Jubiläumsfeier in den Ratsstuben:"Licht ins Dunkel gebracht"

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Obelisken mit Inschriften erinnern an verschiedenen Stationen an die Geschichte der Stadt. Den ersten seiner Art enthüllte Arthur Zimprich (links) zusammen mit dem damaligen Bürgermeister Hans Schmid im Sommer 2004 vor dem Café Waldmann. (Foto: Hartmut Pöstges)

Arbeitskreis Historisches Geretsried feiert 20-Jähriges. Bürgermeister Michael Müller würdigt die Ehrenamtlichen als professionell und vorbildlich.

Von Felicitas Amler, Geretsried

Mit "Märchen und Legenden aus der alten Heimat" hat es vor zwei Jahrzehnten im kleinen Kreis rund um Arthur Zimprich begonnen. Heute kann der Arbeitskreis Historisches Geretsried (AHG) zwei Büchertische mit Publikationen füllen - vor allem zu den beiden Munitionsfabriken der Nazis im Wolfratshauser Forst, aber auch zu den Industriepionieren der Vertriebenenstadt, zu Straßennamen, zu "Kultur aus Ruinen" oder der Stadtplanung. Seit 20 Jahren erforscht eine Handvoll Ehrenamtlicher gewissenhaft, unermüdlich und sehr produktiv die Geschichte der heute mit 26 000 Einwohnern größten, aber als Nachkriegsgründung jüngsten Stadt im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. "Wege der Geschichte" mit Text- und Bildtafeln führen inzwischen durch Geretsried und Gelting. Die von Martin Walter etablierten und seinem Sohn Bernd übernommenen "Bunkerführungen" begleiten Interessenten zu den weitverstreuten historischen Relikten der Munitionsfabriken. Und die rund zwei Dutzend Aktiven haben noch viele neue Projekte in Planung.

Wolfgang Pintgen ist Sprecher des Arbeitskreises. (Foto: Manfred Neubauer)

Am Donnerstagabend hat der Arbeitskreis Historisches Geretsried im voll besetzten kleinen Saal der Ratsstuben sein 20. Jubiläum gefeiert. Sprecher Wolfgang Pintgen, Gründungsmitglied des Kreises, sagte, der AHG habe immer versucht, den Slogan der Stadt, "Geretsried - einfach anders" - mit Leben zu füllen. Wie sehr dies gelungen ist, hob Bürgermeister Michael Müller (CSU) in seinem Grußwort hervor. Er würdigte die Ehrenamtlichen als professionell und vorbildlich. Der AHG habe "Licht ins Dunkel der Geretsrieder Geschichte" gebracht. Müller, der in seinen Ansprachen gern auf Zitate zurückgreift, bediente sich diesmal bei Carl Friedrich von Weizsäcker, um die Leistung des AHG einzuordnen: "Was den Menschen auszeichnet, ist nicht, dass er Geschichte hat, sondern dass er etwas von seiner Geschichte begreift."

Alexander Jochum präsentierte Rück- und Ausblick des AHG. (Foto: Manfred Neubauer)

Mit einer launigen Bemerkung erklärte der Bürgermeister, man sei auch immer schon gespannt - "so wie früher als Kind mit den Micky-Maus-Heften" -, was der Arbeitskreis als nächstes vorlegen werde. Das erfuhr die Festgesellschaft am Ende der Veranstaltung von AHG-Mitglied Alexander Jochum. In den Jahren 2024 und folgende werde der AHG zwei weitere Kapitel der Serie "Zwei Munitionsfabriken im Wolfratshauser Forst" vorlegen, und zwar zu den "todbringenden Erzeugnissen" und zu Demontage, Sprengungen und Reparationsleistungen. Außerdem sei ein Sonderheft zu den Reformen des bayerischen Politikers Maximilian von Montgelas (1759-1838) in Arbeit, das diese am Beispiel zweier Bauern im damaligen Weiler Geretsried erläutert. Und schließlich will sich der Arbeitskreis um seinen eigenen Bestand kümmern. Für eine Renovierung und den Unterhalt der Stationstafeln an den Wegen der Geschichte werden Sponsoren und Paten gesucht.

Drei aktive Arbeitskreis-Mitarbeiter sind bereits verstorben: Franz Rudolf 2016, Martin Walter 2018 und Arthur Zimprich 2021. Die meisten der heute noch Tätigen sind älter als siebzig. Umso mehr sind sie darum bemüht, Nachwuchs zu gewinnen. Jochum, selbst einer der Jüngeren, formulierte den Appell: "Wir laden alle Interessierten, vor allem Jüngere, herzlich ein, auch einzelne Forschungsideen oder Themenfelder mit einzubringen und sich auch mit wenig Zeit bei uns zu engagieren."

Konrad Kern ist Archivar in Waldkraiburg. (Foto: Manfred Neubauer)

Ehrengast des Abends war Konrad Kern, seit 34 Jahren Archivar in Waldkraiburg. Die Geschichte Waldkraiburgs als Ort von NS-Rüstungsbetrieben und anschließender Vertriebenenstadt ist der Geretsrieder sehr ähnlich. Eine ausgebildete Fachperson, die sich seit so langer Zeit hauptberuflich um die Archivalien der Stadt kümmert, hat Geretsried allerdings nicht. Kern erklärte, Waldkraiburg verfüge noch über 1400 Originalbaupläne der Munitionsfabriken der Nazizeit, und wies auf die baulichen Übereinstimmungen hier wie dort hin.

Kern sagte, das Waldkraiburger Archiv werde jährlich von etwa 150 Personen genutzt, darunter "einfache Bürger, Schüler, Doktoranden, Heimatforscher". Der Archivar selbst publiziert auch regelmäßig, so etwa die Schriftenreihe "Unser Waldkraiburg", einen Luftbildband und das 380 Seiten starke Buch "Waldkraiburg schaut zurück", an dem er drei Jahre lang gearbeitet habe.

Kern erstellt außerdem Ausstellungen, empfängt Schulgruppen und hat sogar einmal einen großen historischen Festzug organisiert, in dem auch die Ankunft der ersten Sudetendeutschen dargestellt wurde.

Waldkraiburg hat ein Stadtmuseum, ein Glasmuseum, ein Industriemuseum ("Bunker 29") , ein Feuerwehrmuseum, wechselnde Ausstellungen im Archiv und eine Städtische Galerie, die sich der "Präsentation aktueller, internationaler Kunst" verpflichtet hat.

www.arbeitskreis-historisches-geretsried.de

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