Internationaler Frauentag:"Dieses Jahr stehen wir geschlossen gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft"

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In München findet am 8. März eine Kundgebung zum Weltfrauentag statt. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Silvia Schwarz organisiert als Mitglied der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit die Münchner Demo zum Weltfrauentag mit. Wie sie den 8. März sieht und was ihr Hoffnung macht.

Interview von Leon Lindenberger

Am Freitag ist Weltfrauentag. In München ruft das "Aktionsbündnis 8. März" zu einer Demonstration auf. Als Mitglied der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit organisiert Rechtsanwältin Silvia Schwarz die Kundgebung mit. Ein Gespräch über Gewalt im Krieg und darüber, wie eine Bewegung mit unterschiedlichen Anliegen Einigkeit findet.

SZ: In Berlin ist der 8. März ein gesetzlicher Feiertag, in Bayern nicht. Ärgert Sie das?

Silvia Schwarz: Es gibt viele Tage, an denen wir Frauen mitgedacht sind, aber am Weltfrauentag geht es einmal wirklich nur um unsere Belange und Rechte. Das ist einzigartig und ich würde mir wünschen, dass das auch hier mit einem Feiertag gewürdigt wird. Für mich ist es immer einer! Ich nehme mir dafür jedes Jahr frei. Diesmal haben wir Glück, der 8. März ist ein Freitag. Wenn das Wetter mitspielt, sollten wir schon ein paar Tausend Leute auf den Marienplatz bekommen - Frauen und solidarische Männer. Für den Auftakt um 17 Uhr haben wir dazu noch die Trommlerinnen von Samba Sole Luna organisiert. Und für den Abschluss eine Flamenco-Sängerin.

Für Radio Lora moderiert Silvia Schwarz regelmäßig eine Sendung über feministische Themen. (Foto: privat)

Ist München für die Frauenbewegung ein besonderer Ort?

Historisch gesehen ja. Und hier leben einfach sehr viele Frauen. Außerdem ist das Leben in dieser Stadt teuer. Frauen sind noch immer schlechter bezahlt als Männer, das verschärft ihre Situation. Ich denke da vor allem an Alleinerziehende. Das ist für uns ein Dauerthema. Kinderbetreuung, Care-Arbeit ganz allgemein, die leisten noch immer überwiegend Frauen. Ein anderes großes Thema ist sexualisierte Gewalt. Fast jeden dritten Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner getötet. Femizide gibt es auch in München. Und auch wenn ich von Vergewaltigungen auf der Wiesn höre, bin ich jedes Mal aufs Neue ratlos. München hat viel Geld und könnte viel mehr tun, um Frauen vor Gewalt zu schützen.

In der Ankündigung zu Ihrer Kundgebung betonen Sie die Gewalt, die Frauen in den Kriegsgebieten dieser Welt widerfährt. Was bedeuten Kriege für Frauen?

Zeiten des Krieges fördern patriarchale Strukturen und Gewalt, auch gegen Frauen. Ich weiß das, weil Frauen in meiner Familie sexualisierte Gewalt erlebt haben. Meine Großmutter floh im Krieg von Danzig nach Mecklenburg, auf dem Weg wurde sie mehrfach vergewaltigt. Diese Gewalt zerstört Persönlichkeiten. Und das kommt auf der Welt ständig vor - Demütigung von Frauen als Kriegsmittel. In der Ukraine ist das wieder passiert, und am 7. Oktober in Israel. Auch das Leid in Gaza dürfen wir nicht vergessen. Ich vermisse oft die Solidarität mit diesen Frauen. Wir von der Frauenliga fordern deshalb Waffenstillstand und Frieden. Weniger Geld für Kriege und mehr für die Bereiche, die es dringend brauchen: Pflege, Bildung, Klimagerechtigkeit. Für Hoffnung. Damit wäre Frauen geholfen, in aller Welt und in München.

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Und was macht Ihnen Hoffnung, speziell in München?

Ich bin stolz auf unser Bündnis. Wir sind alle ganz unterschiedlich, kommen zum Beispiel von Gewerkschaften und Frauenorganisationen, jede mit ihrer eigenen Haltung. Trotzdem schaffen wir es seit Jahren, die Demo zum Weltfrauentag auf die Beine zu stellen und immer mehr Menschen zu bewegen. Dieses Jahr stehen wir geschlossen gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft. Auch rechte Parteien stärken das Patriarchat - die Interessen von uns Frauen sind da völlig unterrepräsentiert. Im Bündnis sind ganz selbstverständlich auch queere Menschen dabei, auch Transpersonen. Ich selbst lerne jedes Mal noch etwas Neues dazu, wie ich inklusiver sein kann, wie wir besser kommunizieren können. Vieles muss sich noch bewegen, vieles hat sich schon verändert. Das lässt mich ein bisschen hoffen. Diesen Zusammenhalt würde ich der gesamten Gesellschaft wünschen.

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