Starnberger See:Das abgebrannte Bootshaus stand auf historischem Grund

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Der mindestens 120 Jahre alte Holzbau in Leoni gehörte zum Ensemble, das sich der königliche Baurat Himbsel gebaut hat. Er war einer der ersten Zugezogenen am See.

Von David Costanzo, Leoni

Mit dem Brand geht eines der großen, alten Bootshäuser am Starnberger See verloren. Der mehrstöckige Bau ganz aus Holz mit Dachgauben prangte seit mindestens 120 Jahren am Ostufer bei Leoni. Und er ist mit einem klingenden Namen verbunden: Das Bootshaus gehörte zum Anwesen des Architekten Johann Ulrich Himbsel. Hier prägte der königliche Baurat 1827 mit seinem ersten Haus die Villenkultur am See - lange bevor er den Anrainern die Dampferschifffahrt und die Eisenbahn nach Starnberg brachte.

Himbsel war nach Staatsrat Franz von Krenner und Hofsänger Giuseppe Leoni der erste Zugezogene in Assenbuch, wie das Fischerdorf damals hieß, schreibt Kreisheimatpfleger Gerhard Schober in seinem Standardwerk "Frühe Villen und Landhäuser am Starnberger See". Himbsels zweistöckiges, klassizistisches Wohnhaus mit Walmdach nennt Schober "biedermeierlich", da es so ganz ohne Veranda oder Türmchen nicht der Repräsentation gedient habe, sondern der Ruhe am See. Das Sommerhaus steht heute unter Denkmalschutz. Weitere Bauherren aus der Münchner Gesellschaft hätten den Ort etwas später zur Landhauskolonie erweitert - die reichen Städter hatten den Starnberger See entdeckt.

Bei aller Bescheidenheit hatte Himbsel natürlich an Bootshaus und Badehäuschen am Ufer gedacht. Und tatsächlich zeigt eine alte Flurkarte von 1863 eine Schiffhütte ähnlicher Dimension gleich neben der Landzunge, die der Baurat im See aufschütten ließ. Das nun abgebrannte Haus stammt aber womöglich nicht aus der Feder des berühmten Architekten, sondern entstand wohl eher Ende des 19. Jahrhunderts. Zumindest schätzt die Münchner Volkshochschule, die das Areal seit 1953 als "Haus Buchenried" mit 55 Betten für Seminare nutzt, auf etwa 120 Jahre. Die Bootshütte sei allerdings seit 1981 an den benachbarten Bootsverleiher Gastl verpachtet gewesen, erklärt Sprecherin Susanne Lößl.

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Nachdem die Karriere des Baurats an Fahrt aufgenommen hatte, konnte er sich eine größere Villa leisten - der Architekt baute sich 1842 etwa hundert Meter weiter südlich ein großzügiges Haus direkt am Ufer, das noch heute als Himbsel-Villa bekannt ist. Sein altes Landhaus nahm eine wechselvolle Geschichte: 1850 bis 1852 lebte der bekannte Münchner Maler Wilhelm von Kaulbach mit seiner Familie darin. Nach Himbsels Tod kaufte der Schriftsteller Friedrich Wilhelm Hackländer das Anwesen mit 14 000 Quadratmetern Grund. Noch heute nennt die Volkshochschule den Bau darum Hackländer-Haus. Nach dessen Tod 1877 wiederum erwarb der Direktor der Pasinger Papierfabrik, Louis Weinmann, das Anwesen und ließ am Hang hinter dem Landhaus eine größere Villa bauen, die der Familie bis 1919 als Wohnsitz diente. Womöglich wurde in dieser Zeit auch das jetzt durch die Flammen vernichtete Bootshaus errichtet.

Anschließend wurde das Landhaus zum Spielball von Industriellen. In der Nazizeit soll es rauschende Feste mit SS-Größen in dem Haus gegeben haben, schreibt der frühere Leiter der Volkshochschul-Niederlassung Michael Schanz in einer Chronik. Gerüchte über Lebensborn-Aktivitäten seien umgegangen. Im Zweiten Weltkrieg kamen im Haus Lehrkräfte der NS-Kindergärtnerinnenschule im benachbarten Hotel Leoni unter. Nach 1945 quartierten die US-Amerikaner Flüchtlingsfamilien ein. 1953 kaufte die Landeshauptstadt das Areal.

© SZ vom 29.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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