Wer den großen Auftritt plant, braucht erstmal Schuhe. Das ist klar, barfuß geht man ja eher selten außer Haus. Bunt aber dürfen diese Schuhe auf gar keinen Fall sein. Die Menschen im Mathäser Filmpalast scheinen das zu wissen, zumindest jene auf dem roten Teppich: Bei der Premiere des Kinofilms "Wochenendrebellen" sieht man schwarze Ballerinas, braune Boots, graue Sandalen und viele weiße Sneaker. Alles andere wäre für Jason von Juterczenka wohl ein Ausschlusskriterium. Und um ihn und seinen Vater Mirco soll es auch an diesem Premierenabend gehen.
Der 18-jährige Jason ist Autist, sein Leben besteht aus täglichen Routinen und vielen festen Regeln. Eine davon lautet, dass er bunte Schuhe kategorisch ablehnt, zumindest auf dem Fußballplatz. Und um das Lieblingshobby der Deutschen geht es auch in der gelungenen Verfilmung des Buchs, das er und sein Vater geschrieben haben und in dem sie von ihrem nicht immer einfachen Alltag, den Problemen in der Schule und der gemeinsamen Suche nach einem Lieblingsfußballverein für Jason erzählen. Das Buch ist 2019 erschienen, der Münchner Regisseur Marc Rothemund hat es verfilmt. Kinostart ist diese Woche, die Erwartungen sind hoch: "Wir hoffen auf ein Millionenpublikum", sagt Produzent Quirin Berg (schwarze Lederschuhe) am Rande des roten Teppichs.
Während sich die Hauptdarsteller Cecilio Andresen, Florian David Fitz und Aylin Tezel fotografieren lassen, schnürt Mirco von Juterczenka seinem Sohn noch kurz die Bänder seiner weißen Turnschuhe. Die beiden erscheinen im Partnerlook, zumindest untenrum, für die Kino-Premierentour haben sie ihr Wochenend-Ritual unterbrochen: Seit Jahren sind sie in deutschen und europäischen Fußballstadien unterwegs und begutachten diese nach Jasons selbst aufgestellter Regelliste: Die fängt bei der Farbe der Sportschuhe an und hört bei den Vereinsmaskottchen, den Scheinwerfern und dem Nachhaltigkeitsmanagement der Vereine noch lange nicht auf.
Für Jason, der am Premierenabend eine FFP2-Maske und türkisen Nagellack trägt, unterscheiden sich Fußballspiele und Filmpremieren auch gar nicht so sehr: "Die Enge, die Lautstärke und das Geklatsche sind schon sehr ähnlich." Im wahren Leben wie im Film reisen Vater und Sohn mit der klimafreundlichen Bahn, lange Fahrten schrecken sie dabei nicht ab: "Ich würde mir gerne Spiele in Japan ansehen", sagt Jason. Die Frage, ob das mit dem Zug überhaupt möglich sei, bejaht er. "Das habe ich recherchiert, man muss auch nicht durch Russland."
Schauspieler Florian David Fitz fällt der Geruch in Fußballstadien auf
Aber zurück nach Deutschland: "Wir haben in großen Stadien gedreht und waren bei sieben Live-Spielen dabei", sagt Produzentin Justyna Muesch am Münchner Premierenabend. Ein Fußballfilm ist der Film aber nicht, trotz einiger Ballszenen - eher eine Vater-Sohn-Geschichte. Das kommt dem Hauptdarsteller entgegen: "Null", antwortet Florian David Fitz auf die Frage, wie viele Fußballarenen er vorher schon besucht habe. "Ich war mal als Kind mit meinem Vater im Münchner Olympiastadion, da habe ich aber nichts gesehen." Ballsportarten seien halt nicht so sein Ding, gesteht er, bei den Dreharbeiten habe er trotzdem viel gelernt. Beispielsweise über Fangruppen in Fußballtempeln, die sich laut Fitz wie konkurrierende Stämme gebärdeten.
Auch olfaktorisch sei so eine Stadionvisite durchaus interessant: Über Bier-, Wurst- oder Schweißausdünstungen auslassen möchte sich der Schauspieler dann aber doch nicht, auch nicht über die Frage, ob er in Gelsenkirchen andere Aromen erschnuppert habe als in Berlin oder Dortmund. Nur in der Allianz-Arena rieche es sehr eigen: "Nach Sagrotan", behauptet Fitz und spielt damit auf das Klischee an, dass der FC Bayern eben in seiner eigenen Wisch-und-weg-Welt spielt. Und dann wäre da noch die Sache mit dem DFB: Man habe den Film bei den Fußballfunktionären in Frankfurt vorgestellt, erzählt er, ausgerechnet an dem Tag, als Bundestrainer Hansi Flick gefeuert wurde. Ob er auch dort etwas erschnüffelt habe? Fitz nickt und antwortet mit einem breiten Grinsen: "Angstschweiß."
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