Gendersternchen im Programmheft:"Lernende ohne Vorkenntnisse" statt "Anfänger*innen"

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Keine Gendersternchen - von wegen: Steff Sanktjohanser malt aus Protest den Schriftzug "Dießener*innen" an den Taubenturm in der Ammersee-Gemeinde. (Foto: Arlet Ulfers)

In der Genderdebatte beim VHS-Zweckverband Ammersee hinterfragen die Bürgermeister der sechs Mitgliedsgemeinden die Richtigkeit ihrer Entscheidung, im Programmheft aufs Gendern zu verzichten.

Von Renate Greil, Utting

Im Mai hat ein Beschluss des Zweckverbands Volkshochschule Ammersee-West hohe Wellen geschlagen, wonach das bisher im VHS-Programmheft eingesetzte Gendersternchen nicht mehr verwendet werden darf. Einem entsprechenden Antrag des Dießener Verbandsrats Michael Hofmann (Bayernpartei) hatten die Verbandsräte damals mehrheitlich zugestimmt. Im Programmheft sollen nun Formulierungen verwendet werden, die alle Personen (m/w/d) gleichermaßen ansprechen, das Gendersternchen sollte nicht mehr verwendet werden dürfen. Aus "Anfänger*innen" wurden nun also "Lernende ohne Vorkenntnisse".

Nun hatte zur jüngsten Sitzung des Zweckverbands, der 2020 gegründet wurde und dem sechs Gemeinden angehören, Schondorfs Bürgermeister Alexander Herrmann (Grüne) in seiner Funktion als Verbandsrat eine rechtliche Prüfung des Beschlusses veranlasst. Fraglich war für ihn, ob die Verbandsversammlung in Sachen Gendersternchen zuständig sei. Herrmann war in der Mai-Sitzung von Schondorfs Zweitem Bürgermeister Martin Wagner (CSU) vertreten worden.

Uttings Bürgermeister Florian Hoffmann (LWG), der als Zweckverbandsvorsitzender die Sitzung leitete, führte nun aus, dass die Rechtsaufsicht der Auffassung sei, dass "die Nutzung oder Unterlassung vom Gendersternchen die grundlegende Ausrichtung der Volkshochschule in inhaltlicher Sicht berührt, daher lag die Zuständigkeit bei der Verbandsversammlung". Die Verbandsversammlung sei vor allem für solche weitreichenden und strategischen Entscheidungen zuständig, während laufende Entscheidungen das Aufgabengebiet der Leitung seien.

Initiator Michael Hofmann klagt über "persönliche Beleidigungen"

Verbandsrat Michael Hofmann (Bayernpartei) nutze die Gelegenheit für ein persönliches Statement, in dem er klagte, dass er "persönlichen Beleidigungen" ausgesetzt gewesen sei. Einerseits will er nun einen Schlussstrich unter die Sache ziehen, anderseits hofft er, dass sich nun jeder an die beschlossene Regelung hält. Auch auf Nachfrage führte er Letzteres nicht weiter aus. Da sich der Sachverhalt nicht geändert habe, wie Sitzungsleiter Hoffmann feststellte, wurde auch die Entscheidung vom Mai nicht erneut beraten. Heike Gerl, die Leiterin der Volkshochschule, hatte im Editorial des Programmhefts für den Herbst und Winter 2022/2023 die Verbandsentscheidung aufgegriffen und dort erklärt, dass bisher das Gendersternchen verwendet wurde, um "als Platzhalter" alle Personen der dritten Option mit einzubeziehen. Dies sei "nicht immer elegant, nicht immer lesefreudig, aber durchaus verbreitet". Sie verstehe "die Bildungsinstitution Volkshochschule als einen Ort der demokratischen Meinungsbildung und nicht als einen Ort der lauten Meinungsmache".

In der Sitzung freute sich Leiterin Gerl in ihrem Jahresbericht darüber, dass sie in diesem Jahr das Programm der VHS aktiv gestalten konnte. Ein Renner im Programm waren beispielsweise Führungen in der Region, sagte sie. Es ging beispielsweise mit dem Revierförster in den Wald oder zum Orgelbauer nach Andechs, der sein Handwerk erklärte. Sehr gut angenommen wurden auch die Deutschkurse für Geflüchtete, hauptsächlich aus der Ukraine, die kostenlos an den Standorten Windach, Dießen und Utting angeboten wurden. Da es dafür Fördermittel in Höhe von 28 100 Euro gab, wurden die vom Zweckverband dafür bereitgestellten Gelder in Höhe von 7000 Euro nur zur Hälfte aufgebraucht. Einig war sich die Versammlung, die Deutschkurse für Geflüchtete auch weiterhin kostenlos anzubieten und falls nötig, das Budget zu erhöhen. Gerl erläuterte, dass die Kurse dazu gedacht sind, Deutschkenntnisse zu vermitteln, bis ein Platz in den Integrationskursen zur Verfügung stehe.

Menschen, die die Landsberger "Sozialcard" vorweisen können, müssen künftig nur die Hälfte der Kursgebühren bezahlen - es sei denn, dies ist im Kursangebot anders vermerkt. Zudem wünschte sich Gerl eine bessere Beschilderung und Beleuchtung der Wege zu den Kursräumen, die zum Teil sehr versteckt liegen.

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