Der unscheinbare Güterschuppen neben dem denkmalgeschützen Schondorfer Bahnhof soll wieder genutzt werden: Um das kleine, schmucklose Gebäude in zentraler Lage der Ammerseegemeinde wird schon seit Jahren gerungen, 2014 war der graue Schuppen sogar Gegenstand eines Bürgervotums. Bis in die Siebzigerjahre waren dort Waren umgeschlagen worden, die per Güterzug antransportiert wurden. Das Schondorfer Bahnhofsensemble stammt laut Denkmalliste im Kern aus dem Jahr 1898. Laut Bürgervotum hätte der Güterschuppen eigentlich abgerissen werden sollen. Nur stellte sich im Nachgang heraus, dass die Planungen der Gemeinde für einen Busbahnhof nicht umsetzbar waren, zumal das Landesamt für Denkmalpflege einen Abriss untersagt hatte. In der Folge gab es viel Streit und Diskussionen um das Gebäude, das in der Folge schlicht vor sich hin bröckelte.
Im Vorjahr kam wieder Bewegung in die Angelegenheit. In einem längeren Prozess, bei dem die Architekten Florian Wiesler und Tobias Schmidt vom WSM-Büro in Pöcking in einer Machbarkeitsstudie große und kleine Lösungen aufzeigten, einigte sich der Gemeinderat auf einen Vorschlag des Schondorfer Künstlers Andreas Kloker: Eine "Box-in-Box"-Lösung mit Hebelift auf der Westseite, die am Gebäude selbst aber wenig ändert. Da sein Konzept im Rahmen des Städtebauförderung - verbunden mit staatlichen Zuschüssen - umgesetzt werden soll, wurde das Architekturbüro WSM nun mit der Umsetzung beauftragt.
"Trauen und Brauen" - das waren die Favoriten für eine Nutzung des Güterschuppens. Zumal sich für Heiratswillige echter Bedarf ergibt: Das einstige Trauzimmer ist schon seit Jahren aufgrund akuten Platzmangels zum Büro umfunktioniert, zeitweilig fanden Trauungen im "Studio Rose" statt. Allerdings habe diese Kombination nicht gut funktioniert, erläuterte Bürgermeister Alexander Herrmann. Inzwischen geben sich Liebende im "Blauen Haus" das Ja-Wort, doch der Bedarf für ein Trauzimmer sei nach wie vor gegeben.
In der vorangegangenen Gemeinderatsitzung war die Entscheidung über eine Nutzung noch vertagt worden. Zweiter Bürgermeister Martin Wagner (CSU) befand, dass es falsch wäre, "aus dem größten Zankapfel der letzten zehn Jahre" ein Trauzimmer zu machen. Weil Wagner bei der jüngsten Gemeinderatssitzung aber fehlte, entfiel eine weitere Debatte darüber. Bei der zweiten Nutzung "Bierbrauen" hatte Bürgermeister Alexander Herrmann (Grüne) Bedenken: Zum einen müssen Hygienevorschriften eingehalten werden, zum anderen würde der Biergeruch etwaige Trauungen stören. Der Bauverein ist schon länger auf der Suche nach Räumlichkeiten und benötigt einen abschließbaren Bereich. Man habe ihm jedoch versichert, dass es keine Gerüche geben würde, berichtete Herrmann von Gesprächen mit Vertretern des jungen Schondorfer Brauvereins. Dieser hatte 2020 den ersten Platz beim Schondorfer Bürgerbudget mit einem Konzept erobert, das den Güterschuppen als Braustätte favorisiert.
Falls die Doppelnutzung "Trauen und Brauen" nicht funktionieren sollte, schlug der Bürgermeister vor, bereits jetzt eine Alternativlösung festzulegen. Aus dem Gremium kam der Vorschlag, das Gebäude kulturell für Ausstellungen zu nutzen. Der Gemeinderat befürwortete diesen Vorschlag, nachdem sich für die Variante mit dem Hochzeitsraum zuvor ebenfalls eine knappe Mehrheit mit sechs zu fünf Stimmen gefunden hatte. Ob aus dem Zankapfel am Schondorfer Bahnhof nun tatsächlich ein Liebesapfel wird, bleibt abzuwarten.