Unglück:Zug erfasst Auto - zwei Tote an unbeschranktem Bahnübergang

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Der Zug war so schnell unterwegs, dass er das Auto rund 200 Meter mitschleifte. (Foto: Nila Thiel)

Zwischen Iffeldorf und Seeshaupt ist ein Zug mit einem Auto kollidiert. Der Wagen wurde mehrere Hundert Meter mitgeschleift. Die Bahn wollte den Übergang offenbar noch in diesem Jahr mit Halbschranken ausrüsten.

Von Christian Deussing und David Costanzo, Seeshaupt

Wieder müssen Menschen ihr Leben an einem unbeschrankten Bahnübergang lassen: Eine 67-jährige Frau aus Gräfelfing ist am Montag gegen 15.15 Uhr mit ihrem Auto südlich von Seeshaupt auf die Gleise der Werdenfelsbahn gefahren - trotz Andreaskreuz und blinkendem Warnlicht. Auf dem Beifahrersitz saß eine 83-jährige Frau, ebenfalls aus Gräfelfing.

Der Lokführer leitete noch eine Notbremsung ein. Der Zug aus Richtung Kochel mit Ziel München erwischte das Auto jedoch seitlich mit so einer Wucht, dass es noch 200 Meter mitgeschleift wurde. Die beiden Frauen wurden tödlich verletzt. Tragisch: Die Bahn will den Übergang noch in diesem Jahr mit Schranken ausrüsten.

Im Zug wurde eine 51-jährige Frau aus Schondorf leicht am Daumen verletzt. Die anderen Passagiere und der Lokführer kamen nach ersten Erkenntnisse mit dem Schrecken davon. Sie wurden vom Kriseninterventionsteam betreut.

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Das Unglück ereignete sich am Abzweig der Staatsstraße 2063 zur Reha-Klinik Lauterbacher Mühle an der Bahnstrecke zwischen Kochel am See und Tutzing. Im Zug saßen 57 weitere Fahrgäste, die nach ersten Erkenntnissen der Beamten nicht verletzt wurden. Auch der Lokführer blieb zumindest äußerlich unverletzt. Die Ermittlungen laufen allerdings noch, viele Details waren am Montagabend noch unklar. Die Bahn brachte die Fahrgäste mit einem Bus von der Unfallstelle nach Tutzing.

Das Blinklicht, das Autofahrer an dem unbeschrankten Bahnübergang warnt, war zum Zeitpunkt des tödlichen Unfalls wohl intakt. Die Polizei ging zunächst nicht von einem technischen Defekt aus. Das Eisenbahnbundesamt hat sich nach Informationen von der Unfallstelle eingeschaltet und will den Hergang prüfen. Der Seeshaupter Bürgermeister Michael Bernwieser machte sich am Abend bei den Rettungskräften ein Bild von der Lage. "Ein tragischer Schicksalsschlag", sagte der Rathauschef. "Auch die Kameraden der Feuerwehr sind erschüttert. Die Insassen müssen wohl das Warnlicht übersehen haben."

Der Bahnübergang war nach seinen sowie ersten Aussagen von Polizei und Bahn zwar nicht als Gefahrenstelle bekannt. Nach seinen Angaben wollte die Bahn den Übergang aber noch in diesem Jahr mit Halbschranken ausrüsten. Bereits im vergangenen Jahr hatte der Konzern mit Arbeiten entlang der Strecke zwischen Tutzing und Kochel begonnen. Bis November dieses Jahres soll die Trasse für 20 Millionen Euro auf eine elektronische Stellwerkstechnik umgestellt werden. Dann können Weichen und Signale aus dem Stellwerk in Weilheim gesteuert werden. Statt mit Bedienungshebeln und Knöpfen könne der Fahrdienstleiter Weichen und Signale einfach, schnell und sicher per Mausklick steuern, hieß es in einer früheren Mitteilung der Bahn.

Dabei sollte etwa auch in Penzberg ein unbeschrankter Bahnübergang mit den Barrieren ausgestattet werden. Im Frühjahr vergangenen Jahres hatte es eine Infoveranstaltung der Bahn in Seeshaupt gegeben. Der Konzern konnte am Montag keine Auskunft mehr zu diesem Thema geben.

Die Staatsstraße war bis 19.15 Uhr, die Bahnstrecke bis 21 Uhr gesperrt. Die Bergungsarbeiten gestalteten sich nach Angaben eines Bahnsprechers schwierig. Zwischen Seeshaupt und Bichl fuhren Ersatzbusse.

Vor zweieinhalb Jahren war ein 48-Jähriger mit seinem Traktor in einem Ortsteil von Kochel an der gleichen Strecke an einem unbeschrankten Bahnübergang erfasst und schwer verletzt worden. Nach Angaben des ADAC kamen im Jahr 2016 in Bayern bei 42 Unfällen an unbeschrankten Bahnübergängen sechs Menschen ums Leben.

© SZ vom 08.05.2018/dpa/dac - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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