oder lange Hosen einen gewissen Schutz. Auch die Anwendung sogenannter Repellentien auf der Haut, also Abwehrstoffe, zu denen etwa ätherische Öle zählen, kann helfen. Akarizide wirken gezielt gegen Zecken und Milben. Die Abwehrstoffe können nach Angaben des Robert-Koch-Instituts auch auf die Kleidung aufgebracht werden. Dieser Schutz sei allerdings zeitlich begrenzt, heißt es.

Ansonsten sollte man seinen Körper nach einem Aufenthalt im Freien nach Zecken absuchen und die getragene Kleidung bei mindestens 60 Grad waschen oder anderweitig erhitzen (Wäschetrockner). Denn Hitze vertragen Zecken nicht. Helle Kleidung macht es einfacher, herumkrabbelnde Zecken zu finden. Bevorzugt lassen sich Zecken beim Menschen am Haaransatz, in Ohren, Hals, Achseln, Ellenbeuge, Bauchnabel, Genitalbereich und Kniekehlen nieder.

Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann sich gegen FSME impfen lassen. Diesen Schritt empfiehlt die Ständige Impfkomission (STIKO) für Kinder und Erwachsene, die in FSME-Risikogebieten vermehrt mit Zecken in Kontakt kommen können - also für Personen, die beruflich gefährdet sind wie Forstarbeiter oder in der Landwirtschaft tätige Personen. Auch Laborpersonal sollte sich impfen lassen. Diese Empfehlung sprechen die Experten ebenfalls für Reisen in FSME-Risikogebiete außerhalb Deutschlands aus. Die Impfung muss regelmäßig aufgefrischt werden.

850 Arten der Blut saugenden Spinnentiere gibt es. In Deutschland ist der Gemeine Holzbock sehr verbreitet. Doch der Klimawandel ermöglicht es, tropischen Arten hier zu überleben. 2018 wurde die Hyalomma-Zecke erstmals in Süddeutschland nachgewiesen. Hyalomma marginatum ist rund fünf Mal größer als der Gemeine Holzbock und kann den Erreger des gefährlichen Krim-Kongo-Fiebers übertragen.

© SZ vom 24.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: