Finanzen:Grünes Unbehagen

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Schön, aber teuer: Der Starnberger Wasserpark erfordert trotz hohen Deckungsgrades jedes Jahr rund zwei Millionen Euro an Defizitzuschüssen. (Foto: Nila Thiel)

Der Haushalt steht, doch das ist den Grünen zu wenig. Sie fordern den Bürgermeister zum Handeln auf: Es müsse endlich ein Ruck durch Starnberg gehen.

Von Peter Haacke, Starnberg

Die Stadtratsfraktion der Grünen hadert mit der Haltung des Starnberger Bürgermeisters Patrick Janik (CSU, UWG, SPD, BLS), der ihrer Meinung nach die insgesamt zunehmend dramatisch werdende Lage der Kreisstadt verharmlost. Es sei nichts Persönliches, betonte Franz Sengl, Chef der Grünen-Fraktion im Stadtrat - ganz im Gegenteil. Der Bürgermeister genießt auch beim politischen Gegner hohe Sympathiewerte, schließlich hat Janik es geschafft, aus einem chronisch zerstrittenen Haufen ein Gremium zu machen, in dem nicht nur konstruktiv und sachlich debattiert wird, sondern zuweilen auch gelacht wird. Doch die Gesamtsituation für Starnberg bleibt aus grüner Sicht eher düster.

Der Anlass für die Kritik der Grünen an Janiks Politik ergibt sich aus vielen Unwägbarkeiten. Zwar ist in den vergangenen Wochen unter großen Mühen ein genehmigungsfähiger Haushalt für 2024 und eine halbwegs passable Finanzplanung für die Folgejahre zustande gekommen. Doch speziell von Janik, aber auch von der Stadtverwaltung, erwarten die Grünen nun doch einiges mehr. Geradezu empörend sei daher die von manchen als verharmlosend empfundene Darstellung Janiks im Rahmen der jüngsten Bürgerversammlung gewesen mit der Botschaft: Wir haben es geschafft!

Tatsächlich aber "haben wir rigoros gestrichen" bei den Haushaltsberatungen, sagte Sengl, und Fraktionskollegin Angelika Fränkel ergänzt: "Brutal gekürzt". Mit Ausnahme der neuen Gebührensatzung für die Kitas hätten die Grünen aus schmerzhafter Einsicht in die Notwendigkeit auch ausnahmslos mitgestimmt. Doch es bleibt ein Unbehagen: Der Streichorgie in den Beratungen seien auch wichtige zukunftsträchtige Investitionsvorhaben zum Opfer gefallen, die in der Vergangenheit längst hätten erledigt sein sollen.

Hofft auf eine "Chance in der Krise": Franz Sengl, Chef der Stadtratsfraktion von B'90/Die Grünen. (Foto: Katharina Kreye)

Nun hofft Sengl auf eine "Chance in der Krise". Bislang aber sei in dieser Hinsicht nichts passiert. Dabei müsse doch jetzt erst recht "ein Ruck durch die Stadtverwaltung" gehen, erklärte er am Donnerstag im Rahmen eines Pressetermins - insbesondere im Hinblick auf die großen Vorhaben der Kreisstadt. "Wir haben keinen Spielraum für die Zukunft", mahnte Sengl. Als konkretes Beispiel benannte er etwa die Wärme- und Energieversorgung der Kreisstadt. Während etwa die Gemeinde Berg mit ihrem Windräder-Projekt weit in die Zukunft gedacht habe, wurde in Starnberg das altersschwache Hallenbad, das der Stadt ein jährliches Defizit von zwei Millionen Euro beschert, für einen zweistelligen Millionenbetrag erneuert.

Ohnehin wissen die Grünen, dass die meisten Starnberger Probleme hausgemacht sind - und das schon seit Jahrzehnten. "Wir haben kein Einnahmeproblem", sagte Sengl, "sondern ein Ausgabeproblem". Im Vergleich mit anderen Städten vergleichbarer Größenordnung stehe die Kreisstadt dank konstant bleibender Gewerbesteuereinnahmen sogar relativ gut da. Doch auf der Ausgabenseite sei zu vieles zusammengekommen: Abgesehen vom Wasserpark, dem eine drastische Gebührenerhöhung verordnet wurde und der seither für großen Unmut sorgt, belasten auch andere freiwillige Zuschüsse die städtischen Kassen. Auch Heimatmuseum, Musikschule oder Bibliothek sind teure Errungenschaften, die ebenso wie Kultur, Sport und Soziales als Defizit zu Buche schlagen. Hinzu kommen die Versäumnisse aus der Vergangenheit. "Wenn es nicht anders geht", sagte Sengl, "müssen wir uns von den freiwilligen Leistungen ganz trennen".

Rund 800 000 Euro pro Jahr kostet Starnberg die Musikschule. Das Gebäude - einst Krankenhaus und Altenheim - müsste saniert werden. (Foto: Nila Thiel)

Das Starnberger Problem ist grundsätzlich nicht neu, doch nun offenbart es sich in schonungsloser Härte. Angelika Fränkel, Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses, staunt immer wieder, was sie zuweilen an Kuriositäten aus den Unterlagen der Stadtverwaltung kramt. Darunter finden sich Jahrzehnte alte Verträge, die nie aktualisiert wurden, Vereinbarungen aus dem vergangenen Jahrhundert, auf Grundlagen, die längst nicht mehr der Realität entsprechen. Und dazu eine personell angeblich unterbesetzte Verwaltung, die teils uninformiert, teils unorganisiert zu sein scheint, zuweilen aber auch extrem kompliziert agiert. Länger schon fordern die Grünen ein Qualitätsmanagement fürs Starnberger Rathaus, um den Gesamtapparat effektiver zu gestalten. Doch der Ruf verhallte bislang ungehört.

Schöne Fassade, maroder Kern: Im Hotel "Bayerischer Hof" brennt schon seit Jahren kein Licht mehr. Ideen zur Rettung des Hauses gibt es viele, doch es ist kompliziert. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Unstrittig ist, dass Janik eine gewaltige Erblast von seinen Vorgängern übernommen hat. Jeder packte in den Sack unerledigter Dinge noch etwas drauf, vieles blieb bis heute ungelöst. Die Themenliste ist lang: Bayerischer Hof, marode Straßen, sanierungsbedürftige Sportstätten, Energieversorgung, die Seeanbindung. "Uns fehlt eine politische Linie", sagte Sengl, "wir brauchen Prioritäten". Es gebe zu viele Baustellen gleichzeitig, "wir hangeln von einer Katastrophe zur nächsten". Und seine Kollegin Fränkel ergänzte: "Ich erwarte, dass Janik endlich mal in die Gänge kommt." Widersprüchliche und zögerliche Politik sei da wenig hilfreich. Der Stadtrat beschließe zwar vieles, aber gemacht werde kaum etwas. Explizites Lob von den Grünen gab es in diesem Zusammenhang nur für Vize-Bürgermeisterin Angelika Kammerl (CSU).

"Wir wollen Janik nicht beschädigen, sondern motivieren", sagte Sengl fast entschuldigend, und gestand dann: "Die perfekte Lösung haben wir auch nicht. Aber wir müssen etwas ändern".

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