Kloster Reutberg:Ein Konvent lebt wieder auf

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Das Kloster Reutberg bei Sachsenkam beherbergt derzeit fünf Schwestern der Franziskaner-Terzianerinnen. (Foto: Manfred Neubauer)

Nachdem das Kloster der Franziskaner-Terzianerinnen vor sechs Jahren vor der Auflösung gestanden war, beten und arbeiten dort mittlerweile fünf Schwestern. Das Verhältnis zur Erzdiözese München und Freising habe sich "weitgehend normalisiert", sagt die Apostolische Kommissarin Benedikta Tschugg.

Von Klaus Schieder, Sachsenkam

Um das Kloster Reutberg ist es ruhig geworden. Das war vor sechs Jahren noch ganz anders. Weil der Konvent nur mehr aus Schwester Faustina und der hochbetagten, mittlerweile gestorbenen Schwester Augustina bestand, sollte er nach den Plänen der Erzdiözese München und Freising aufgelöst werden. Stattdessen sollte es ein Seelsorgezentrum auf dem Reutberg geben. Ein Vorhaben, gegen das die Sachsenkamer Gruppe rund 12 000 Unterschriften sammelte, die engagierten Laien reisten seinerzeit sogar nach Rom. Der Fall sorgte für Schlagzeilen. Die Folge: Der Konvent blieb auf Weisung des Vatikans erhalten. Und er ist wieder gewachsen. Inzwischen leben fünf Schwestern auf dem Reutberg. "Das hat etwas von einer Neugründung", bilanziert Schwester Benedicta Tschugg, die 2018 vom Vatikan zur Apostolischen Kommissarin ernannt wurde.

Mit 50, 52 und 56 Jahren sind die neuen Nonnen auf dem Reutberg nicht gerade jung. "Das ist nicht ganz ungewöhnlich, aber auch nicht so ganz schlecht", sagt Schwester Benedicta. Der Grund: Wer sich in fortgeschrittenem Alter für ein Leben hinter Klostermauern entscheidet, bleibt in der Regel dabei und steigt nicht mehr aus. Vor der zeitlichen Profess - einem Gelübde noch ohne endgültige Bindung an den Orden - steht eine 56 Jahre alte Witwe, die nach dem Tod ihres Mannes über ihren Sohn zum Glauben und zu den Franziskaner-Terzianerinnen fand. Eine andere kam mit 18 Jahren nach Deutschland, wurde zunehmend religiös und entschied sich nun für den Konvent. Die dritte hat eine bewegte Jugend hinter sich. Damit leben zwei von 14 Novizinnen, die voriges Jahr deutschlandweit in einen kontemplativen Orden eintraten, auf dem Reutberg.

"Wir sind im Grunde ein Ausbildungskonvent."

Das bringt den Konvent in eine ungewöhnliche Situation. Normalerweise gibt es in einem Kloster einen mehr oder weniger großen Stamm von Mönchen oder Nonnen, Neuzugänge sind eher selten. Auf dem Reutberg ist es nun umgekehrt. "Wir sind im Grunde ein Ausbildungskonvent", sagt Schwester Benedicta. Dabei hätte sie sogar noch mehr Interessentinnen bekommen können. "Wir haben mehr Anfragen abgesagt, als wir genommen haben." Nicht alle seien jedoch geeignet für das Leben in einem Kloster. Das sei auch "eine Frage der Gemeinschaftsfähigkeit", sagt die Apostolische Kommissarin. Und ebenso der Fähigkeit, seine Selbstbestimmung aufgeben zu können. "Gehorsam ist das Höchste", sagt Schwester Faustina.

Schwester Faustina (li.) und Schwester Benedicta, Apostolische Kommissarin des Klosters, bilden gewissermaßen den Stamm des Konvents. (Foto: Manfred Neubauer)

Außerdem menschelt es in einem Kloster nun mal wie andernorts auch. Was die eine gerne isst, mag die andere nicht, die eine liebt Kirchenlieder, die die andere nicht so gerne singt. "Die eine geht langsam, die andere nimmt Rollerskates", sagt Schwester Benedicta und erklärt: "Wir haben uns nicht gesucht." Schwester Faustina wirft ein: "Aber gefunden." Das Klosterleben gleicht nicht einem Achtstundentag mit Feierabend, Wochenenden und Urlaub. Und auch nicht einem Familienleben mit dem gewählten Partner. "Man kann sich zwar vorstellen, wie es ist, aber man muss es erlebt haben", sagt Schwester Benedicta. Ständige Unzufriedenheit könne zu psychosomatischen Beschwerden führen, auch ein Grund dafür, warum es in einem Konvent so lange Ausbildungszeiten gebe. "Man muss mit jeder Mitschwester anders umgehen", sagt Schwester Faustina.

Eine Garantie, dass der Konvent auf dem Reutberg bestehen bleibt, sind die Neuzugänge mitnichten. "Sie können über Nacht wieder weg sein", sagt Schwester Faustina. Klosterschließungen seien zum Alltag geworden, "es ist erschreckend, wie sich das entwickelt", meint Schwester Benedicta. Deshalb werben sie auch weiterhin um Nachwuchs, zum Beispiel mit Einkehrtagen, die nächstes Wochenende stattfinden. Dafür haben sie schon acht Anmeldungen erhalten.

Die umfangreiche Renovierung der Klosterkirche Mariä Verkündigung ist eine der großen Aufgaben für Schwester Benedicta. (Foto: Manfred Neubauer)

Ein beschauliches Leben führt die Apostolische Kommissarin nicht gerade. Sie muss die Entscheidungen zur umfangreichen Renovierung der Klosterkirche treffen, den Konvent leiten und gerade auch noch die Wohnung für den neuen Seelsorger herrichten, der im September auf den Reutberg kommen wird. Und dann ist da auch noch die Landwirtschaft mit 60 Ochsen inklusive Kälber, wobei ein Stall vergrößert und erneuert wurde. Betrieben wird dies vom Konvent, der dafür einen Angestellten hat. "Das hat sich gut eingespielt, die Direktvermarktung läuft gut", erzählt Schwester Benedicta.

"Eine Zeit lang war ich der eiserne Besen vom Reutberg."

Früher hatte es auf dem 43 Hektar großen Grünland gut 40 Rinder in Mutterkuhhaltung samt 15 Schafe und Lämmer gegeben, die ökologische Landwirtschaft wurde viele Jahre lang von einer Frau geführt, die aus dem Orden ausgetreten war und geheiratet hatte. Aber weil der Betrieb laut Schwester Benedicta defizitär war, stellte sie ihn zusammen mit dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten um und kündigte der Landwirtschaftsmeisterin. Die zog daraufhin vor das Arbeitsgericht, unterstützt vor der Sachsenkamer Gruppe. Das gab damals im Dorf viel böses Blut, manche Narben sind geblieben. "Eine Zeit lang war ich der eiserne Besen vom Reutberg", sagt die Apostolische Kommissarin. Aber fünf Jahre später habe sich die Situation beruhigt. "Es ist gut."

Ähnliches gilt auch für das Verhältnis zur Erzdiözese München und Freising. "Das hat sich weitgehend normalisiert", berichtet Schwester Benedicta. "Es ist konstruktiv." Die Erzdiözese unterstützt etwa die Renovierung der Klosterkirche mit einem Millionenbetrag. 2018 hatte die Apostolische Kommissarin den Auftrag vom Vatikan mitbekommen, die Situation rund um den Reutberg zu beruhigen. "Und Gemeinschaft zu stiften." Das ist ihr mit den Neueintritten bislang gelungen. Was die Zukunft anbelangt, sagt Schwester Benedicta, sei sie optimistisch. Aber: "Nicht siegessicher."

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