Starnberg:Verwaltungsgericht muss entscheiden: Ist diese rostige Stahlwand Kunst?

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Das ist ein Kunstwerk, sagt der Starnberger Markus Heckl. Er mag den Anblick der rostigen Metallplatten. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Das behauptet jedenfalls der Besitzer. Er will die Wand behalten und wehrt sich gegen eine Beseitigungsanordnung des Landratsamts.

Von Michael Berzl, Starnberg

Für den Laien, der seinen gesunden Menschenverstand gebraucht, ist die Sache ziemlich eindeutig: Zwei Meter hohe Platten am Gartenzaun entlang ausgerechnet dort, wo sich die Terrasse und ein hübsch gestalteter Innenhof befinden - das muss wohl ein Sichtschutz sein. Mitnichten, sagt aber der Starnberger Hausbesitzer Markus Heckl. In seinen Augen handelt es sich bei dem rostigen Stahl um ein Kunstwerk.

Und das trägt er so auch bei einem Ortstermin mit dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof auf seinem Grundstück in Toplage vor und verzieht dabei keine Miene. Ganz ernsthaft verteidigen auch sein Rechtsanwalt Otto Gaßner und sein Architekt Johannes Hiller die Metallkonstruktion als künstlerisches Werk.

Ganz profan fordern dagegen das Landratsamt und die Oberlandesanwältin Elisabeth Steiner: Die Platten müssen weg. Darum wird nun prozessiert; schon zum zweiten Mal. Schließlich hat die Stadt eine Satzung, in der es heißt, dass Einfriedungen nicht als Bretterwand oder Mauer ausgeführt werden dürfen, und dass sie zur Straße hin nur 1,20 Meter hoch sein dürfen.

Die Stahlplatten lassen sich sogar mit Scheinwerfern beleuchten

Die Plattenkonstruktion, die von außen kaum auffällt, gehört zu einem luxuriösen Anwesen in Hanglage. Klare Linien und geschwungene Formen dominieren hier, der Eingangsbereich besteht aus schwarzem Metall und Glas, die Fassade ist mit Lärchenholzlatten verkleidet. Über drei Etagen erstrecken sich Wohnräume und Büro.

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Bei den Architektouren war dieses Anwesen zu sehen, die Fachzeitschrift "Häuser" hat es auf dem Titel gezeigt, auch im Buch "Häuser des Jahres" taucht es auf, in der Wirtschaftswoche war es zu sehen. Die Bembé-Dellinger-Architekten, die ihr Büro im Schloss Greifenberg haben, hatten dieses Vorzeigeobjekt entworfen, das Millionen gekostet hat.

Wenn der 54-jährige Firmenchef Heckl nach einem anstrengenden Arbeitstag auf seiner Terrasse einen lauen Abend genießt, blickt er auf der einen Seite hinunter über die ganze Stadt, auf der anderen Seite genießt er den Anblick von rostigem Stahl, der sich sogar mit kleinen Scheinwerfern beleuchten lässt.

30 000 Euro hat die Konstruktion angeblich gekostet

Gleich hinter dem Gartenzaun verläuft ein Fußweg. Den Blick von draußen nach drinnen versperren Buchen- und Eibenhecken und eben die Stahlplatten. Etwa 30 000 Euro hat Heckl nach eigenen Angaben in Material und Montage investiert, nur ungern würde er die Konstruktion wieder ausbauen lassen. Darum wehrt er sich auf juristischem Weg gegen eine Beseitigungsanordnung des Landratsamts, und das nun schon in der zweiten Instanz. Im Februar vergangenen Jahres war das Verwaltungsgericht in der Angelegenheit schon einmal da.

Nun ist es der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs, der sich einen Eindruck verschafft und mit einem Zollstock nachmisst. Zwei Metall-Konstruktionen stehen auf dem Grundstück, sechs und 7,50 Meter lang. Die Eigentümer der Villen-Grundstücke rundherum begnügen sich mit einfachen Jägerzäunen aus Holz. Doch Heckls Anwesen sieht ja auch insgesamt ganz anders aus als die Häuser rundherum.

"Mir geht es um die Wirkung von innen", beteuert er. Und bei der mündlichen Verhandlung in einem Besprechungszimmer im Starnberger Rathaus philosophiert Rechtsanwalt Gaßner: "Was ist Kunst und was ist eine Einfriedung? Und was ist, wenn es beides ist?" Darüber muss nun der Senat unter dem Vorsitz von Richter Andreas Dhom entscheiden. Den Tenor seines Urteils will er noch bis Ende des Jahres verkünden.

Zwei Kompromissvorschläge sind gescheitert. Heckl hatte angeboten, eine dichte Eibenhecke vor die Platten zu pflanzen, Oberlandesanwältin Steiner schlug vor, jede zweite Platte zu entfernen. Beide Vorschläge lehnte jeweils die Gegenseite ab. Rechtsanwalt Gaßner hat beantragt, eine Revision zuzulassen. Im Fall einer Niederlage für seinen Mandanten könnte dann der Rechtsstreit um rostige Metallplatten in die dritte Runde getragen werden.

© SZ vom 21.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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