Politik:Denkfabrik in Sachen Pflege

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Pflegebedürftige werden sehr häufig von ihren Angehörigen in den eigenen vier Wänden gepflegt. (Foto: Sebastian Kahnert/dpa)

Landkreis etabliert Pflegekonferenz, um Organisationen, Ehrenamtliche und Angehörige besser zu vernetzen.

Von Sabine Bader, Starnberg

Der Landkreis Starnberg will das Thema Pflegebedürftigkeit nicht verschlafen. Darum gründet er jetzt eine Art "Denkfabrik in Sachen Pflege und Prävention". In ihrer jüngsten Sitzung votierten die Kreisräte am Montagmorgen einstimmig dafür, eine sogenannte Pflegekonferenz zu etablieren. Das ist eine Art Dachorganisation für alle Akteure, die sich mit dem Thema befassen.

Wer ausschließlich das Wort "Pflegekonferenz" hört, der denkt sofort an einen Papiertiger: viel reden und wenig Output. Doch genau das Gegenteil steckt hinter dem Engagement von Bettina Richter, die im Landratsamt Starnberg für die Integrierte Sozialplanung zuständig ist. Denn Richter hat erkannt, dass es entscheidend ist, sich möglichst zeitnah mit dem Thema zu befassen und alle, die im Pflegebereich aktiv sind, miteinander zu vernetzen. Sie will so eine wirksame Beratungsplattform schaffen.

Dazu will Richter alle kompetenten Kräfte an einen Tisch holen: die Pflegedienste in den einzelnen Gemeinden, die Krankenhäuser und die Pflegekassen. Hinzu kommen noch die Ehrenamtlichen und die Senioren- und Behindertenbeiräte in den Gemeinden. Ansprechen will Richter auch Vertreter von Arbeitsamt, Verdi, der örtlichen Wirtschaft sowie der Religionsgemeinschaften.

Die Pflegekonferenz selbst soll einmal jährlich stattfinden, die einzelnen themenbezogenen Arbeitskreise werden sich voraussichtlich wesentlich häufiger treffen. Dabei könnte es zum Beispiel um Themen wie die Kurzzeitpflege gehen, um einen besseren Übergang vom Krankenhaus ins heimische Umfeld oder um Pflegeprävention. Zudem hat man in den einzelnen Arbeitskreisen auch die Möglichkeit, Pilotprojekte zu organisieren. Ein Projekt könnte zum Beispiel sein, der Vereinsamung älterer Menschen entgegenzuwirken. Ein Weiteres wäre möglicherweise, dass man sich angesichts der zunehmenden Filialschließungen von Banken, darüber Gedanken macht, Geldautomaten in Gaststätten zu etablieren, damit ältere Menschen nach wie vor Geld am Ort abheben können. In der Gaststätte Buttlerhof in Traubing gibt es bereits einen Geldautomaten, weiß Richter.

Bettina Richter ist im Landratsamt Starnberg für die Integrierte Sozialplanung zuständig. (Foto: privat)

Nach den neuesten Zahlen leben derzeit rund 5200 Pflegebedürftige im Landkreis Starnberg. Die Situation verschärft sich, wenn man bedenkt, dass die geburtenstarken Jahrgänge bald in Rente gehen und damit auch die Pflegekräfte von heute in absehbarer Zukunft zu den Pflegebedürftigen von morgen werden. Daran erkenne man laut Richter die Dringlichkeit des Themas: "Es wird uns in den kommenden 20 bis 30 Jahren immer stärker betreffen."

Die konstituierende Sitzung und damit auch die erste Pflegekonferenz im Landkreis Starnberg ist im Juli dieses Jahres im Landratsamt mit rund 80 Mitgliedern geplant. Der Landkreis wird dafür die Geschäftsstelle zur Verfügung stellen und mit Bettina Richter auch die professionelle Betreuung des Gremiums. Der Landkreis ist auch bereit, 2000 Euro Anschubfinanzierung zu leisten, um den Förderantrag beim Freistaat Bayern zu stellen, der das Projekt mit bis zu 4600 Euro bezuschussen kann. Von den einzelnen Mitgliedsgemeinden erwarte man, so Richter, dass sie die Arbeitsgemeinschaften in ihren Räumen tagen lassen. Neun Landkreise in ganz Bayern sind derzeit dabei, Pflegekonferenzen ins Leben zu rufen. Richter: "Da sind wir mit unter den Ersten."

Häusliche Pflegearbeit wird zu 51 Prozent von Angehörigen geleistet

77 Prozent aller Pflegebedürftigen im Landkreis werden übrigens zu Hause in den eigenen vier Wänden gepflegt und nur 23 Prozent von ihnen sind stationär untergebracht. Und die häusliche Pflegearbeit wird zu 51 Prozent von Angehörigen geleistet. Richter: "Darum ist auch die Gruppe der Ehrenamtlichen so wichtig." In nackten Zahlen bedeutet das: 158 000 Stunden pro Woche leisten Angehörige oder Ehrenamtliche heimische Pflegearbeiten. 30 000 Stunden pro Woche werden heimische Pflegearbeiten von professionellen Pflegekräften geleistet. Richter: "Das Ziel ist, dass die Pflegebedürftigen so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben können. Unsere Bemühungen gehen dahin, die notwendigen Strukturen dafür zu schaffen."

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