Umweltbildung im Landkreis:Erziehungsauftrag Nachhaltigkeit

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Die Ökologische Akademie im Dietramszeller Ortsteil Linden schließt Ende August. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Ökologische Akademie Linden bietet seit 1989 Weiterbildungen und Workshops für Schüler und Erwachsene an. Nun zieht die Einrichtung um, bleibt aber ihrem Ziel verschrieben.

Von Sophia Coper, Lenggries

Die Jause ist verdrückt, auf Toilette war auch jeder und nun späht die Schulklasse auf die ausgebreitete Plane. Grün und Gelb leuchtet es vom Boden. "Wie heißt dieses Gemüse? Ma...?", fragt die Gruppenleiterin und deutet auf den Blätterbüschel in ihrer Hand. "Mango?", schallt es fröhlich aus der Runde. Ein paar Versuche später ist die richtige Antwort gefunden: Mangold! Und die Kinder streunen mit Fenchelknollen und Zucchini in der Hand über das Feld.

Zu Besuch ist die Grundschulklasse im Biotop Oberland, einer gemeinschaftsgetragenen und biozertifizierten Gärtnerei in Lenggries. Angeleitet wird die Entdeckungstour jedoch nicht vom Biotop alleine, sondern in Kooperation mit der Ökologischen Akademie Linden. Die wurde 1989 gegründet und ist eine von drei staatlich anerkannten Umweltstationen im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Ihr Ziel ist es, anhand von Bildungsarbeit eine nachhaltige Lebensweise zu fördern.

Angelika Sanow ist seit 2018 stellvertretende Leiterin der Ökologischen Akademie. (Foto: Manfred Neubauer)

Angelika Sanow ist seit 2018 pädagogische Mitarbeiterin sowie stellvertretende Leiterin der Akademie. "Nachhaltigkeit hat mich schon immer umgetrieben", sagt sie auf dem matschigen Feldweg, während die Kinder im Gewächshaus zugange sind. Es sei "auf jeden Fall ein Herzensthema." Nach dem ersten Staatsexamen für das Grundschullehramt und einem Master für Abenteuer- und Erlebnispädagogik absolvierte sie die berufsbegleitende Weiterbildung "Umweltbildung/Bildung für nachhaltige Entwicklung" an der Ökologischen Akademie, für die sie seitdem vorrangig Schulklassenprojekte betreut.

Das Angebot der Akademie fächert sich in mehrere Teilbereiche auf. Neben der — von Sanow selbst durchlaufenen — Weiterbildung, findet sich im Repertoire die Unterstützung von Gemeinden bei Bürgerbeteiligungen sowie die Moderation von "Zukunftswerkstätten", bei der Großgruppen gemeinsam Ideen sammeln und Konzepte für kommende Zeiten erarbeiten. Der Schwerpunkt liegt indes momentan auf Projekttagen und Workshops für Jugendgruppen.

Die sechs Mitarbeitenden ziehen in Büros nach Lenggries um

"Nachhaltige Entwicklung besteht aus vielen unterschiedlichen Facetten", sagt Sanow: Soziale Inklusion werde genauso thematisiert wie ökologische Landwirtschaft. Auch hier auf dem Acker gehe es nicht nur um Gemüse. "Ernährung, Klima und persönliche Lebensstile sind so miteinander verbunden, dass sie nicht getrennt voneinander betrachtet werden können." Je älter die Kinder seien, desto mehr würden auch andere Aspekte zur Sprache kommen: Woher kommt eigentlich Schokolade und was sind faire Handelsbedingungen?

Die Ökologische Akademie muss nun die Räumlichkeiten im Dietramszeller Ortsteil Linden verlassen, in denen sie seit mehr als 20 Jahren residiert. Die Miete im Tagungshaus laufe zum 31. August aus, sagt Sanow. Aber sie und ihre Mitarbeitende seien dort ohnehin seit 2001 nurmehr Untermieter. In Lenggries habe man bereits Büroräume angemietet, die die sechs Mitarbeitende im September beziehen. Keine Tagungsräume zu haben, wie die beiden weiteren Umweltstationen im Landkreis — das Zentrum für Umwelt und Kultur in Benediktbeuern und die Umweltstation Königsdorf — sei aber nicht unbedingt ein Nachteil, sagt Sanow. Denn die Workshops könne man so flexibler gestalten. Anstelle eines festen Standortes, zu dem die Teilnehmenden anreisen müssen, miete man je nach Anfrage lokale Räumlichkeiten oder komme direkt in die Schulen oder Unternehmen.

Projektwoche im Lehrplan

"Die Nachfrage ist in den letzten Jahren insgesamt stark gestiegen", berichtet Sanow. Einen zusätzlichen Anschub habe die Verankerung der Projektwoche "Schule des Lebens" im bayerischen Lehrplan 2021 ausgelöst. Bei mehrtägigen Gruppenarbeiten sollen die Schüler und Schülerinnen unter anderem an Themenkomplexe wie Ernährung oder Umweltverhalten herangeführt werden — ein Besuch im Biotop unter Anleitung der Akademie liege da nahe.

"Hier merken die Kinder, dass es die Dinge aus dem Unterricht auch wirklich gibt." sagt die Lehrerin der Grundschulklasse. Anstelle eines Aufenthalts im Schullandheim habe man sich dieses Jahr für eine Erkundungstour in der nahen Umgebung entschieden. "Wir entdecken Lenggries zu Fuß", erklärt sie, "auch um zu zeigen, welche Möglichkeiten die eigene Heimat so zu bieten hat."

Nicht alle Eltern seien begeistert von den Inhalten der Angebote, berichtet Angelika Sanow und betont im gleichen Atemzug, dass der Anspruch der Akademie nicht im Missionieren liege. Vielmehr gehe es darum, Zusammenhänge zu erklären und Alternativen aufzuzeigen.

Bildungsnetzwerk im Oberland

Dennoch habe sie das Gefühl, dass sich langsam etwas verändere. So sei Anfang des Jahres auf Initiative der Ökologischen Akademie das "Bildungsnetzwerk für nachhaltige Entwicklung im Oberland" entstanden. In Zusammenarbeit mit dem Klimaschutzmanagement des Landkreises habe man das Ziel verfolgt, das Angebot in Bad Tölz-Wolfratshausen zu bündeln und sichtbarer zu machen. Eine Online-Plattform und regelmäßige Treffen sollen erste Anlaufstellen für Interessierte und Akteure bieten. "Wir möchten Probleme gemeinsam angehen", fasst Sanow die Gründung zusammen.

Ein Teil der Schulklasse hat mittlerweile die Kartoffeln entdeckt. "Ich will später auch mal auf dem Acker arbeiten", ruft ein kleines Mädchen begeistert. Sanow muss schmunzeln. "Die Kinder bekommen hier nicht nur ein Bewusstsein für die Umwelt, sondern auch dafür, dass Landwirtschaft ein Beruf sein kann." Nachhaltige Entwicklung heiße Mensch und Natur immer zusammen zu denken.

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