Studie von 1867:"Bekanntlich verlangt der Hundemagen nicht wenig"

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Das war schon ziemlich genau 150 Jahre vor der Einführung einer Adipositas-Sprechstunde für Hunde in München ein Problem. Allerdings aus etwas anderen Gründen als heute.

Kolumne von Rudolf Neumaier

Zum 150. Mal jährt sich bald das Erscheinen einer Studie, die in der Geschichte des Hundes eine Zäsur gesetzt hat. Ja, man kann es einen Paradigmenwechsel nennen, der sich gewaschen hat. Im Dezember 1867 avancierte der Hund zu einem bayerischen Politikum.

Die heutzutage in einer der renommierten Bogenhausener Hundeschulen historisch gebildeten Dackel jaulen auf beim Gedenken und die promovierten Schäferhunde knurren betrübt. Publiziert wurde die Studie in der Wochenschrift für Thierheilkunde und Viehzucht: Ihr Mitherausgeber, der "Polizeithierarzt" Theodor Adam, untersuchte "Die Hundehaltung in national-ökonomischer Hinsicht".

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Freilich würdigt er eingangs Gelehrigkeit und Treue des Hundes. Aber dann! Sein Nutzen für das Gemeinwohl falle im Hinblick auf den enormen Schaden gering aus, den der Hund durch das Übertragen von Krankheiten allein bei Schaf und Mensch anrichte. Ganz zu schweigen vom Nahrungsmittelverbrauch.

"Fast alle Hunde", schreibt Adam, "erhalten Brot, viele Semmel, Fleisch, Würste, Milch etc., und bekanntlich verlangt der Hundemagen nicht wenig." Nach Adams Rechnung lebten 200 000 Hunde in Bayern, die täglich 100 Tonnen bestes Roggenbrot verzehrten. Kostenpunkt pro Jahr: fast viereinhalb Millionen Gulden. Das weckte den Futterneid des Polizeitierarztes - er forderte eine Hundesteuer.

Prompt berichtete zwei Tage später der Kurier für Niederbayern über die "große Kostspieligkeit" der "Bestien". Und wenige Monate später widmete sich der Landtag dem Hund. Ein Abgeordneter gab zu bedenken, dass "die Gefahr, in der Mitte der bürgerlichen Gesellschaft einem der schrecklisten Übel ausgesetzt zu sein, immer drohender" werde. Aus Baden wusste man, dass sich die Hundezahl durch eine Hundeabgabe schnell um die Hälfte senken ließ.

Aus Württemberg wurde von Hundebesteuerungsklassen berichtet: Günstig veranschlagt waren Hunde von Trüffeljägern und Hirten; in die Steuerklasse "Luxushund" wurden Tiere eingestuft, die nur um der "luxuriösen Liebhaberei" wegen gehalten wurden. Damit nun bei notleidenden Menschen kein Sozialneid gegen die Hunde aufkam, floss ein Gutteil der Luxushundesteuer in die Ortsarmenkassen.

Den Kampf um Existenzberechtigung haben Bayerns Hunde seither mit einer unschlagbaren Waffe geführt: mit ihrem Dackelblick. Einmal Dackelblick - drei Trüffel. Roggenbrot ist was für Ratten. Zum Männchenmachen sind viele Hunde allerdings zu unsportlich. In dieser Woche fand in München erstmals eine Adipositas-Sprechstunde für Hunde statt. Laut einer Veterinär-Professorin kommt "bei Tieren das Gewichtsmanagement viel zu kurz". Einige Verlage sollen schon Fitnessmagazine für Hunde planen.

© SZ vom 25.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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