Umweltgutachten:Peinlicher Rechtsbruch der CSU

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Bei der Diskussion über die Luftverschmutzung in den Städten geht es um die Gesundheit der Bürger. (Foto: Matthias Balk/dpa)

In der Asylpolitik wirft die Staatsregierung der Kanzlerin eine "Herrschaft des Unrechts" vor. Was sie in Sachen Luftreinhaltung in München macht, ist nichts anderes.

Kommentar von Kassian Stroh

Da sei der Oberbürgermeister mal beim Wort genommen. "Die Gesundheit der Menschen ist ein hohes Gut und hat für mich oberste Priorität", das hat Dieter Reiter am Donnerstag gesagt. Es ging mal wieder um die Luft in München, um die Frage, ob sie mittels Fahrverboten oder anderen Beschränkungen endlich sauberer werden kann. Wenn Reiter das wirklich ernst meint, wäre es ein Kurswechsel.

Denn wann immer es in den vergangenen Jahren um die Luftreinhaltung in München ging, haben Staatsregierung und Stadt ein sagenhaftes Spiel aufgeführt: Jeder verwies auf den anderen, niemand bewegte sich, nichts tat sich. Da mochten Verbände wie die Deutsche Umwelthilfe noch so sehr drängen und vor Gerichten siegen - sie scheiterten am Unwillen der Politik, unpopuläre Maßnahmen zu beschließen, die "Gesundheit der Menschen" hin oder her. Es war ein Spiel auf Zeit. Ein unwürdiges, aus Sicht nicht tätig werden wollender Politiker aber ein erfolgreiches.

Nach Gerichtsurteil
:Grüne verlangen Herausgabe von Gutachten über Luftverschmutzung

Die Staatsregierung hält das Papier über die Luftverschmutzung in München zurück - obwohl ein Gerichtsurteil sie zur Veröffentlichung verpflichtet hat.

Bis zu diesem Donnerstag hätte die Staatsregierung ein Gutachten vorlegen müssen, wie schlimm es an welchen Stellen Münchens um die Belastung mit Stickoxiden bestellt ist. Das hat sie nicht getan und wissen lassen, es werde noch ein paar Wochen dauern. Ach, was sind schon ein paar Wochen angesichts der vieljährigen Nichtstuerei, ließe sich sagen.

Doch der Freistaat ist dazu vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gezwungen worden, der sich die Tatenlosigkeit nicht länger mitanschauen wollte. Dies zu missachten, ist ein Rechtsbruch. Dass er von der Staatsregierung begangen wird, macht ihn noch schlimmer. Dass er von denselben Politikern begangen wird, die der Bundeskanzlerin in der Asylpolitik eine "Herrschaft des Unrechts" vorgeworfen haben, macht ihn noch peinlicher. Nichts anderes nämlich herrscht derzeit in Sachen Luftreinhaltung in München.

© SZ vom 30.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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