Wohnen im Landkreis Starnberg:Firmenchefs als Häuslebauer

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Weil bezahlbare Wohnungen fehlen, werden immer mehr Unternehmer tätig - in Seefeld sollen etwa zwei Mehrfamilienhäuser für Angestellte entstehen. Aber auch die Kommunen müssen reagieren, um überhaupt noch Mitarbeiter zu finden.

Von Christine Setzwein, Starnberg

70 Quadratmeter groß ist die Zwei-Zimmer-Wohnung in Starnberg, Kaltmiete: 1000 Euro. In Wörthsee sind 68 Quadratmeter für 990 Euro zu haben, in Seefeld wird ein Zimmer mit 13 Quadratmetern für 430 Euro angeboten. Dass die Mieten im Landkreis Starnberg hoch sind, ist bekannt. Dass Gemeinden und Gewerbebetriebe händeringend Personal suchen, aber keines finden, weil sich Kindergärtnerinnen, Polizisten, Kellner, Lageristen, Haus- oder Bademeister, Schreiner, Ein- oder Verkäufer diese Mieten nicht leisten können, weiß man auch. Von Auszubildenden gar nicht zu reden. Also versuchen Kommunen und Unternehmer, selber bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Mit mehr oder weniger Erfolg.

In Seefeld plant nun die Unternehmensverwaltung Graf-Toerring zu Jettenbach den Bau von zwei Mehrfamilienhäusern mit Tiefgarage und hat dazu in der jüngsten Gemeinderatssitzung eine formlose Bauanfrage gestellt, die grundsätzlich auf Wohlwollen stieß. Um die zwölf Mietwohnungen sollen entstehen, die an Mitarbeiter vergeben werden. Details gibt es noch nicht, "wir sind ja erst am Anfang der Planung", sagt Geschäftsführer Armin Elbs. Aber die Zeit drängt. Für den Campingplatz Pilsensee etwa sei kaum mehr Personal zu finden mangels Wohnraum. Dabei wurde im vergangenen Jahr zum ersten Mal die Zahl von 80 000 Übernachtungen überschritten. Wenn die Umwandlung von Dauerstellplätzen in mehr Plätze für Urlauber weiter forciert wird, braucht es quasi eine "Rund-um-die-Uhr-Betreuung und entsprechend Personal", sagt Elbs.

Für die zwei Häuser, die der Landkreis in Söcking baut, gibt es bisher nur ein Modell. Illustration: G+O Architekten (Foto: N/A)

Hans C. Graf zu Toerring-Jettenbach ist nicht nur Herr über den Pilsensee und den Campingplatz, sondern auch von Schloss Seefeld mit Läden, Bräustüberl und Kino; ihm gehören etwa 2300 Hektar Wald und auch der Wörthsee. Die Toerringsche Unternehmens- und Forstverwaltung hat etwa 25 Mitarbeiter. Eigentlich wollte der Graf in der Dorfmitte von Widdersberg Mietwohnungen bauen. Das passe nicht ins Dorf, hieß es. Nun entstehen dort vier Einfamilienhäuser. Dass es so wenig bezahlbaren Wohnraum gibt, ist für Armin Elbs eindeutig ein "politisches Versäumnis". Das Defizit werde weiter wachsen, etwa mit der Erweiterung der Klinik Seefeld und dem neuen Gymnasium in Herrsching. "Selbst beim verschlafensten Gemeinderat müsste es doch mal ankommen, dass wir eine Wohnungsnot haben." Aber natürlich seien auch die Unternehmer gefordert.

So einer ist Michael Padberg. Er wollte vor drei Jahren den Gemeinderat Wörthsee von einem Projekt in Etterschlag überzeugen. 30 bezahlbare Wohnungen für Geringverdiener wollte er auf dem Gelände seiner Firma PTC Telekom bauen und sie für unter zehn Euro pro Quadratmeter vermieten. Sieben Millionen Euro hätte Padberg investiert, doch im Gemeinderat wurde das Vorhaben zerredet.

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Der Geschäftsführer der Gesellschaft für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung im Landkreis Starnberg (Gtw), Christoph Winkelkötter, kommt am Donnerstag gerade von einer Firma, die erweitern und auf der frei werdenden Fläche Wohnraum für Mitarbeiter schaffen will. "Das Thema kommt langsam", sagt er. Viele Unternehmer seien der Meinung, dass die Kommunen in der Vergangenheit falsch geplant hätten, weil sie nur Grundstücke für Einfamilienhäuser und Doppelhaushälften ausgewiesen hätten. Aber im Fünfseenland wird auch produziert. Da gibt es Denkfabriken und Werkbänke. Das schafft Arbeitsplätze und "macht uns krisenfest", wie auch Winkelkötter sagt - und braucht Wohnraum. Er weiß, dass es ein Problem ist, geeignete Flächen dafür zu finden. Aber es sei Aufgabe der Region, bezahlbaren Wohnraum anzubieten, sonst drohe das "Marktversagen". Ein Wohnheim für Auszubildende etwa sei dringend nötig.

Wie dem Gewerbe geht es auch den Kommunen. Sie finden kaum Mitarbeiter, schon gar nicht, wenn sie keinen S-Bahn-Anschluss haben. Die Gemeinde Inning baut daher ein Mehrfamilienhaus im Ortsteil Buch. Die neun Appartements sind zwischen 30 und 70 Quadratmeter groß und verfügen entweder über einen Balkon oder eine Terrasse. Der Quadratmeterpreis der Mietwohnungen werde voraussichtlich nur acht Euro kalt betragen, sagt Bürgermeister Walter Bleimaier. Mit dem bezahlbaren Angebot will die Kommune ihre Angestellten halten oder neue Mitarbeiter gewinnen. Die Nachfrage sei besonders bei Erziehern hoch, berichtet der Rathauschef. Das zweigeschossige, barrierefrei konzipierte Gebäude an der Schlossstraße soll im Spätsommer bezugsfertig sein. Es kostet etwa zwei Millionen Euro, wovon knapp die Hälfte der Freistaat übernimmt.

Das Mehrfamilienhaus für Gemeindebedienstete im Inninger Ortsteil Buch steht vor der Fertigstellung. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Ähnlich geht auch das Landratsamt Starnberg vor. Dort arbeiten 566 Menschen, davon 54 Auszubildende. Als Bauherr errichtet der Landkreis nun in Söcking für Mitarbeiter zwei Häuser mit insgesamt 13 Wohnungen mit Tiefgaragen. Dieses Projekt "liegt mir besonders am Herzen", sagte Landrat Karl Roth jüngst, auch wenn dafür 4,7 Millionen Euro ausgegeben werden müssen. "Wir kriegen ja keine Fachkräfte von auswärts mehr", verteidigt er die Investition. 13 Wohnungen sind ein Tropfen auf den heißen Stein, denn eigentlich, so der Landrat, "bräuchten wir 130".

© SZ vom 22.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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