Klassik-Konzert:Fortissimo für vier

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Das junge Münchner Kollektiv Vodeon stellt ein "Orchester der Klaviere" in den Herkulessaal.

Von Rita Argauer

Allein klanglich ist das schon eine Ansage: Vier Konzertflügel sind laut. 352 Tasten, das wäre übersetzt auf Orchestermusiker schon ein Mammut-Orchester. Doch darum geht es beim Konzert des jungen Münchner Klassik-Kollektivs Vodeon im Herkulessaal. "Das Orchester der Klaviere" haben die Musiker ihr Programm überschrieben. Und präsentieren Stücke der Spätromantik und frühen Moderne, in denen das Klavier eine Orchestrierung ersetzt.

Am konsequentesten ist das beim Schlussstück der Fall: Igor Strawinskys halbstündige Ballettmusik "Les Noces" für vier Klaviere, Schlagwerk, Chor und Orchester. Ballettmusik klingt so harmlos, doch das ist ein Stück voll kalkuliertem Wahnwitz. Eine übergeschnappte Hochzeitsgesellschaft, alle reden gleichzeitig. Über die Frisur der Braut, den Verlust der Kinder am Hochzeitstag, übers Saufen und dann schließlich über die zu erwartende Erotik in der Hochzeitsnacht.

Chor und vier Solisten gehen durcheinander. Natürlich haben die Solisten manchmal Probleme, über die Grundlautstärke zu kommen. Aber das tut dem Ganzen keinen Abbruch. Lärm gehört hier dazu. Die Klaviere entfalten sich swingend zwischen frühem Jazz und Spaß an Rhythmik. Die Gesangstimmen sind extrem reduziert. Oft bleiben sie auf einem Ton stehen, skandieren in Achtelnoten, erinnern fast an Rap und kommen so der Klangmacht der Klaviere nicht in die Quere.

Völlig gegensätzlich dazu ist Lili Boulangers Psalmvertonung "Du fond de l'abîme". 1917 kurz vor dem frühen Tod der Komponistin entstanden, ist der Satz für zwei Klaviere und Schlagwerk überraschend. Klangspiel nur über Stimmungen. Ein dunkles Dröhnen im Bass, wenn massive Pauken und Klaviere zusammengekommen. Ungewohnt, sakral, aber modern. Und insgesamt ein beeindruckender Abend, den junge Musiker hier selbst organisiert auf die Bühne gebracht haben. Bitte mehr davon, auch wenn Béla Bartóks Sonate für zwei Klaviere und Schlagwerk als Mittelstück interpretatorisch noch ein bisschen fahl geblieben ist.

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