Demokratie-Initiative:Gemeinsam gegen Rechts

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Erinnern an das Unheil, das von München ausging: Der Kabarettist Christian Springer will mit seiner Initiative "Schulterschluss" kulturelle und politische Bildungsarbeit leisten. (Foto: Sina-Maria Schweikle)

Für Christian Springers "Schulterschluss" erinnern Prominente in einer Lesung im Volkstheater an den Aufstieg der NSDAP in München vor 100 Jahren.

Von Oliver Hochkeppel

Die Zwanzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts bleiben ein Lehrstück für das Erstarken des Rechtsextremismus - mit München als Schauplatz. Vor 100 Jahren begann hier der Aufstieg von Adolf Hitler und seiner NSDAP, und auch wenn sein Putschversuch vom 9. November 1923 kläglich scheiterte, bescherte ihm das Wohlwollen der reaktionären Kräfte in der "Ordnungszelle Bayern", und die Untätigkeit der Demokraten nach einer kurzen Atempause - die wir heute die "Goldenen Zwanziger" nennen - ein Comeback. Von der "Hauptstadt der Bewegung" München aus war das Unheil nicht mehr aufzuhalten.

Angesichts der aktuell wieder wachsenden rechtsextremistischen, antisemitischen und gewaltbereiten Tendenzen hat der Kabarettist Christian Springer, der seit 2012 auch schon mit seiner Hilfsorganisation "Orienthelfer e.V." gegen die Folgen des Syrienkriegs kämpft, Anfang 2020 die Initiative "Schulterschluss" gegründet. Kreative Erinnerungskultur mit Veranstaltungen im öffentlichen Raum sollen die zivilgesellschaftliche Kompetenz stärken und durch wertevermittelnde kulturelle und politische Bildung die Demokratie stärken, vor allem bei jungen Erwachsenen. Beispiele dafür waren unter anderem das "Gedenken an den Brandanschlag von 1970 auf das Jüdische Gemeindehaus" und eine Erinnerungsaktion mit Münchner Berufsschülern zum 40. Jahrestag des Oktoberfestattentats.

Hitlerputsch in 20 Sekunden, geht das?

Der Abend im Volkstheater, dabei ist auch Schauspieler Gerd Anthoff, soll Start sein für eine Videoreihe, in der die gelesenen Texte in den sozialen Medien junger Erwachsenen platziert werden. (Foto: Schulterschluss)

Jetzt erinnert "Schulterschluss" in Zusammenarbeit mit dem Volkstheater, dem Kulturreferat, der Domberg Akademie, dem Kompetenzzentrum Demokratie und Menschenwürde, der Stiftung Hubert Beck und der KZ-Gedenkstätte Dachau mit einer Lesung unter dem Titel "Brutkasten des Rechtsextremismus. München vor 100 Jahren: Der Aufstieg der NSDAP" an dieses dunkle Kapitel der Stadtgeschichte. Im großen Saal des Volkstheaters tragen Springer sowie die Schauspieler und Kabarettisten Michael Altinger, Gerd Anthoff, Angela Ascher, Heinz-Josef Braun, Winfried Frey, Michael Grimm, Dietmar Holzapfel, Alex Liegl, Nikola Norgauer, Lila Schulz, Christoph Süß, Gitti Walbrun und Udo Wachtveitl Dokumente aus der und über die damalige Zeit vor. Darunter sind Texte von Arnold und Stefan Zweig, von Pater Rupert Mayer, Carl Zuckmayr oder Kurt Tucholsky, von Otto Gritschneder und Golo Mann, aber auch aus der Stadtchronik, den Hitler-Prozessakten, aus dem "Simplizissimus" oder aus "Mein Kampf", die erschreckend klar und leider sehr aktuell belegen, dass die Mittel, Methoden und Mechanismen der NSDAP nicht neu, aber auch nicht veraltet waren. Und dass Vieles noch heute funktioniert, wenn man nicht dagegen hält. Grußworte sprechen deshalb Bürgermeisterin Katrin Habenschaden und Justizminister Georg Eisenreich.

Der Abend im Volkstheater soll zugleich der Start für eine Videoreihe sein, in der die gelesenen Texte in den sozialen Medien junger Erwachsenen platziert werden. Christian Springer sagt dazu: "Hitlerputsch in 20 Sekunden, geht das? Nicht gut. Aber es nicht zu tun, ist keine Alternative." Schon tags zuvor, am Montag, 30. Mai, findet deshalb ein Infoabend in der Jugendkirche Haidhausen bei freiem Eintritt für Schülerinnen und Schüler statt.

Schulterschluss-Lesung, Di., 31. Mai, 19.30 Uhr, Volkstheater , Tumblingerstraße 29, Telefon 21837300

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