Landkreis Starnberg:Filmreifer Fall über menschliche Abgründe

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Über Recht und Unrecht (hier als Symbolbild) entscheidet in Starnberg das Amtsgericht. (Foto: Oliver Berg/dpa)

Ein Mann und seine Frau werden wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchter Nötigung zu einer zehnmonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt.

Von Christian Deussing, Starnberg

Es ist eine filmreife Geschichte, sie handelt von enttäuschter Liebe, heimlichem Sadomaso-Sex, Wut und Rache. Mit diesen Abgründen befasste sich am Dienstag die Justiz in Starnberg: Ein Ehepaar musste sich vor dem Amtsgericht verantworten, weil es laut Anklage vor eineinhalb Jahren eine Besucherin in seinem Starnberger Haus geschlagen, an den Haaren gezogen und ihre Flucht mit einer zugesperrten Tür verhindert habe.

Der Gast war die Ex-Geliebte des 26 Jahre älteren Ehemanns, sie forderte angeblich noch 3000 Euro von ihm. Das soll der Kaufmann aber abgelehnt und ihr stattdessen ein Schreiben vorgelegt haben, wonach sie auf das Geld und jeglichen Kontakt zu ihm und seiner Familie zu verzichten habe. Doch die einstige Freundin weigerte sich, die Erklärung zu unterschreiben, woraufhin die Situation eskaliert sei, wie das Gericht befand.

Es verurteilte die Eheleute wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchter Nötigung zu einer zehnmonatigen Haftstrafe zur Bewährung und zu einer Geldzahlung von je 3000 Euro. Die Angeklagten schwiegen im Prozess, während ihre Verteidigerinnen einen Freispruch forderten. Denn sie hielten die Aussagen der 29-jährigen Pöckingerin für unglaubwürdig und von "enormem Belastungseifer" geprägt. Sie habe die Trennung nicht akzeptiert, den Angeklagten in Chats massiv unter Druck gesetzt und gedroht, ihn "zu zerstören" und sich zu rächen. Als die Ex-Geliebte den Mann nochmals im Haus aufgesucht habe, sei es ihr Plan gewesen, ihn erneut "mit Sex heiß zu machen und ihn wieder abzuzocken", so die Verteidigung. Und die 29-Jährige habe nicht Halt davor gemacht, aus Wut die Ehefrau und die Kinder in die Sache hineinzuziehen.

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Der Verurteilte war in einem Flüchtlingsheim auf die Familie seiner Ehefrau losgegangen und hatte einen Jugendlichen getötet. Das Landgericht stellte die besondere Schwere der Schuld fest.

Nur zwei Meter vom Ex-Lover entfernt schilderte im Prozess das mutmaßliche Opfer seine Version des Geschehens in der Villa. Demnach war die Ehefrau für die 29-Jährige überraschend aufgetaucht. Sie sei am Arm gepackt, auch von hinten geschlagen worden und mit ihrem Kopf gegen eine Heizung gestoßen, erzählte die Pöckingerin stockend. "Und als ich den Postboten hörte, wollte ich schreien, aber der Mann hielt mir den Mund zu." Kurz danach durfte sie das Anwesen doch verlassen - und erstattete sofort Anzeige bei der Polizei. Laut Attest erlitt die Frau mehrere Blutergüsse am Arm und Kopf sowie eine Schwellung am Auge. Eine Polizistin erklärte in der Verhandlung, dass sie die Aussagen der jungen Frau für glaubwürdig halte.

Das bekräftigte auch die Staatsanwältin, die eine etwas höhere Freiheitsstrafe auf Bewährung für das Ehepaar forderte, das geplant und mit "hoher kriminellen Energie" vorgegangen sei. Die Angeklagten hätten die Frau extrem eingeschüchtert. Sie sei zuvor in finanzielle Not geraten und habe dem Geliebten wegen drohender Pfändung ihr Gehalt auf sein Konto überwiesen. Aber nach der Trennung kam es zum Streit ums Geld. Doch der Ehemann wollte nichts mehr davon wissen und seine Ruhe haben. Laut Staatsanwaltschaft hatte er und die 29-Jährige die spezielle sexuelle Beziehung vertraglich geregelt.

Die Richterin folgte der Anklage und zeigte sich davon überzeugt, dass die Eheleute erheblich unter Druck geraten seien und in dieser Situation "rot gesehen" hätten.

© SZ vom 03.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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