Arbeiterwohlfahrt:"Otto & Rosi": Neuer Tagestreff für Wohnungslose im Münchner Osten

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Platte machen Obdachlose vor allem im Sommer, aber viele von ihnen nächtigen auch in der kalten Jahreszeit im Freien. (Foto: Florian Peljak)
  • Die Arbeiterwohlfahrt wird in der Rosenheimer Straße 128d einen neuen Tagesaufenthalt für wohnungs- und obdachlose Frauen und Männer eröffnen.
  • Das neue Angebot hält einen eigenen Schutzraum für wohnungslosen Frauen bereit.
  • Im Herbst soll das "Otto & Rosi" eröffnen.

Von Sven Loerzer

Ein ungewöhnliches Szene-Lokal soll im Herbst in München eröffnen: Bei "Otto & Rosi" können die Gäste nicht nur selbst kochen, sondern sich auch duschen und ihre Wäsche waschen. Dabei handelt es sich um einen besonderen Ort, nicht nur, weil es dort ausschließlich alkoholfreie Getränke gibt: Zum Beginn der kalten Jahreszeit wird die Münchner Arbeiterwohlfahrt in der Rosenheimer Straße 128d einen neuen Tagesaufenthalt für wohnungs- und obdachlose Frauen und Männer eröffnen, den "Offenen Tagestreff Ost", kurz Otto.

Rosi steht für die Adresse, aber auch dafür, dass das neue Angebot wohnungslosen Frauen einen eigens nur für sie reservierten Schutzraum bietet. Die Arbeiterwohlfahrt hatte bei der Ausschreibung des Sozialreferats für die Trägerschaft der zweiten Einrichtung dieser Art im Februar den Zuschlag erhalten.

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Vor allem in der kalten Jahreszeit drängten sich wohnungslose Menschen in der Teestube "komm" in der Zenettistraße. Seit 1980 ist die Einrichtung des Evangelischen Hilfswerks, einer Tochtergesellschaft der Inneren Mission, die Anlaufstelle vor allem für Menschen, die auf der Straße leben - also "Platte machen", wie es im Szene-Jargon heißt. Rund 550 der 9000 Wohnungslosen in München dürften das nach Schätzungen sein. Wohnungslose oder Menschen, denen Wohnungslosigkeit droht, finden dort nicht nur Koch-, Wasch- und Duschgelegenheiten, sondern auch Beratung und Hilfe bei all ihren Problemen.

Vielen, die keinen festen Wohnsitz haben, dient die Teestube außerdem als Postadresse. Und nicht zuletzt bieten die Räume täglich zwischen 14 und 20 Uhr einen Platz - trocken und warm - zum Ausruhen. Bis die Teestube öffnet, können Wohnungslose den Vormittag und die Mittagszeit im Haneberghaus von St. Bonifaz verbringen, wo sie ein warmes Gericht erhalten, aber auch duschen und ärztliche Hilfe bekommen. Wenn die Teestube schließt, können Wohnungslose im Winter die Kälteschutzräume in der Bayernkaserne aufsuchen, die tagsüber geschlossen sind.

Mit ihren 70 Sitzplätzen war die Teestube im Winter völlig überfüllt, für die etwa 200 Menschen, die täglich kamen, gibt es nur zwei Duschen. Auch die Möglichkeiten zum Kochen und Waschen sind wegen des Andrangs längst nicht mehr ausreichend. Um angesichts steigender Wohnungslosenzahlen Entlastung zu schaffen, beschloss der Stadtrat, einen weiteren Tagestreff einzurichten und stellte rund 700 000 Euro für die jährlichen Betriebskosten sowie 250 000 Euro einmalig für die Einrichtung bereit.

Den Zuschlag erhielt mit knappem Vorsprung die Arbeiterwohlfahrt. Ihr Geschäftsführer Christoph Frey ist froh, dass er dank der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewofag auch schnell ein in der Größenordnung passendes Objekt finden konnte. Die Lage in der Rosenheimer Straße sei zwar nicht zu 100 Prozent optimal, aber der Treff dennoch vom Ostbahnhof schnell zu erreichen. In dem Wohnhaus waren bislang im Erdgeschoß die Büros des zur Gewofag gehörenden Wohnforums untergebracht, die nach der Zentralisierung der Gewofag-Standorte in Neuperlach frei wurden.

Rund 300 Quadratmeter stehen nun zur Verfügung für den neuen Treff, im Erdgeschoss und im Souterrain. Letzteres wertet Frey als "kleinen Wermutstropfen", weil es nur außenrum über einen Aufzug barrierefrei zugänglich sei. "Kleine Kompromisse muss man eingehen", denn die Suche nach einem "idealen Ort" kann sich Jahre hinziehen.

Hier an der Rosenheimer Straße 128d entsteht der Obdachlosentreff – daher auch der Name „Otto & Rosi“. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Lage im Münchner Osten war beabsichtigt, da die Teestube eher westlich orientiert sei. Die Pläne für den Umbau sind bereits eingereicht, "wir hoffen, dass wir vor Beginn der Kälteperiode einziehen können". Die Personalsuche für die sechs Stellen läuft bereits, einen erfahrenen Leiter habe man gewinnen können. "Wir wollen von Anfang an gute Versorgung bieten", betont Frey. Die Ausstattung soll gute Aufenthaltsqualität ermöglichen, aber der Treff soll auch "nicht zum dauerhaften Wohnzimmer werden".

Ärger mit den Nachbarn vorbeugen

Im Souterrain wird es Büros, den Rückzugsraum und die Sanitärräume für Frauen, zwei Computer mit Internetzugang und Drucker und eine Kochgelegenheit geben, im Erdgeschoss die größeren Sanitärräume für die Männer, deren Anteil unter den Wohnungslosen noch immer deutlich größer ist als der Frauenanteil. Getränkeausgabe, Café mit rund 50 Sitzplätzen und Koch- und Waschgelegenheit sind dort ebenso untergebracht.

Auch ein Raucherzimmer mit spezieller Ablufttechnik wird es geben - um zu verhindern, dass die Wohnungslosen für die Zigarette vor dem Treff stehen und es deswegen zu Ärger mit den Hausbewohnern kommt. Alkoholische Getränke gibt es nicht. Wer in einem solchen Zustand auftaucht, dass er zum Risiko für andere Klienten werden könnte, erhält keinen Zutritt. Ein Sicherheitsdienst, wie er sich schon bei der Teestube bewährt hat, soll gewährleisten, dass es gar nicht erst zu Problemen kommt.

© SZ vom 24.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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