Utting:Kunst in der Schalterhalle

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Ein Traum wird Wirklichkeit: Das "Kulturforum" - hier Florian Münzer vom Vorstand - kann den Bahnhof Utting nutzen. Zum Auftakt sind in der Halle Arbeiten von Wenzel Ziersch zu sehen. (Foto: Arlet Ulfers)

Die kleine Gemeinde am Ammersee bekommt einen neuen Ausstellungsraum - den früheren Wartesaal des Bahnhofs. Im alten Lagerhaus sollen Konzerte steigen, Auftakt ist dort am Sonntag.

Von Katja Sebald, Utting

Das kleine Utting bekommt eine Kulturmeile: An zentraler Stelle ist der frühere Wartesaal des Bahnhofs zum neuen Ausstellungsraum geworden, der vom Verein "Kulturforum" bespielt wird. Auch das südlich vom Bahnhofsgebäude gelegene Lagerhaus darf für kulturelle Zwecke genutzt werden. Und nördlich davon hat sich längst der "Raum B1" im ehemaligen Fremdenverkehrsamt als origineller Ausstellungsort etabliert.

Das "Kulturforum Utting e.V." habe sich 2014 mit dem erklärten Ziel gegründet, den Bahnhof für kulturelle Zwecke zu nutzen, berichtet Vorstandsmitglied Florian Münzer. Man sei sehr froh, dass der lang gehegte Traum nun Wirklichkeit wird. Eigentlich wäre es schon vor zwei Jahren so weit gewesen, durch die Pandemie habe es noch einmal eine Verzögerung gegeben. Jetzt aber haben zeitgleich die private Eigentümerin des Bahnhofsgebäudes und die Gemeinde, der das Lagerhaus gehört, ihre Zustimmung erteilt.

Im Wartesaal macht der Künstler Wenzel Ziersch aus Holzhausen den Auftakt. Er zeigt eine Auswahl seiner Bilder, die malerische und grafische Vorgehensweisen verbinden. Zu sehen sind eine Reihe abstrakter farbiger Kompositionen und Arbeiten aus der Werkreihe "Morphologien". Es handelt sich dabei um "Schriftbilder" im wahrsten Sinne des Wortes: Ziersch überträgt engzeilig in einer sehr dekorativen Handschrift religiöse und philosophische Texte auf den Bildträger, der ebenso wie die Farbe und das Schreibwerkzeug je nach Aussage variiert. Die Ausstellung ist nur noch an diesem Wochenende zu sehen, am Samstag und am Sonntag jeweils von 14 bis 18 Uhr.

Florian Münzer erinnert sich wie viele alteingesessene Uttinger noch an den Raum, der auch den Fahrkartenschalter und die Gepäckausgabe beinhaltete. Er sagt: "Hier roch es noch Jahre nach dem Rauchverbot intensiv nach Zigarre und Zigaretten." Für die neue Nutzung ist die Schalterhalle renoviert worden, ihre Vergangenheit ist aber immer noch sichtbar: An der Wand hängt wie eh und je die große Uhr, auf der einst die Wartenden das langsame Vergehen der Zeit verfolgten. Auch ein altes Schreibpult sei noch vorhanden, sagt Münzer, die Bänke habe man jedoch abgebaut und die Fenster der Schalter zugemauert.

"Zunächst soll der Wartesaal vor allem regionalen Künstlern als Ausstellungsraum dienen", erläutert Münzer. Nach Pfingsten wird die Uttinger Malerin Angelika Böhm-Silberhorn ihre Bilder zeigen. Unter den siebzig Mitgliedern des "Kulturforums" seien auch zahlreiche Künstler aus Utting und Umgebung, sie sollen vorrangig bedacht werden. Die Eigentümerin des Bahnhofs stellt den Raum zunächst für die Dauer eines Jahres kostenfrei zur Verfügung, Münzer und seine Mitstreiter hoffen aber natürlich auf eine Fortsetzung.

Am Sonntagnachmittag wird außerdem das Lagerhaus erstmals zum Konzertsaal: Von 17 Uhr an spielt dort Monika Drasch, weithin bekannt als "die mit der grünen Geige", zusammen mit dem Gitarristen Johannes Öllinger. Ihr Duo-Programm heißt "Wenn die Sterne fangen spielen". Der Eintritt ist frei, die Veranstalter gehen davon aus, dass auch Zuhörer vor dem Lagerhaus in den Genuss der Musik kommen - sofern das Wetter mitspielt. Bei Schnee und Kälte wird es allerdings auch im Inneren nicht besonders gemütlich sein: Das in die Jahre gekommene Lagerhaus hat zwar mittlerweile ein regendichtes Dach bekommen, seine geplante Renovierung zum Kultur- und Jugendtreffpunkt "Refugium" steht allerdings noch aus. "Der Sonntag wird der Härtetest für weitere Veranstaltungen in dem ungeheizten Gebäude", sagt Münzer.

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