Corona in Bad Tölz-Wolfratshausen:Viele Impfwillige, kaum Termine

Lesezeit: 3 min

Mehr als 20 500 Landkreisbürger warten derzeit noch auf ihren Termin für die erste Corona-Impfung. (Foto: Hartmut Pöstges)

Tausende Landkreisbürger warten noch immer auf ihre erste Immunisierung gegen Corona, obwohl sie ein erhöhtes Ansteckungsrisiko haben. Die Priorisierungen sollen zwar bleiben, doch es kommt nur für Zweitimpfungen genug Vakzin an.

Von Claudia Koestler, Bad Tölz-Wolfratshausen

Wer sich im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen gegen das Coronavirus impfen lassen möchte, will, muss jede Menge Geduld aufbringen. Zwar ist Bayern aus der bundesweiten Regelung ausgeschert, wonach die Priorisierung nach dem 7. Juni aufgehoben werden soll - im Freistaat wird es diese auch nach den Pfingstferien geben. Allerdings bedeutet dies nicht, dass Menschen, die ein erhöhtes Ansteckungsrisiko durch Krankheiten oder ihren Beruf haben, dadurch in absehbarer Zeit immunisiert werden. Denn nach wie vor mangelt es schlichtweg an Impfstoff. Erstimpfungen sind derzeit komplett ausgesetzt, lediglich für Zweitimpfungen kommt noch genug Vakzin im Landkreis an.

Gut 128 000 Einwohner zählt der Landkreis, circa 46 000 von ihnen haben sich nach Angaben der Kreisbehörde bislang für eine Impfung registriert. Etwa 8800 von ihnen wurden in die Priorisierungsgruppe 3 eingeordnet, die gerade im Landkreis an der Reihe ist - respektive wäre. Denn aktuell warten circa 7400 von ihnen noch immer auf einen Termin. Auch Monate nach der Registrierung haben sie noch keinen Anruf oder SMS mit einem Terminvorschlag erhalten, das Telefonat mit der Impfzentrale im Landratsamt verläuft ernüchternd: "Ja, stimmt, Sie sind noch nicht für einen Termin vorgesehen - und das kann leider noch länger dauern, bis es soweit ist."

Mit den Lieferungen der Vakzine sehe es derzeit "nicht sehr gut" aus, gibt Sabine Schmid, Pressesprecherin der Kreisbehörde, zu. Derzeit erhalte der Landkreis lediglich noch ausreichend Impfstoff für die Zweitimpfungen. Auch wenn sich in Bayern durch die Beibehaltung der Priorisierungen die Konkurrenz für Impfwillige nicht schlagartig vergrößert, bleiben zwei Faktoren: Die Gruppe 3 ist sehr groß, Vakzine gibt es kaum. Insgesamt warten sogar noch mehr als 20 500 Landkreisbürger auf ihre Immunisierung.

Das birgt Konfliktstoff und weckt die Sorge, ob es für Betroffene noch in diesem diesen Sommer etwas werden kann mit den Erleichterungen für Geimpfte. Stattdessen müssen sie sich länger einem täglichen Risiko im Alltag oder Beruf aussetzen. Eine Strategie hat der Landkreis nicht. "Es liegen uns dazu noch keine Vorgaben seitens des Ministeriums vor", verweist Schmid auf die Zuständigkeiten. Kurzum, es sei "nicht absehbar", bis wann allen Impfwilligen im Landkreis ein Angebot gemacht werden könne.

Die gute Nachricht immerhin: Die niedergelassenen Hausärzte werden die Impfungen auch künftig nicht alleine stemmen müssen. Denn die beiden Impfzentren in Bad Tölz und Wolfratshausen sollen nach Angaben der Kreisbehörde bis mindestens 30. September weiter bestehen. Wie viele Hausärzte im Landkreis überhaupt gegen Corona mitimpfen, kann Schmid nicht beziffern: Es kämen immer mal niedergelassene Ärzte hinzu, andere steigen wieder aus. "Das ist ein dynamisches Geschehen", so die Behördensprecherin. Ob diese Mediziner die nötige Infrastruktur, etwa geeignete Kühl- und Lagermöglichkeiten, vorhielten und ob das überprüft werde? Schmid verneint dies. Das sei dem Landratsamt nicht bekannt, "und dafür sind wir auch nicht zuständig".

Derweil sind die Infektionszahlen im Landkreis weiter rückläufig, und mit Ausnahme der britischen Mutante wurden zwischen Icking und der Jachenau auch noch keine weiteren Virusvarianten festgestellt. Was jedoch hervorsticht, sind die bislang 78 Todesfälle im Zusammenhang mit Corona. Dass dies hoch erscheint, sieht man im Landratsamt nicht so. Im Gegenteil: Der Landkreis weise mit einem "Fall-Verstorbenen-Anteil" von 1,57, von denen 0,7 an und 0,87 mit Corona gestorben sei, einen "sogar weit unterdurchschnittlichen Wert auf", betont Schmid. Zum Vergleich: Die Zahlen für Bayern liegen ihr zufolge gegenwärtig bei 2,33, deutschlandweit bei 2,4, in Europa bei 2,2 und weltweit bei 2,1. Bei den Pressemeldungen zu Todesfällen hieß es zuletzt wiederholt, es habe kein vollständiger Impfschutz vorgelegen. Im Umkehrschluss also hatten die Betroffenen zumindest eine erste Impfung. Warum diese nicht vor dem Tod geschützt habe und ob dies in Zusammenhang mit Vorerkrankungen zu sehen sei, dazu gibt Schmid nicht detailliert Auskunft. Man sei aber angehalten, "genau zu recherchieren", sagt sie. Denn nur so werde man zu einem späteren Zeitpunkt sagen können, "wie wirksam die Impfung ist, sei es die erste oder eine vollständig abgeschlossene mit zwei Dosen." In diesem Zusammenhang seien auch bestehende Vorerkrankungen von Interesse. "Die derzeitigen Studien über die Wirksamkeit zeigen sehr erfreuliche Ergebnisse", schließt Schmid.

Wenn sich dies weiter bestätige, werde das natürlich Auswirkungen auf den Weg zurück in ein normales Leben haben. Allein: Wann die Impfwilligen im Landkreis dann solche Erleichterungen bekommen können, steht völlig in den Sternen.

© SZ vom 31.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: