SZ-Serie: Urlaub in München:Willkommen im Lichter-Mehr

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Tanja Kesselstatt kann den Mundschutz nur kurz abnehmen, wenn das Kindermuseum geschlossen ist. (Foto: Robert Haas)

Das Kindermuseum ist ein Museum zum Anfassen - was in Zeiten von Corona komplizierter ist als sonst. Zurzeit geht es dort um alles, was blinkt und leuchtet, scheint und strahlt.

Von Jakob Wetzel

Morsen geht wunderbar, auch mit dem nun gebotenen Abstand. Tanja Kesselstatt vom Münchner Kindermuseum steht im Bug der "Karaboudjan" und führt die Signallampe vor. "Karaboudjan", so heißt das erste Schiff von Kapitän Haddock aus den Tim-und-Struppi-Heften. Hier im Museum ist nur der Bug aufgebaut, den Rest müssen sich die Kinder dazu denken. Die Morselampe aber ist da, und sie tut ihren Dienst, geht an und aus. Ihr Lichtschein fällt dreieinhalb Meter weiter auf die Wand eines Leuchtturms.

"Licht an, Licht aus!", wie beim Morsen: So heißt die aktuelle Ausstellung im Kindermuseum, die nach zwei Monaten Pause wegen des Coronavirus nun seit 21. Mai wieder zu sehen ist - zumindest noch diese Woche und anders als zuvor. Denn das Kindermuseum ist anders als die Pinakotheken: Die Besucher sollen nicht nur Dinge betrachten, sondern ihre Hände benutzen. Das Museum ist zum Anfassen gemacht. Doch in Zeiten von Corona ist das ein Problem. Mit den üblichen Regeln, Abstand halten, in die Armbeuge husten, Hände desinfizieren und Mundschutz tragen, ist es hier nicht getan.

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Im Kindermuseum können sich die Besucher an der Kasse nun weiße Baumwoll-Handschuhe ausleihen. Doch zuerst musste das Museum Platz schaffen, damit alle Abstand halten können. Drinnen geht es nun großzügig zu. Gewusel ist keines mehr vorgesehen, es gibt einen fixen Rundgang, Pfeile markieren die Richtung, an Engstellen hängen Ampeln. An jedem Exponat darf sich nur je eine Familie aufhalten, das sei eine Herausforderung fürs Personal, sagt Kesselstatt. Dasselbe gilt für den Kassenbereich, an der Eingangstür regelt eine Ampel den Verkehr. Insgesamt dürfen nur bis zu 25 Besucher zugleich im Museum sein. Zu sehen ist auch nur etwa halb so viel wie vorher. Dafür wurde auch der Eintritt ungefähr halbiert, auf 2,50 Euro. Kostendeckend sei das nicht, sagt Kesselstatt. Aber zumindest ist wieder geöffnet.

Tanja Kesselstatt führt durch die Ausstellung. Die Route führt an einem Tisch vorbei, an dem sich mit Spiegeln ein Lichtstrahl kreuz und quer umlenken lässt. An einem anderen Tisch werfen Obst und Gemüse aus Kunststoff vielfarbige Schatten. Mit einem Dia-Projektor können Kinder selbst gemalte Bilder auf ein Rad werfen; an einem Röhrenfernseher können sie mit der Lupe die Lichtpunkte ansehen, aus denen sich das Bild zusammensetzt. Auf dem Rückweg wartet neben dem Leuchtturm ein kleines Auto mit Blinklichtern, Scheinwerfern und Blaulicht darauf, eingeschaltet zu werden. Im Leuchtturm selbst lässt sich beobachten, wie sich ein roter Lichtstrahl in Wasser verhält. Und mit einer Taschenlampe lässt sich auch das Prinzip eines Glasfaserkabels ausprobieren: Wer in ein Loch leuchtet, bringt ein aus Glasfasern gestaltetes Muster zum Strahlen.

Doch Kesselstatt zeigt nicht nur her, was zu sehen ist. Sie erzählt auch von dem, was abgebaut werden musste, um das Museum wieder öffnen zu können. Vor März, als das Museum schließen musste, konnte man etwa in einem dunkel abgehängten Bereich Pilze betrachten, die ihr eigenes Licht erzeugen. Auf den nötigen Abstand zu achten sei da nicht möglich gewesen, sagt Kesselstatt, die Pilze mussten weg. Ähnlich erging es einem Becken, an dem Kinder mit Harpunen auf eine Zielscheibe im Wasser zielen konnten, um dabei zu lernen, dass Wasser das Licht bricht. Das Becken wurde ebenso abgebaut wie ein Pflanzenregal im Obergeschoss, in dem unter anderem Algen lebten, denen man zusehen konnte, wie sie Sauerstoff bildeten: Wenn man das Licht anschaltete, entstanden Bläschen im Wasser.

Ein Projektor für selbst gemalte Dias. (Foto: Robert Haas)

Früher konnte man auch einen Kindergeburtstagstisch buchen oder Brotzeit im Museum machen, beides geht nicht mehr. Und im Untergeschoss hat das Museum einen ganzen Raum abgesperrt; hier gab zuvor unter anderem eine Schwarzlichtwerkstatt und eine phosphoreszierende Wand, an der Besucher ihren Schatten einfrieren konnten. All das sei mit den Abstandsregeln nicht zu vereinen gewesen, sagt Kesselstatt. Geöffnet ist unten aber ein zweiter Raum; dort können die Kinder Schattenrisse schneiden und vor einen beweglichen Scheinwerfer spannen sowie mit anderen Objekten Schattenspiele spielen. Zwar nicht mehr mit Plüschtieren, wegen der Hygiene. Aber dafür zum Beispiel mit halbdurchsichtigen Hütchen aus Plastik, mit einer Discokugel oder auch mit einer überdimensionierten Badeente mit Mundschutz. Und im Obergeschoss kann man mit Leuchten kleine Solar-Autos zum Fahren bringen.

Das Kindermuseum gibt es seit 1990; seit 1995 belegt es die Räume einer ehemaligen Gastwirtschaft im Starnberger Flügelbahnhof an der Arnulfstraße. Zwei Mal im Jahr gestaltet das Museum große Mitmach-Ausstellungen. 2017 etwa gab es eine über Müll; die Besucher konnten etwa einen Altkleidercontainer begehen und Mikroplastik aus Duschpeeling heraussieben. Zuletzt zeigte das Museum eine Seifenblasen-Ausstellung: Die Besucher konnten unter anderem selbst in eine Seifenblase hineinsteigen. Und im Untergeschoss gab es ein Modell des Olympiastadions ohne Dach, aber mit Pfeilern und Drahtseilen; wenn man es in eine Seifenlauge tunkte und heraushob, hatte es ein Dach aus Seifenlauge. Seifenblasen: In Zeiten von Corona sei das undenkbar, sagt Kesselstatt.

Mit dem Virus plant das Museum bis auf Weiteres. Die nächste Ausstellung im Kindermuseum etwa wird sich ab Ende Juli Tönen, Klängen und Musikinstrumenten widmen; die Besucher sollen dann eine Reihe von Orchesterinstrumenten ausprobieren können. Blasinstrumente aber seien tabu, sagt Kesselstatt. Und derzeit plane man auch, die Tafel mit den Hygiene- und Abstandsregeln an der Kasse ins Englische zu übersetzen, für die Sommerferien. Man müsse eben sehen, ob dann auch Auswärtige wieder nach München kommen.

© SZ vom 09.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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