Kritik:Verschmitzt

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Pfiffige Pophits professionell präsentiert: "Von Wegen Lisbeth". (Foto: Ralf Dombrowski)

Die ungemein sympathischen "Von Wegen Lisbeth" in der Muffathalle

Von Ralf Dombrowski

In der Muffathalle geht das. Sie ist gerade noch nicht so groß, dass sie das Gefühl der Kuschelgruppe verhindern würde. Es liegt aber auch an Matthias Rohde und seinen Freunden auf der Bühne. Denn Von Wegen Lisbeth ist eine herzenswarme Band, die es geschafft hat, die Stimmung des gymnasialen Proberaums in die Professionalität zu überführen, ohne dafür die derzeit beliebte Melancholie selbstanklagenden Jungmännertums bemühen zu müssen.

Stattdessen präsentieren die Berliner aufmerksam verschmitzten Gegenwartspop, musikalisch deutlich in der Indie-Fröhlichkeit der damals Neuen Deutschen Welle verwurzelt, ohne deren häufig alberne Belanglosigkeit zu übernehmen. Von Wegen Lisbeth blicken lieber in den Alltag, auf die "Bitch", die einem nicht mehr aus dem Kopf geht, auf die Freiheiten der Großstadt, die in der Lieblingskneipe enden, und sie haben mit "Wenn du tanzt" das vielleicht schönste Liebeslied in deutscher Sprache der vergangenen Jahre geschrieben. Kein Wunder also, dass die Muffathalle vor Überschwang nur so dampft, zumal die Band nach drei Jahren seuchenbedingter München-Pause sich auf ein zwei Stunden langes Programm mit Material aus einem guten Jahrzehnt der eigenen Geschichte einlässt.

Matthias Rohde wirkt dabei selbst manchmal überrascht, dass alles im Sinne einer Popkarriere doch seinen Lauf zu gehen scheint. Vor drei Jahren in der Tonhalle waren Von Wegen Lisbeth noch klar Newcomer mit einer Handvoll pfiffiger Pophits. Inzwischen wirken sie bereits wie ein fester Bestandteil einer Szene, die junge, aber nicht mehr teenagerhafte Befindlichkeiten mit cleveren Liedern an eine stetig wachsende und älter werdende Fanschar vermittelt. Da ist noch immer ein wenig mentales Kuscheln angesagt, viel Tanzen, überbordend gute Laune und zuweilen streikt ein Synthesizer. Aber es wird eben auch die Lightshow deutlich professioneller, die Dramaturgie des Songablaufs, die gekonnte Präsenz der Musik. Von Wegen Lisbeth sind erwachsener geworden.

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