Ein Jahr Volksbegehren Artenvielfalt:Rettung der Bienen in weiter Ferne

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Die Biene im Fokus: Fast 300 Besucher kamen am Donnerstag zum Imkergespräch in die Schlossberghalle. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Experten und Landtagsabgeordnete ziehen beim Imkergespräch in Starnberg Bilanz - einig sind sie sich nicht.

Von Armin Greune, Starnberg

Auch wenn kein direkter kausaler Zusammenhang nachgewiesen werden kann, ist es wohl kaum Zufall: Im Fünfseenland haben sich vor einem Jahr die meisten Unterzeichner für das Volksbegehren "Rettet die Bienen" gefunden. Und dort findet auch seit 2009 das jährliche Starnberger Imkergespräch statt, inzwischen die landesweit wichtigste Veranstaltung zur Bienen- und Agrarpolitik. Zur elften Auflage im Vorjahr trafen sich Abgeordnete, Experten und Bienenhalter genau an dem Tag in der Schlossberghalle, als in den Rathäusern die Eintragungsfrist gegen das Artensterben begann. Logisch also, dass im diesjährigen Imkergespräch eine erste Bilanz zum Volksbegehren gezogen wurde.

In der fast voll besetzten Schlossberghalle referierte am Donnerstag der Landesvorsitzende des Bundes Naturschutz (BN), Richard Mergner, über "Ursachen des Insektensterbens und Lösungsansätze". Danach stellten sich vier Landtagsabgeordnete aus dem Agrarausschuss einer Podiumsdiskussion mit Werner Bader, Imker und Rundfunkjournalist.

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Die Region erreicht mit 27,7 Prozent die höchste Beteiligung. In Utting haben sich sogar fast 40 Prozent der Wahlberechtigten eingetragen. Alle Gemeinden im Überblick:

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Mergner meinte, das Volksbegehren sei "in keinster Weise gegen die Bauern gerichtet". Doch nun hätten Teile der Landwirtschaft den erzielten Konsens wieder aufgekündigt und gingen etwa massiv gegen die Düngemittelverordnung vor. Für den Artenrückgang seien vor allem der Flächenverbrauch und eine fatale landwirtschaftliche Praxis mit Flurbereinigung, Pestizideinsatz und Überdüngung ursächlich. Dafür könnte man aber nicht die Bauern allein zur Verantwortung ziehen, sagte Mergner: Die wären selbst Opfer eines Systems, in dem vier Konzerne Lebensmittelhandel und -preise kontrollierten.

Der BN wolle einen Runden Tisch für eine bessere Agrarpolitik initiieren und sich dafür einsetzen, dass die dubiosen Zulassungsverfahren für Insektizide offengelegt werden. Darin würden bislang zusätzliche Belastungen durch andere Umweltfaktoren nicht berücksichtigt. Mergner wurde von Bürgermeisterin Eva John mit Hans-Jochen Iwans Buch "Die Starnberger Biotope" beschenkt; der Referent äußerte dabei die Hoffnung, dass die im Landkreis geplanten Gewerbegebiete auf Kosten der Natur "noch einmal überdacht werden".

Initiator Hubert Dietrich (vierter von links) konnte auch vier Landtags-Agrarpolitiker begrüßen, die zum neuen Artenschutzgesetz recht unterschiedlich Stellung bezogen. (Foto: Georgine Treybal)

Die Podiumsdiskussion eröffnete Petra Loibl für die CSU: Die Veterinärin und eingeheiratete Bäuerin fand das Gesetz zum Volksbegehren für mehr Artenschutz nicht halbherzig, aber das begleitende "Versöhnungsgesetz" sei formuliert worden, um der Landwirtschaft entgegenzukommen. Hans Urban von den Grünen kritisierte: Die Regierung wolle die durch das neue Gesetz geschützten Streuobstwiesen mit einer Verordnung so definieren, dass nur noch ein geringer Teil dieser wertvollen Biotope Schutz genießt. Für den Landwirt und Hobbyimker aus Eurasburg ist im Gesetzestext der Vorsatz, den Anteil der Ökolandwirtschaft im Freistaat bis 2030 auf 30 Prozent zu erhöhen, "die einzige Maßnahme, die wirklich was bringt." Ruth Müller (SPD) sah hingegen den größten Erfolg des Volksbegehrens darin, "dass in den Köpfen Fenster aufgegangen sind, auch das eigene Verhalten zu ändern". Die Staatsregierung aber habe das Gesetz "nur aus Angst, aber nicht aus Einsicht" erlassen.

Nikolaus Kraus wiederum bestätigte den Satz von Moderator Bader, die Freien Wähler seien beim Artenschutzgesetz die "größten Bremser". Kraus gab sich als BMW-Fahrer und Krautbauer zu erkennen, er sah im Volksbegehren vor allem "Scheinheiligkeit: Die Leute haben nur unterschrieben, weil sie nicht betroffen sind". Dies zeige sich daran, dass in Utting mit 39 Prozent die relativ meisten Bürger gegen das Bienensterben unterschrieben haben, nun aber am Ammersee eine Mückenbekämpfung gefordert werde. Kraus stellte das Insektensterben an sich in Frage: Er habe daheim in Ismaning heuer so viele Kartoffelkäfer gesehen wie nie zuvor. "Da besteht noch Informationsbedarf," kommentierte Bader dieses Statement, das im Saal mit ungläubigem Raunen aufgenommen wurde.

© SZ vom 01.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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