Falscher Krankenpfleger vor Gericht:"Wahnsinn, dass das so lange gut gegangen ist"

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In verschiedenen Kliniken hat der falsche Krankenpfleger aus Gauting gearbeitet, bis seine Betrügerein aufgeflogen sind. Lange schöpfte niemand Verdacht. Urkunden und Arbeitszeugnisse waren gefälscht. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Mehrere Kliniken stellen den Gautinger ein - auch für die Intensivstation. Er soll sogar zum stellvertretenden Stationsleiter aufgestiegen sein.

Von Christian Deussing, Starnberg

Jahrelang arbeitet er als Krankenpfleger in Kliniken, betreut Patienten, versorgt Menschen auf der Intensivstation, alles offenbar ohne Fehler, ohne Beschwerden. Zuletzt will der Mann sogar zum stellvertretenden Stationsleiter aufgestiegen sein. Dabei steht an den Klinikbetten jahrelang keine examinierte Fachkraft - sondern ein Mann, der Urkunden und Arbeitszeugnisse gefälscht hat. Dafür ist der Gautinger nun zu 22 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden.

Der 30-Jährige wollte nicht nur als Rettungssanitäter arbeiten, denn sein Herz schlägt für die Notfall- und Intensivmedizin. Dafür fälschte der Gautinger Urkunden und Arbeitszeugnisse und täuschte damit vor, ein examinierter Krankenpfleger zu sein. Mit dieser Masche erhielt er im Mai 2013 eine Stelle in einer Klinik im Landkreis Starnberg und arbeitete dort nach eigenen Angaben fast zwei Jahre lang, bis der Betrug aufflog. Den geständigen Familienvater hat das Starnberger Schöffengericht am Mittwoch wegen sechsfacher, erwerbsmäßiger Urkundenfälschung verurteilt. Zu der Bewährungsstrafe kommt eine Geldauflage von 2200 Euro, die er an an das Kinderhaus Pasing bezahlen muss.

Enttarnt wurde der falsche Pfleger, weil er für eine Anstellung an einer Münchner Gesundheitsakademie noch Unterlagen benötigte. Der Sanitäter fälschte laut Anklage auch einen Abschluss als "Pflegemanager" und kam so an eine Stelle in einer Anästhesie- und Intensivstation. Auch in einer Klinik im Oberland und in einem Münchner Klinik arbeitete der Mann in Funktionen, für die er nicht qualifiziert war. Vor drei Jahren hörte er mit dem Betrug auf und engagierte sich für zehn Monate in einem UN-Hilfsprojekt in Somalia.

Der Angeklagte gestand seine Taten. Eine reguläre Ausbildung zum Krankenpfleger habe er nicht bekommen nach einem Strafbefehl wegen Unterschlagung und Diebstahls in Augsburg, wo er als Rettungsassistent gearbeitet hatte. Das erklärte der Angeklagte als Motiv für seine Betrügereien. Mit dem Eintrag in sein Führungszeugnis habe er bei den Bewerbungen für die Krankenpfleger-Ausbildung keine Chance gehabt. Daher sei er in die Starnberger Region gezogen, sagte der Angeklagte in der Verhandlung. Rational könne er sich die Fälschungen heute nicht mehr erklären, er habe sich "in ein Lügengebäude verfangen". Seit zwei Monaten versuche er, in einer Psychotherapie aufzuarbeiten, was ihn dazu bewogen hatte. Die Taten habe er aber nicht begangen, um in höheren Positionen mehr zu verdienen. Seine Motivation sei die "Herausforderung und der Spaß an den Aufgaben" gewesen. Und er merkte an: "Ich wollte mitgestalten."

Die Staatsanwältin hielt dem Angeklagten zugute, dass ihm kein fachlicher Fehler nachzuweisen sei. Anderseits seien Patienten unwissentlich einem Mann ausgeliefert gewesen, der nicht über die erforderliche Qualifikation verfügte. Der Verteidiger lobte die Einsicht seines Mandanten, der sich vorgenommen habe, nun "zu anderen und zu sich selbst ehrlich" zu sein. "Gott sei dank ist niemand zu Schaden gekommen", meinte der Anwalt. Die Richterin würdigte das schonungslose Geständnis des Mannes.

Doch das Gericht hob in der Urteilsbegründung auch die "abstrakte Gefährlichkeit" in diesen Fällen hervor, und dass der Angeklagte beharrlich und mit krimineller Energie gehandelt habe. Es sei "ein Wahnsinn, dass es überhaupt so lange gut gegangen ist", befand die Richterin. Der Mann ist jetzt als Ausbilder in seinem erlernten Beruf tätig - ganz legal.

© SZ vom 28.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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