Tierkadaver:Rätsel um tote Schafe in Andechs

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  • Seit mehreren Jahren werden im Raum Andechs die Kadaver von toten Schafen auf Wanderwegen und Parkplätzen abgelegt.
  • Für die Schafhalter in der Umgebung sind die Vorfälle belastend - immer wieder müssen sie sich rechtfertigen, obwohl sie nichs damit zu tun haben.
  • Die Polizei ermittelt, doch kein einziger Fall konnte bisher aufgeklärt werden.

Von Christian Deussing, Andechs

Immer wieder werden auf Andechser Gemeindegebiet tote Schafe ohne Ohrmarken gefunden - am Waldrand und im Gebüsch. Die Unbekannten legen die Kadaver heimlich vor allem auf dem Wander- und Rastparkplatz an der Kreisstraße zwischen Rothenfeld und Andechs ab. Erst vor kurzem entsorgten die Täter ein totes, aufgeblähtes Altschaf auch auf dem Parkplatz an der Friedhofskapelle, zudem einen verendeten Wiederkäuer an einem Waldweg zwischen Rothenfeld und Machtlfing.

Die mysteriöse Serie begann bereits vor etlichen Jahren, und kein einziger Fall konnte bisher aufgeklärt werden. "Wir tappen im Dunkeln und haben keinerlei Hinweise", berichtet Erich Schilling, Chef der Herrschinger Polizei, die für diese Region zuständig ist. Er findet es auch "seltsam", dass stets im Andechser Raum die Schafe illegal beseitigt werden.

Diese Taten sind besonders für Frances und Toni Weigl aus Andechs eine große Belastung. Denn das Ehepaar hält im Nebenerwerb eine Schafsherde mit inzwischen 200 Tieren und erhält nach jedem neuen Kadaverfund unangenehme Anrufe und Anfragen. Hierbei geraten die Weigls oft unter den Druck, sich rechtfertigen zu müssen. Die Schafhalter können zwar immer nachweisen, dass ihnen kein Tier fehlt - trotzdem geraten sie unter Verdacht, aber völlig ungerechtfertigt, was auch die Polizei bestätigt. Diese unerlaubten Entsorgungen seien "schon rufschädigend", klagt Frances Weigl, die hauptberuflich als Tierpflegerin tätig ist und sich mit den gesetzlichen Pflichten von Schafhaltern und mit Ohrmarken genau auskennt.

Die 32-Jährige glaubt nicht, dass sich die Unbekannten die Entsorgungskosten sparen wollten. Denn die Gebühren sind sehr gering: Bei toten Schafen im Alter von mehr als 18 Monaten übernimmt die Bayerische Tierseuchenkasse die Kosten, bei sechs bis 18 Monaten alten Tieren beträgt die Gebühr lediglich 75 Cent und bei Lämmern nur 15 Cent. Die toten Schafe würden sogar von einer Tierkörperbeseitigungsanstalt aus Oberding im gesamten Landkreis abgeholt, teilt dazu das Landratsamt mit. Auch die Kreisbehörde rätselt, warum jährlich mindestens ein totes Schaf in der Gemeinde Andechs entdeckt wird.

Der Andechser Ordnungsamtsleiter Peter Kirchbichler fühlt sich ebenfalls machtlos. Er hat längst eine Dokumentationsmappe mit Fotos der toten Paarhufer angelegt, darunter verletzte und unverletzte Schafe, mit Ohrloch und ganz ohne Einstiche für die Marken, die die Herkunftsadresse verraten würden. Besonders gruselig war im April 2014 der Fund auf dem Ausflugsparkplatz kurz vor Andechs: Ein Spaziergänger mit Hund hatte seinerzeit dort am Rande des Waldes einen Schafskopf, blutige Felle und Kadaverreste entdeckt und diese Schweinerei gemeldet. Einige Woche zuvor hatten Unbekannte mitten auf den Parkflächen einen Kadaver, Innereien und Schlachtabfälle noch in zwei blauen Säcken abgeladen. Häufig würden die toten Tiere aber gar nicht mehr richtig versteckt, bericht Kirchbichler im Gespräch mit der SZ.

Für ihn sind diese merkwürdigen Fälle unerklärlich. Er gehe aber nicht davon aus, dass jemand aus der Umgebung so handele, zumal sich die Schafhalter in hiesiger Region "untereinander gut kennen" würden. Der Ordnungsamtschef glaubt daher nicht, dass mit Flugblättern oder einer Belohnung der entscheidende Hinweis auf die Täter eingehen wird. Die Ermittler vermuten bislang, dass die Schafe nachts abgelegt werden und womöglich in einem Transporter oder Viehanhänger nach Andechs auf Durchreisen verfrachtet wurden. Doch Reifenspuren oder andere verräterische Spuren gibt es von den unbekannten Tierentsorgern nicht.

Sollten sie allerdings zu leichtsinnig und dann ertappt werden, droht ihnen nach Angaben der Starnberger Kreisbehörde für die Ordnungswidrigkeit eine Geldbuße von bis zu 50 000 Euro. Niemand wünscht sich die Aufklärung der Taten und das Ende des Spuks so inständig wie die Weigls in Andechs, die dann wieder zur Ruhe kommen.

© SZ vom 27.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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