Wissenschaft:Bereit für Marsmond Phobos

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Der deutsch-französische Rover Idefix vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist Teil der japanischen MMX-Mission zur Erforschung der Marsmonde Phobos und Deimos. Auf einen Erfolg hoffen Markus Grebenstein, Alin Albu-Schäffer, Stephan Ulamec und Anke Kaysser-Pyzalla (von links). (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Das Erkundungsfahrzeug Idefix soll Daten, Bilder und Proben aus dem All liefern. Beim DLR in Oberpaffenhofen setzt man große Hoffnungen auf die Mission - doch ob sie gelingt, ist offen.

Von Patrizia Steipe, Oberpfaffenhofen

Nach vier Jahren Entwicklung geht es endlich los. Das Mars-Erkundungsfahrzeug Idefix wird auf eine Reise mit ungewissem Ausgang geschickt. Es ist eine "Weltpremiere", jubelte Alin Albu-Schäffer, Leiter des DLR-Instituts für Robotik und Mechatronik bei der Pressekonferenz, wobei das Wort "Welt" in diesem Zusammenhang nicht so recht passte. Bei der Mission "Martian Moons Exploration", kurz MMX-Mission, geht es nämlich in die andere Richtung. Ziel ist die erstmalige Landung auf dem Marsmond Phobos. Die Marsmonde Phobos und Deimos sind neben dem Mond der Erde die einzigen Trabanten im inneren Sonnensystem. Der größte Durchmesser von Phobos beträgt knapp 27 Kilometer, bei Deimos sind es 15 Kilometer.

Für die Mission hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gemeinsam mit der französischen Raumfahrtagentur CNES in Toulouse den Rover Idefix konstruiert. "Putzig und passend" sei der Name, fand DLR-Vorstandsvorsitzende Anke Kaysser-Pyzalla. Wie sein Namensgeber, der kleine Hund aus den Asterix-Comics, sei auch der Rover mit seinen 25 Kilogramm "klein, kompakt und schlau". Der Inhalt hat es aber in sich. Idefix ist gespickt mit Hightech-Instrumenten, die extra für diese Mission entwickelt wurden.

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Etwa vier Jahre lang hat die Entwicklung gedauert. Derzeit wird bei dieser trilateralen Zusammenarbeit Idefix in Toulouse für die große Fahrt nach Japan zur Raumfahrtagentur Jaxa fertig gemacht. Dort wird an der Raumsonde gebaut, mit der Idefix Richtung Mars geschickt werden soll. Auf dem Bildschirm sahen die Teilnehmer der Pressekonferenz den sorgsam vor Verunreinigungen geschützten Idefix in Toulouse in einem transparenten Transportkasten. Projektleiter Stéphane Mary hatte einen Schutzanzug, Handschuhe, Haarhaube und Mundschutz an - jedes Stäubchen könnte dem Rover schaden und die Mission gefährden.

2026 soll die Rakete starten. Zwei Jahre später als geplant - wegen Corona. "Das ändert nichts an der Bedeutung der Mission, die sie mit der weltweit ersten Probenrückführung aus dem Marssystem haben wird", erklärte Yasuhiro Kawakatsu, der aus Japan nach Oberpfaffenhofen zugeschaltet war. Ein Jahr lang dauert der Flug, bevor die Sonde in die Umlaufbahn des Mars einschwenken wird. Dann beginnen Erkundungen und Landungsübungen. Die Oberfläche von Phobos wird kartiert. Wenn der beste Landungsplan gefunden wurde, wird der Rover aus etwa 40 Metern über der Oberfläche ausgesetzt. Im freien Fall wird er auf dem Marsmond landen. Zunächst werde Idefix über die Oberfläche purzeln.

Das Fahrzeug muss sich nach dem Abwurf selbständig aufrichten und die Solarpaneele aufklappen, um sich aufzuladen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Sobald der Rover zum Stillstand kommt, richtet er sich selbstständig auf. Das Rädergestell wird ausgefahren, die Solarpaneele ausgeklappt. Als Erstes muss sich der Rover selbst aufladen, bevor er mit seinen wissenschaftlichen Exkursionen beginnen kann. Das muss der Rover vollautonom tun, denn bis die Kommandos von den Kontrollzentren in Oberpfaffenhofen und Toulouse eingetroffen wären, würde es zu lange dauern, sagte Mary. Mit einer Verzögerung von 54 Stunden und über die Raumsonde als Zwischenstation kommen die Daten zurück auf die Erde. "Wir werden immer veraltete Daten bekommen", deswegen müsse viel mit Simulationen ausgeglichen werden, erklärte Projektleiter Markus Grebenstein.

Drei Monate lang wird Idefix die Oberfläche, Mineralogie und die thermischen Eigenschaften von Phobos untersuchen, Proben nehmen und Landschaftsaufnahmen machen. Am Schluss wird er nicht mehr als 100 Meter zurückgelegt haben. Das liegt an der geringen Schwerkraft auf Phobos, die weniger als ein Tausendstel der Erdanziehungskraft beträgt. Sei der Rover zu schnell, würde er abheben. "Er fährt mit der Geschwindigkeit einer Weinbergschnecke", so Albu-Schäffer.

"Das Ganze ist ein Risiko"

Was ist aber nun der Reiz dieser Mission? Die Antwort gab Stephan Ulamec, der die Idefix-Forschungen koordiniert. Seit der Entdeckung der beiden Marsmonde 1877, gäben diese Rätsel auf. Wie sind sie entstanden? Gibt es Parallelen zur Erde? Ist Marsmaterial auf Phobos? "Jetzt hoffen wir, näher an die Lösung zu kommen."

Ob die Mission gelingt, sei ungewiss. "Das Ganze ist ein Risiko", so Ulamec. Deswegen habe Idefix Tausende Simulationen und Tests absolviert, um sicherzustellen, dass er die Vibrationen während des Raketenstarts und die extremen Temperaturen auf Phobos verkraftet.

Wenn alles nach Plan geht, würde das japanische Raumschiff nach einer Zeit ebenfalls auf Phobos landen, Proben nehmen und zurück zur Erde bringen.

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