Spitzenhotels:"Der spontane Blumenstrauß ist fast schon gängig"

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Ein Unterfranke im Fünfseenland: Stephan Seubert leitet seit ein paar Wochen das "Vier Jahreszeiten" in Starnberg. (Foto: Nila Thiel)

Das "Vier Jahreszeiten" in Starnberg hat einen neuen Chef. Stephan Seubert hat Ende vergangenen Jahres die Leitung des Nobelhotels übernommen. Im Interview spricht er über die gestiegenen Erwartungen der Gäste - und über nicht erfüllbare Wünsche.

Interview von Dario Weber, Starnberg

Seit anderthalb Monaten leitet Stephan Seubert das Nobelhotel "Vier Jahreszeiten" in Starnberg. Der 42-Jährige war zuvor schon in anderen Häusern als General Manager beschäftigt und weiß deshalb: Mitunter haben die Gäste skurrile Wünsche. Oft findet das Servicepersonal eine Lösung - aber zumindest einmal ist auch er gescheitert.

SZ: Herr Seubert, Sie waren vorher schon Leiter von zwei Mercure-Hotels, waren auch schon im Hilton in München und in den Niederlanden tätig - und jetzt sind sie hier. Das sind Hotels unterschiedlicher Preisklassen. Was sind denn da von den Gästen her die größten Unterschiede?

Stephan Seubert: Das ist immer abhängig vom Standort und von der Sterne-Kategorie - je nachdem, in welchem Umfeld man sich da bewegt, sind dann auch die Gäste andere. Es kommt wirklich stark auf die Marke und das Sternelevel an, das macht den Unterschied in der Gästestruktur und bei der Klientel.

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Was sind denn die Herausforderungen, wenn man Menschen aus aller Welt unter einem Dach hat?

Für die Mitarbeiter gilt: Je internationaler die Gäste, desto herausfordernder ist es. Und dann wird es natürlich auch umso spannender im Umgang mit den Gästen. Sei es, weil ich verschiedene Kulturen in einem Haus unter einen Hut bringen oder weil ich beim gastronomischen Angebot schauen muss, dass ich möglichst 196 Länder abdecken kann. Oder auch beim Anspruch an die Zimmerausstattung oder an die Lage der Zimmer. Da kommen mir Gäste mit Glaubenshintergrund in den Kopf, zum Beispiel muslimische Gäste, die gern wüssten, wo sie in ihrem Zimmer Richtung Mekka beten können.

Erwarten denn internationale Gäste tatsächlich, dass es Essen aus ihrem Land gibt?

Ich glaube, dass wir stark westlich geprägte Hotels haben. Das heißt, vor allem kontinentaleuropäisch-amerikanisch geprägt. Auch in Russland oder in Asien ist das Speisenangebot ziemlich international. Die typischen Barsnacks wie Caesar Salad oder Club-Sandwich, das sind einfach so Klassiker, die in 90 Prozent der Hotels zumindest auch auf der Speisekarte zu finden sind. Nichtsdestotrotz ist es auch spannend zu sehen, was es an lokalen Speisen und Getränken gibt. Das möchten wir auch hier bei uns im Hotel umsetzen. Wir versuchen auf lokale Partner zu setzen, mit denen wir dann zusammenarbeiten. Ziel ist es, das Angebot so breit aufzustellen, dass jeder etwas finden kann - ohne allerdings den Lokalbezug zu verlieren.

Seit 2006 gibt es in Starnberg das "Vier Jahreszeiten". (Foto: Franz-Xaver Fuchs/STA)
Das Hotel gehört zu den Top-Häusern am Starnberger See. (Foto: Franz-Xaver Fuchs/STA)

Würden Sie sagen, je gehobener das Hotel, desto anspruchsvoller ist es auch, das Hotel zu leiten?

Ja, auf jeden Fall. Je höher der Standard ist, sagen wir vom Sterne-Segment her, desto diverser ist dann auch das Serviceangebot. In einem Zwei-Sterne-Hotel fällt der Wellnessbereich weg, fällt die Bar weg. Und umso mehr Services wir anbieten, desto größer sind die Teams, desto heterogener ist die Struktur des Teams auch. Je größer das Team, umso spannender und umso herausfordernder ist es dann auch für die Leitung des Hotels.

Unabhängig von der Preisklasse: Ist der bayerische Gast ein anderer als der niedersächsische oder der niederländische?

Ja, natürlich. Das merkt man ja selbst, wenn man irgendwo im Urlaub ist. Ob man in anderen Ländern arbeitet oder mit Gästen aus anderen Ländern zu tun hat, die Charaktere sind schon unterschiedlich. Manchmal sind die Unterschiede marginal, manchmal schon sehr signifikant. Das macht sich daran bemerkbar, dass man andere Erwartungen hat - andere Erwartungen an den Service zum Beispiel. Und in anderen Ländern findet man mitunter halt auch einen anderen Standard in der Hotellerie vor.

Haben Sie da ein bestimmtes Land im Kopf?

US-amerikanische Gäste zum Beispiel, die sind große Zimmer gewohnt, große Betten, Klimatisierung auf 15 Grad - das sind Standards, die wir in der europäischen Hotellerie so manchmal gar nicht anbieten können. Da gibt es dann manchmal schon ein paar Missverständnisse. Auch bei niederländischen Gästen ist die Erwartung an die Gastronomie anders, Stichpunkt Esskultur. Innerdeutsch ist das Bild relativ homogen. Aber grundsätzlich sind die Gäste international schon auch anders in ihren Erwartungen und in ihrem Verhalten.

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Kann man pauschal sagen: Je reicher der Gast, desto schwieriger ist er?

Ich würde sagen, je mehr Geld jemand für den Urlaub zur Verfügung hat oder ausgeben möchte, desto anspruchsvoller ist er. Schwieriger würde ich nicht sagen, aber anspruchsvoller. Aber das kennt man ja auch von sich selbst. Wenn man sagt: Okay, ich mache eine einfache Urlaubsreise, mir langt ein einfaches Hotel, nur zum Übernachten - da brauche ich nicht viel Chichi. Wenn man aber sagt, ich will zwei Wochen auf die Seychellen, rundum sorglos, dann ist das Geld, das man ausgibt, für einen subjektiv viel mehr wert. Da muss aber dann auch für das Geld, das ich da hinlege, alles perfekt sein. Je mehr Geld jemand für eine Reise oder ein Hotel ausgibt, desto anspruchsvoller wird er und desto höher sind dann auch die Erwartungen.

Was war der bescheuertste Wunsch, den sie mal von einem Gast gehört haben?

Das ist schwierig zu sagen. In meiner Ausbildungszeit gab es das oft, dass Gäste aus dem arabischen Raum ganz hohe Erwartung an die Qualität des Essens hatten. Die hätten sich oft über Speisen aus ihren Ländern gefreut, seien es frische Feigen oder Halal-Speisen. Und das sind dann Herausforderungen, die manchmal ad hoc kommen, zu später Stunde oder gefühlt unmöglichen Uhrzeiten - dann ist das schon herausfordernd. Aber ich kann mich an eins erinnern, das ist mir im Gedächtnis geblieben: Ich hatte mal einen Gast, der hatte ein Meeting. Einer der Teilnehmer hatte Geburtstag, das war ein Schotte. Dem wollten sie dann unbedingt Haggis zum Geburtstag schenken. Und dann sind wir also zu allen Feinkosthändlern in München gegangen, um an dem Tag noch Haggis herzukriegen. Das wäre mit einem Vorlauf von ein, zwei Wochen möglich gewesen, aber an dem Tag dann nicht. Aber so etwas kommt dann halt vor. Der Blumenstrauß, der spontan noch gebraucht wird, der ist ja fast schon gängig. Das können wir im Normalfall auch möglich machen. Aber die Haggis-Herausforderung - das sind dann so die Dinge, an die man sich gerne mit einem Schmunzeln erinnert. Das sind schon skurrile Erwartungen an das, was ein Hotel alles kennen sollte und können müsste.

Jetzt mal Richtung Tourismus: Wir sind ja hier in Starnberg im reichsten Landkreis in Deutschland und in einer ziemlich touristischen Region. Es gibt aber kein einziges Fünf-Sterne-Hotel. Woran könnte das liegen?

Ich denke, dass trotz der einmaligen Lage, die wir haben, und trotz der Nähe zum See, wir eben auch im Umkreis von München sind. Und München hat natürlich mit dem kulturellen Angebot und der Infrastruktur noch ein Zusatzangebot, das Gäste gerne in Anspruch nehmen. Gerade, wenn ich sage, ich mache fünf Tage Urlaub irgendwo: An den Starnberger See bin ich schnell auch mit dem Auto gefahren. Wenn ich aber in München bin, habe ich im Umkreis von zehn Minuten 50 Bars und 20 Lokale, die ich ausprobieren kann. Das ist nochmal ein großer Aspekt, den Gäste bei ihrer Urlaubsplanung berücksichtigen: Was kann ich außerhalb des Hotels noch tun? Ich glaube, dass wir durchaus Potenzial hätten für weitere Hotels dieser Kategorie, wenn wir uns nicht im Speckgürtel von München befinden würden - und München so zugkräftig wäre. Da haben wir ja sehr viele Fünf-Sterne-Hotels mit wirklich großer Kapazität, die noch einiges an Gästen abgreifen können.

Vorne See, hinten Berge - das sind natürlich auch für das "Vier Jahreszeiten" gute Argumente. (Foto: Georgine Treybal)

Aber für Gäste, die nicht unbedingt auf die Stadt aus sind, sondern eher entspannen und auf den See und die Berge schauen wollen, wäre da nicht auch Potenzial am Starnberger See?

Sicher! Was auf jeden Fall gehen würde, wäre ein Standort mit Seezugang oder zumindest Seeblick. Aber das sind natürlich auch Grundstücke, die prädestiniert sind für alle, die Geld haben und sich am See ihr Eigenheim hinstellen wollen. Das ist da die Herausforderung. Man braucht wirklich das Nonplusultra an Standorten. Wie Conrad Hilton schon sagte: "Location, location, location." Damit steht und fällt das Hotel. Ich glaube, wenn irgendwer sein Seegrundstück aufgeben würde und sagt: "Ihr könnt da gerne ein Hotel drauf bauen" - dann würden sich alle Investoren darum reißen.

Haben sie denn vielleicht Ambitionen, den fünften Stern zu erlangen?

Naja, wir sind mit unserem Vier-Sterne-Superior schon auf einem wirklich hohen Level. Die Konkurrenz haben wir weit hinter uns gelassen, was Hotels in der Kategorie im näheren Umkreis betrifft. Die fünf Sterne in der Hotellerie sind für mich gar nicht die Ambition, die ich verfolge. Ich bin im Moment eher mit dem Wunsch und dem Willen angetreten, das Hotel auf diesem hohen Level zu halten. Wir stehen alle in der Branche vor der Herausforderung, mit dem vorhandenen Personal unser Tagesgeschäft abdecken zu können. Wir haben ein hohes Niveau im gastronomischen Bereich, das gilt es zu halten und zu verteidigen. Wir sind über Gault-Millau und Michelin ausgezeichnet. Das Jahr um Jahr beibehalten zu können, das ist auch eine große Herausforderung.

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