Neue Impulse für die OrtsentwicklungEin Schuppen mit Strahlkraft

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Im Umfeld des ungenutzten Lagerhauses an Schondorfs Bahnhof könnte eine neue Dorfmitte entstehen. Eine Studie zeigt dafür viele kreative Ideen. Zumindest aber kommt Bewegung in die festgefahrene Debatte über die Güterhalle.

Von Renate Greil, Schondorf

Objekt der Begierde in grenzwertigem Zustand: Der 1898 erbaute Güterschuppen neben dem Schondorfer Bahnhof.
Objekt der Begierde in grenzwertigem Zustand: Der 1898 erbaute Güterschuppen neben dem Schondorfer Bahnhof. (Foto: Nila Thiel/Nila Thiel)

In die politisch aufgeheizte Diskussion, die das Lagerhaus am Schondorfer Bahnhof in eine Art Dornröschenschlaf versetzt hat, ist Bewegung geraten. Eventuell zeichnet sich eine konstruktive Lösung für die Nutzung des kleinen Gebäudes ab, das zum denkmalgeschützten Ensemble des 1898 erbauten Bahnhofes gehört. Der Schondorfer Künstlers Andreas Kloker hat dazu ein mit wenig Aufwand realisierbares Konzept entworfen. Möglicherweise aber führen neue Ideen sogar dazu, dass ein neues Zentrum des aus Unter- und Oberschondorf zusammengewachsenen Ortes auf dem Areal zwischen Bahnhof, Rathaus, Feuerwache und Supermarkt entstehen könnte. Eine Machbarkeitsstudie, die mit Mitteln der Städtebauförderung von der Gemeinde in Auftrag gegeben wurde, zeigt dafür Visionen auf. Bürgermeister Alexander Herrmann hofft, dass in der nächsten Gemeinderatsitzung am 22. Juni entschieden wird, in welche Richtung es weitergehen soll.

Große und kleine Umbaualternativen präsentieren die Architekten Florian Wiesler und Tobias Schmidt vom WSM-Büro in Pöcking in ihrer Machbarkeitsstudie. Alle Varianten setzen aber voraus, dass die Rampe des Lagerhauses abgebaut und der Fußboden so abgesenkt wird, dass man barrierefrei ebenerdig eintreten kann. Der Keller würde also entfallen. Die kleinste Lösung der Planer sieht eine "Box im Haus" mit 55 Quadratmetern Nutzfläche vor, in die eine Espressobar und ein Infopoint mit Monitor und Touchscreen als zentraler Block eingebaut werden. Beim Modell "Durchgesteckter Güterwagen" wird der Bahnschuppen mit einem längeren und einem kürzeren Flügel zu einem Bürgerhaus für Kunst und Veranstaltungen erweitert, dessen Obergeschoss als Terrasse nutzbar wäre. Hier könnten dazu auch das Standesamt und die Touristeninformation einziehen, meint Bürgermeister Herrmann. Für die dritte Variante wir ein "Haus im Haus" mit botanischem Gartenkonzept entworfen.

Die neue Mitte von Schondorf mit Blick auf ein erweitertes Lagerhaus, wie es sich die Architekten Florian Wiesler und Tobias Schmidt vorstellen.
Die neue Mitte von Schondorf mit Blick auf ein erweitertes Lagerhaus, wie es sich die Architekten Florian Wiesler und Tobias Schmidt vorstellen. (Foto: WSM Architekten)
Ein von Bäumen beschatteter Marktplatz könnte anstelle der Parkfläche zwischen Rathaus und Supermarkt entstehen.
Ein von Bäumen beschatteter Marktplatz könnte anstelle der Parkfläche zwischen Rathaus und Supermarkt entstehen. (Foto: WSM Architekten)

Weiter skizzieren die Architekten städtebauliche Entwürfe, wie eine neue Ortsmitte für Schondorf geschaffen werden kann. Dafür wären allerdings eine Verlegung des Jugendhauses und ein Neubau des Supermarktes nördlich davon samt Tiefgarage erforderlich: Auf dessen derzeitiger Parkfläche könnte langfristig ein Marktplatz entstehen, der "ein ganz neues Lebensgefühl bringt", meint Schmidt. In dem bisher eher durch Bahn- und Busverkehr dominierten Abschnitt der Bahnhofsstraße sehen die Planer einen "Rohdiamanten" schlummern, der "nur noch eines Feinschliffes bedarf". Sie bescheinigen dem Güterschuppen durch seine Lage "eine enorme Strahlkraft".

Eine Wirkung, die wohl auch der Schondorfer Künstler Andreas Kloker sieht, denn er hat schon vor drei Jahren eine Box-in-Box-Lösung für das Gebäude entwickelt. Lange schien die Zeit allerdings nicht reif, um diesen Vorschlag im Gemeinderat vorzustellen. Das liegt an der Vorgeschichte: Der Güterschuppen sollte nach dem mehrheitlichen Wunsch eines Bürgerentscheids vor acht Jahren eigentlich abgerissen werden. Nur stellte sich im Nachgang heraus, dass die Gründe für die Beseitigung nicht stichhaltig waren, worauf das Denkmalamt die Zustimmung versagte. Trotzdem hielt eine knappe Mehrheit im Gemeinderat am Bürgervotum fest und weigerte sich, für den Bahnschuppen andere Optionen als die Abrissbirne oder schleichenden Verfall zuzulassen. Nun aber finde ein Umdenken statt, bemerkt Bürgermeister Herrmann. Auch die Bausubstanz des Gebäudes sei immer noch gut, wie die Architekten bei ihrer Machbarkeitsstudie herausgefunden hätten.

Andreas Kloker, der in den Siebzigerjahren wohl einer der letzten Kunden des seinerzeitigen Lagerhauses war, als er sich fünfzehn Tonnen Tonmehl per Güterwaggon aus dem Westerwald liefern ließ, setzt mit seinem Vorschlag auf eine dörfliche und kostengünstige Variante. Sie würde seiner Meinung nach auch weiteren Umgestaltungen des Platzes nicht im Wege stehen. Ihm ist es wichtig, das Gebäude in seiner jetzigen Form zu erhalten. Der Keller sei trocken und könne als Lagerraum über die ganze Fläche von knapp sechzig Quadratmetern genutzt werden. Daher geht es in seinen Skizzen weiterhin über die Betonrampe auf der einen und über eine wieder zu bauende Holzrampe auf der anderen Seite hinauf zu den beiden Toren. Ergänzend soll auf der Westseite des Gebäudes ein Hebelift angebracht werden. Kloker hat zusammen mit dem Zimmermann David Bensmann eine Box-in-Box-Lösung erarbeitet, bei der ein Holzkubus im Gebäude errichtet wird. Die beiden Holztore werden aufgeschoben und die filigranen Stahl-Glas-Türelemente lassen viel Licht in den Raum. Der als Umgang entstehenden Raum um die Holzbox könnte für Ausstellungen genutzt werden. Mit einem Anstrich in einer kräftigen Farbe könnte so "ein originelles Schmuckstück für die Ortsmitte" geschaffen werden, meint Kloker. Er wünsche sich, aus der Renovierung ein gemeinschaftsförderndes Projekt zu machen, da nicht alles von Fachleuten erledigt werden müsse. In seinem Konzept sind auch neue Fahrradständer Richtung Norden auf der grünen Wiese zwischen Parkplätzen und Gleisen vorgesehen, sie sollen in Hinblick auf das Bahnhofsensemble mit einem gebogenen Wellblechdach versehen werden.

Für die Baumaßnahmen am Güterschuppen kann eine Förderung von achtzig Prozent der abrechenbaren Kosten bei der Städtebauförderung beantragt werden, sagt Herrmann. Deshalb sehe er hier auch eine Chance, im Sinne der Ortsentwicklung größer und langfristiger zu denken.

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