Landtagswahl 2023:"Die Reden der AfD-Abgeordneten waren oft unerträglich"

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Anne Franke hört nach acht Jahren als Landtagsabgeordnete auf. (Foto: Catherina Hess)

Acht Jahre lang saß Anne Franke aus Stockdorf für die Grünen im Landtag, nun ist für die 68-Jährige Schluss. Zeit für ein Abschiedsgespräch über Vergangenheit und Zukunft - und die Frage, mit wem man im Landtag besser keinen Kaffee trinken geht.

Interview von Linus Freymark, Starnberg

Von 2010 bis 2013 saß Anne Franke aus Stockdorf erstmals im Landtag, 2018 zog die Grünen-Politikerin erneut ins Maximilianeum ein. Nun ist für die 68-Jährige Schluss: Franke hat entschieden, bei der anstehenden Landtagswahl nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Zeit also für ein Gespräch zum Abschied.

SZ: Frau Franke, nach insgesamt acht Jahren scheiden Sie zum Ende der Legislaturperiode aus dem Landtag aus. Was überwiegt da: der Abschiedsschmerz oder die Freude, dass es zu Ende ist?

Anne Franke: Für mich überwiegt gerade die Freude, dass ich mich wieder in mein künstlerisches Leben stürzen darf. Die Arbeit im Landtag hat zwar großen Spaß gemacht, aber wenn man 60 Stunden pro Woche dafür aufwendet, bleibt nicht mehr viel Zeit für andere Dinge. Im November werde ich endlich jene Ausstellung nachholen, die ich vor fünf Jahren wegen meines Mandats absagen musste.

Als Landtagsabgeordnete verbringt man viele Stunden in Plenarsitzungen, gleichzeitig gibt es aber auch viele andere Dinge zu tun. Woraus bestand Ihr Arbeitsalltag?

Die wichtigste Arbeit ist für mich die Arbeit in den Ausschüssen. Ich war zuletzt im Petitions- und Europaausschuss. Da werden ganz konkret Dinge besprochen. Um mitreden zu können, muss man sich aber erstmal einarbeiten und Akten wälzen. Das kann dauern. Und man muss mit den Leuten sprechen, mit Kommunalpolitiker:innen wie mit Bürger:innen. Aber das Schöne ist: Mir ist es in vielen Fällen ganz konkret gelungen, den Menschen zu helfen und etwa zwischen Bürgerschaft und Ämtern zu vermitteln.

Im Petitionsausschuss hatten Sie viel mit den Anliegen der Bürgerschaft zu tun. Was beschäftigt denn die Menschen besonders?

Ich war hauptsächlich für Bausachen zuständig. Meistens ging es um die Frage, wer privilegiert ist und wer nicht. Das Problem dabei ist für mich, dass große landwirtschaftliche Betriebe immer die Privilegierung erhalten und damit mehr baurechtliche Möglichkeiten haben als kleine Betriebe. Ich habe mich dabei immer eher auf der Seite der kleinen Betriebe gesehen, weil ich es wichtig finde, diese zu erhalten. Das andere Thema, das mich sehr beschäftigt hat, war der Umgang mit gut integrierten Geflüchteten. Oft sind Unternehmer:innen in den Ausschuss gekommen, die die Abschiebung ihrer gut eingearbeiteten Angestellten verhindern wollten. Das haben wir aber leider oft nicht geschafft. Dabei haben wir so einen großen Fachkräftemangel - da finde ich es schizophren, dass Leute nicht bleiben dürfen, die hier gute Arbeit leisten.

In Ihren acht Jahren im Landtag haben Sie verschiedene Zusammensetzungen des Gremiums erlebt. Hat sich das Klima dort denn mit der Zeit verändert - etwa durch den Einzug der AfD?

Ja, das hat sich sehr verändert. Die Reden der AfD-Abgeordneten waren oft unerträglich. Wenn man immer wieder zu hören bekommt, dass es keinen menschengemachten Klimawandel gibt, nervt das extrem. Auch die Hetze gegen Ausländer:innen war oft nicht zu ertragen. Ich habe immer versucht, mit den Kolleg:innen aus den anderen Fraktionen ein gutes Verhältnis zu haben und mal zusammen einen Kaffee zu trinken, auch wenn man andere Meinungen hat. Mit den Abgeordneten der AfD habe ich das nicht gemacht. Das hat in meinen Augen keinen Sinn.

Wenn man als Abgeordneter neu in den Landtag kommt, muss man also auch auf solche Dinge achten. Was muss man denn sonst noch als Neuling beachten? Es könnte ja sein, dass der ein oder andere Kandidat aus dem Stimmkreis Starnberg erstmals in den Landtag einzieht.

Zunächst ist wichtig, innerhalb der eigenen Fraktion einen Politikbereich zu finden, in dem man sich gut behaupten kann. Darüber hinaus braucht man einen langen Atem, zumindest wenn man wie ich in der Opposition ist. Ich habe mich zum Beispiel während der Pandemie lange für das Abwassermonitoring eingesetzt, und erst jetzt schafft die Staatsregierung endlich die Voraussetzungen dafür. Wenn man dranbleibt, lässt sich schon einiges bewegen. Mir ist es etwa durch intensive Zusammenarbeit mit Wissenschaftler:innen aus ganz Bayern gelungen, eine bayerische Wissenschaftsallianz für Frieden, Konflikt und Sicherheit zu etablieren. So ein Forschungsinstitut gab es bislang nicht in Bayern. Dabei ist das gerade jetzt besonders wichtig, wie der Krieg in der Ukraine zeigt. Das war zum Beispiel ein schöner Erfolg.

Als Sie 2010 für den verstorbenen Sepp Daxenberger in den Landtag nachgerückt sind, hatten Sie als studierte Kunstpädagogin wahrscheinlich nur wenig mit der Friedens- und Konfliktforschung zu tun. Was hat Sie damals eigentlich bewogen, in den Landtag zu gehen?

Ich bin seit 1982 bei den Grünen und habe mich schon immer für Frieden, Klimaschutz und ökologisches Wirtschaften eingesetzt. Das politische Interesse war also schon immer da. Als ich 2010 nachgerückt bin, war das schon eine schwierige Situation, erst recht wegen des Todes von Sepp Daxenberger. Aber ich habe mich schnell eingearbeitet. 2013 hat es dann leider nicht für den Wiedereinzug gereicht. Umso glücklicher war ich, als es 2018 wieder geklappt hat.

Nun haben Sie sich gegen eine erneute Kandidatur entschieden. Was war für Sie der Grund zu sagen: "Es reicht"?

Ich bin jetzt 68 Jahre alt. Da ist es Zeit, Platz für Jüngere zu machen. Außerdem möchte ich keine 60 Stunden mehr pro Woche arbeiten. Ich weiß, dass manche Abgeordnete weniger arbeiten. Aber ich brauche die Zeit, um alle anstehenden Aufgaben gewissenhaft abzuarbeiten. Und das war mein Anspruch als Abgeordnete: den Job so gut wie möglich zu machen und möglichst viel zum Positiven zu bewegen.

Anne Franke hat im Gespräch gendergerechte Sprache verwendet. Da es sich um ein Wortlaut-Interview handelt, bilden wir das im Text durch den Doppelpunkt entsprechend ab.

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