Landkreis Starnberg:Kleine Schritte zum sicheren Radverkehr

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Zum Saisonabschluss demonstriert ein Bündnis aus Verkehrsclub Deutschland, ADFC, Bund Naturschutz und "Fridays for Future" für den Ausbau des Radwegenetzes.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Autos stehen Stoßstange an Stoßstange, Radfahrer schlängeln sich mal links, mal rechts vorbei - kein ungewohntes Bild in Starnberg. Die Teilnehmer der Radl-Demo des Aktionsbündnisses "Radwegbau im Landkreis" am Samstag indes müssen nicht um ihre Sicherheit bangen: Sie werden mit Blaulicht von der Polizei eskortiert. Etwa 45 Radler sind in Gilching gestartet, in Gauting haben sich weitere Teilnehmer angeschlossen. Insgesamt 75 Radler sind in Starnberg angekommen. Verkehrsclub, Deutscher Fahrrad Club, Bund Naturschutz, "Omas for Future" und lokale Mitglieder der Fridays-for-Future-Bewegung haben sich zu dem Aktionsbündnis zusammengeschlossen, um ihren Forderungen nach einem Lückenschluss im Landkreis-Radwegenetz und mehr Verkehrssicherheit Nachdruck zu verleihen.

Voraus fährt ein Streifenwagen, die Nachhut bilden mehrere Motorradpolizisten, als die Radfahrer von der Hauptstraße auf den Starnberger Kirchplatz abbiegen. "So müsste man die Radfahrer immer schützen", sagt ein Zuschauer, der die Kundgebung beobachtet. Auch ADFC-Kreisvorsitzender Anton Maier lobt die "vorbildliche Begleitung" durch die Polizei: "Man kommt sich vor wie ein Staatsgast." Leider sei das nicht immer so. Nach Angaben des Grünen-Kreisrats und Feldafinger Gemeinderats wird seit 2005 der Ausbau von Radwegen versprochen, doch bislang sei man nur einen kleinen Schritt weitergekommen. Die meisten Radfahrer haben schon viele gefährliche Situationen erlebt, meistens, weil sie sich die Straße wegen fehlender Radwege mit den Autos teilen müssen. Oft genug halten sich die Autos nicht an den vorgeschriebenen Abstand von 1,50 bis zwei Metern etwa bei Kindern oder Fahrrädern mit Anhänger.

"Oft quietschen die Reifen hinter mir", berichtet Matthias Ilg, der täglich 25 Kilometer zur Arbeit radelt. Wenn die Autos kleiner wären, könnten sie den Mindestabstand leichter einhalten, glaubt Petra Steiner. "Ich fühle mich von den Riesenautos bedroht", sagt die Gautingerin, die ein Schild in der Hand hält mit dem Text "Unsere Autos sind zu groß". Laut Stephanie Loeben-Sprengel ist das Radfahren in Starnberg sogar "lebensgefährlich". Die 19-jährige Jule-Marie Sigrist hat keinen Führerschein und fährt täglich von Gauting nach Großhadern zur Schule. Die Strecke sei vergleichsweise fahrradfreundlich und sie fahre entsprechend vorsichtig, erzählt sie. Die Strecke von Gauting nach Weßling aber bezeichnet sie als "eine Katastrophe."

Die Kreis- und Gemeinderätin Sissi Fuchsberger und der SPD-Ortsvorsitzende Bernhard von Rosenbladt haben die Initiative "Radwege-Check für die Gemeinde Berg" gestartet und hoffen nun auf Unterstützung. (Foto: Nila Thiel)

Kreis- und Gemeinderätin Sissi Fuchsenberger sowie der Berger Ortsvorsitzende Bernhard von Rosenbladt haben die SPD-Initiative "Radwege-Check für die Gemeinde Berg" gestartet und hoffen auf Unterstützung. Viele Schwachstellen könnten ohne großen Aufwand verbessert werden, glaubt Rosenbladt. Doch es geschehe zu wenig. "Was fehlt, ist das Machen", weiß ADFC-Vorsitzender Maier. Die Forderungen des Aktionsbündnisses: Ein eigener Rad-Etat und spezielle Zuschussrichtlinien, weil die Gemeinden nur eine Umsetzung vorantreiben, wenn sie finanzielle Unterstützung bekämen. Zudem sollten die Maßnahmen priorisiert und von einem Mobilitätsbeirat des Kreistags begleitet werden. Insgesamt 7,50 Euro pro Landkreisbürger schlägt Heinrich Moser vom Verkehrsclub Deutschland als Etat vor, um mehr Fahrradwege bauen zu können. "Es hat auch der Autofahrer etwas davon, wenn jeder seinen Platz hat", betont er.

Landrat Stefan Frey indes hält nichts von einer "Betonpiste neben der Betonpiste Straße". Das bedeute Mobilität kontra Naturschutz, hinzu käme "ein Dickicht an Zuständigkeiten". Er schlägt stattdessen vor, Radlstrecken abseits von Behördenvorgaben auszuweisen, beispielsweise befestigte Flurwege. Ein Förderpakt, dem Landkreis, Gemeinden, Verbände oder Unternehmen angehören, könnte eher Prioritäten setzen und Projekte "Schritt für Schritt" realisieren. Frey: "Wir sollten uns gemeinsam auf den Weg machen."

© SZ vom 26.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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