Streit über Kulturzentrum:Wird die Gasteig-Abstimmung zur Farce?

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Der Architekt äußerte Wünsche, wie der Gasteig nach dem Umbau aussehen soll. (Foto: Catherina Hess)
  • Der Gasteig-Architekt Eike Rollenhagen hat als Miterbauer ein Urheberrecht, welches er womöglich gegen den Entwurf für den Umbau einsetzen könnte.
  • Eine Klage des Architekten hält der Gasteig-Chef für unwahrscheinlich, da Rollenhagen immer eingebunden gewesen sei.
  • Am Freitag soll eine Jury über die verbliebenen Entwürfe entscheiden.

Von Heiner Effern und Susanne Hermanski, München

Am Freitag wird entschieden, welches Architekturbüro mit seinem Entwurf den Zuschlag für Sanierung und Umbau des Gasteigs bekommt. Daran wird auch die 40 Seiten umfassende "Denkschrift" nichts ändern, die der Architekt Eike Rollenhagen in der vergangenen Woche an die Entscheider geschickt hat und die nun zum Zankapfel zwischen den Parteien geworden ist. So sieht es Gasteig-Chef Max Wagner.

Denn die SPD hat am Montag die Sanierung in Frage gestellt, da Rollenhagen, der das Kulturzentrum einst miterbaut hat, mit seinen Urheberrechten das Projekt stoppen könnte. Wagner widerspricht: Selbst wenn Rollenhagen mit geplanten Neuerungen unzufrieden sein sollte - "es kann kein Einspruch eingelegt werden, bevor überhaupt ein Siegerentwurf vorliegt", sagt er. "Erst danach könnte ein Urheber seine Rechte geltend machen." Dies gehe auch aus dem Gutachten hervor, das der Gasteig in Auftrag gegeben hat.

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Relevant würde dies ohnehin nur, wenn sich Rollenhagen für eine Klage gegen den Entwurf entscheidet, den die Wettbewerbsjury am Freitag auswählt. "Dass Herr Rollenhagen klagt, halte ich aber aufgrund des stetigen Austauschs, den wir die vergangenen zweieinhalb Jahre mit ihm gepflegt haben, für nicht wahrscheinlich", sagt Wagner. Dem Architekten war mehrfach angeboten worden, ihn in den Entscheidungsprozess für den Umbau einzubeziehen - samt Platz in der Jury. Laut Wagner lehnte er dies stets in freundlichem Austausch ab und verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, dass den Wettbewerbsteilnehmern "ein großer Wurf" gelänge.

Erst nach einem gemeinsamen Gang durch die Ausstellung der Wettbewerbsmodelle im Sommer habe Rollenhagen seine Vorstellungen etwas klarer gefasst. Dass weiterhin Ziegel innen und außen am Gebäude prägend sichtbar bleiben sollen, gehört dazu, dass die skulpturale Großform des Gasteigs, der Charakter einer "Bastion", erhalten bleibe und dass er keine Erweiterung des Baukörpers auf der Fläche wünscht. Dies steht nun auch in Rollenhagens Denkschrift.

Inwieweit dies berücksichtigt werden muss, müsste im Streitfall ein Gericht klären. Dabei spielt stets auch das "berechtigte Bauherreninteresse" eine Rolle. Rollenhagens konkrete Ideen könnten allerdings dazu führen, dass man sich am Freitag eine lange Abstimmung über die drei verbliebenen Entwürfe sparen kann. Seine Vorgaben schließen zwei davon praktisch aus. Leben könnte Rollenhagen wohl nur mit dem Vorschlag des Architekturbüros Henn, der dann noch modifiziert werden müsste.

Die SPD kritisiert, dass man sich nicht früher über die Urheberrechte geeinigt habe

Erst am Montagvormittag saßen Rollenhagen und Wagner wieder zusammen. Der Gasteig-Chef hatte ihm die drei Wettbewerbsentwürfe gezeigt, die nun nach einer ersten Runde überarbeitet vorliegen. Wenige Stunden später folgte die Pressemitteilung der SPD, wonach die Sanierung "gefährdet" sei, weil die Urheberrechte nicht geklärt seien. "Das habe ich zunächst tatsächlich für ein Missverständnis gehalten", sagt Wagner. Die SPD ist im Aufsichtsrat prominent vertreten und daher über die bisherigen Absprachen mit dem Architekten informiert. Um die juristische Situation vor der Abstimmung am Freitag zu klären, war für diesen Mittwoch bereits eine Sondersitzung des Aufsichtsrats anberaumt. Dort muss auch geklärt werden, ob Rollenhagen, der stets als Vertreter einer Architektengemeinschaft aufgetreten ist, als alleiniger Ansprechpartner genügt.

Unterdessen geht der Streit unter den Parteien weiter. Die SPD wirft dem Gasteig sowie Aufsichtsratschef und Bürgermeister Josef Schmid (CSU) vor, sich vor der knapp 500 Millionen teuren Sanierung nicht schriftlich mit den Inhabern der Urheberrechte geeinigt zu haben. Einen Gerichtsstreit dürfe es keinesfalls geben, sagte Fraktionschef Alexander Reissl aus. Wolfgang Heubisch, FDP-Stadtrat und Mitglied der Jury, fordert nun erneut zu prüfen, ob ein Abriss und Neubau "nicht doch die schnellere, kostengünstigere und zukunftsorientierte Lösung wäre".

Grünen-Fraktionschef und Gasteig-Aufsichtsrat Florian Roth fürchtet, das Treffen des Preisgerichts drohe zu einer "Pseudoveranstaltung" zu werden. Diese Kritik hält Aufsichtsratschef Schmid für bestenfalls naiv. Dass ein Architekt pauschal und ohne den Siegerentwurf zu kennen, seine Rechte schriftlich abgebe, sei unrealistisch. Man müsse im Gespräch bleiben, bis beide Seiten ihre Rechte gewahrt sähen.

© SZ vom 10.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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