Altenpflege in Wolfratshausen:Demenzzentrum braucht neues Grundstück

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Trübe Aussichten: Eine Bewohnerin blickt aus dem AWO-Demenzzentrum am Wolfratshauser Paradiesweg, das nicht mehr den gängigen Anforderungen entspricht. (Foto: Hartmut Pöstges)

Ein Neubau auf dem städtischen Areal am Gewerbepark scheitert am Immissionsschutz, die Stadträte verwerfen den Bebauungsplan. Der Arbeiterwohlfahrt bleibt nun nicht mehr viel Zeit für eine Modernisierung.

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Der Neubau für das Wolfratshauser AWO-Demenzzentrum wird definitiv nicht auf dem lange dafür angedachten städtischen Grundstück neben dem Gewerbepark an der Loisach entstehen. Der Bauausschuss im Stadtrat hat am Mittwoch beschlossen, das Verfahren zur Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans, das im Mai 2021 gestartet wurde, einzustellen. Denn die im Gewerbegebiet zulässigen Lärm-Immissionen sind zu hoch für ein Pflegeheim in unmittelbarer Nachbarschaft. Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) sagte, auch der Vorstand des Bezirksverbands habe inzwischen mitgeteilt, dass die Arbeiterwohlfahrt Oberbayern die Hochbauplanung auf dem Grundstück "nicht weiter fortführen" werde.

Damit droht die Stadt die renommierte Einrichtung zu verlieren. Das AWO-Demenzzentrum am Paradiesweg war das erste ausschließlich auf Demenzpatienten spezialisierte Pflegeheim in Bayern und hat mit seinem speziell auf diese Klientel ausgerichteten Konzept schon zahlreiche Auszeichnungen bekommen. Das 1981 erbaute und 2004 renovierte Haus entspricht jedoch nicht mehr den seit 2011 geltenden Normen des bayerischen Gesetzes zur Regelung der Pflege-, Betreuungs- und Wohnqualität. Die darin geforderten Quoten für Barrierefreiheit und Einzelzimmer lassen sich im Bestand nicht wirtschaftlich verwirklichen, es bleibt nur ein Neubau.

Der von der Heimaufsicht gewährte Bestandsschutz läuft 2026 ab

Zwar konnte die AWO bei der Heimaufsicht im Landratsamt eine "Fristverlängerung zur Umsetzung der baulichen Mindestanforderungen" und damit einen Bestandsschutz erwirken - allerdings nur "aufgrund des für 2026 angekündigten Neubaus", wie es aus der Behörde hieß. Diese Frist läuft nun in weniger als drei Jahren ab. Die Betreiber werden schnell eine Alternative finden müssen. Ob es eine solche schon gibt - die Lärmschutz-Problematik ist schließlich schon seit Mai bekannt - war von der AWO am Donnerstag nicht zu erfahren; ebenso wenig, ob man einen Antrag auf erneute Fristverlängerung bei der Heimaufsicht erwägt. Sowohl die Vorstandsvorsitzende des Bezirksverbands als auch der Heimleiter in Wolfratshausen sind derzeit in Urlaub.

Die Stadträte fassten den Beschluss am Mittwoch mit Bestürzung. "Mir blutet das Herz", sagte Gerlinde Berchtold (SPD). Auch sei sie "sehr verärgert über diese Ressourcenverschwendung". Seit 2019 habe sie sich mit dem Grundstück befasst, als Seniorenreferentin und als Vorsitzende des AWO-Ortsverbands. Nachdem das Landratsamt erklärt habe, die Pläne seien wegen des Immissionsschutzes unmöglich, habe sie sogar einen Brandbrief an den Landtag geschrieben - ohne Erfolg. "Das Thema Pflege werden wir ohne Unterstützung des Landratsamts nicht bewältigen können", sagte Berchtold. Ein aufwändiger Schallschutz ist laut Bürgermeister für die Betreiber keine Option.

"Dramatischer Verlust für unsere Pflegelandschaft"

Im Planungsprozess habe sich herausgestellt, dass durch die unmittelbare Nähe zum Gewerbegebiet "erhebliche immissionsschutzrechtliche Probleme entstehen, (..) die aufgrund der hohen Schutzansprüche des betreuten Wohnens nicht gelöst werden können", heißt es in der Sitzungsvorlage. Dritte Bürgermeisterin Anette Heinloth (Grüne) fand es "unfassbar", dass ein Neubau für das Demenzzentrum "wegen dieser saublöden Formalität mit dem Immissionsschutz" nicht zustande komme. Schließlich wisse jeder, dass die im Gewerbepark an der Loisach angesiedelten Firmen weit unter den zulässigen Lärmwerten blieben. Dies sei jedoch nicht entscheidend, erklärte Heilinglechner und verwies auf die Einschätzung der Verwaltung und des Landratsamts, dass eine Einschränkung des Baurechts für die Gewerbebetriebe rechtliche Verfahren und Entschädigungsforderungen nach sich ziehen könnte.

Einen Wegzug des AWO-Demenzzentrums aus Wolfratshausen will indes niemand. Heinloth sprach von einem "dramatischen Verlust für die Pflegelandschaft und Versorgung unserer Stadt", Renate Tilke (CSU) von einer "Tragödie", sollte es so kommen. "Wie wichtig diese Einrichtung für Wolfratshausen ist, muss man niemandem sagen", erklärte Heilinglechner. Zumal die Krankheit Demenz immer weiter "auf dem Vormarsch" sei. Nun müsse man "alles tun, um ein geeignetes Grundstück zu finden". Laut Beschluss des Bauausschusses soll die Rathaus-Verwaltung der AWO helfen, ein solches aufzutun. Ob sich im dicht besiedelten Wolfratshausen noch ein geeignetes Areal finden lässt, ist allerdings fraglich.

Das nun erst einmal brach liegende Dreieck nördlich des Gewerbeparks, das die Stadt 2019 erworben hat, ist circa 14 000 Quadratmeter groß, fürs Pflegeheim hätten etwa 8000 Quadratmeter davon bebaut werden sollen. Nun muss der Stadtrat einen neuen Zweck für die ehemalige landwirtschaftliche Fläche finden. Wohnbebauung ist dort laut Kaufvertrag nicht zulässig.

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