Lieferservice:Wenn der Bauer bis zur Haustür kommt

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Die Geschäftsführerin von "Regioluzzer", Elen Gulde, stellt gerade die Lebensmittel-Lieferung für einen Kunden zusammen. (Foto: Nila Thiel)

Was gegensätzlich klingt, passt in der Realität gut zusammen: Das Start-Up "Regioluzzer" aus Gilching vertreibt frische regionale Produkte über seinen Online-Shop und liefert sie an die Kunden.

Von Tim Pohl, Gilching

"Lassen Sie Ihre Jacke lieber an", empfiehlt Elen Gulde als sie den Weg hinunter in den Keller des Bürogebäudes in der Gilchinger Talhoferstraße zeigt. Unten angekommen, versteht man wieso: Es ist unangenehm kalt hier. Der Grund: Denn in den Regalen in den großen Lagerräumen werden frische Lebensmittel gelagert. Elen Gulde ist die Geschäftsführerin des Start-Ups "Regioluzzer". Ein Online-Lieferdienst, der den Kunden frische regionale Produkte bis zur Haustür liefert.

In Kisten in den Regalen lagert knackiges Obst und Gemüse, gemahlener Kaffee und im begehbaren Kühlschrank warten Fleisch- und Milchprodukte und Bier und Säfte stehen in den Kästen in der Ecke. Alle Produkte kommen von Produzenten aus der Umgebung. So kommt das Brot von der Bäckerei Gürtner aus der Nähe von Dachau, das Fleisch von der Metzgerei Ruf aus Seefeld und das Bier von Haderner Bräu aus München. Unzählige lokale und teils sogar Familienunternehmen machen inzwischen bei Guldes Lieferdienst mit.

Der Ablauf ist simpel. Der Kunde kann aus einem breit gefächerten Sortiment von Obst, Gemüse, bis zu Fleisch, Nudeln und Getränken seine Wunschprodukte auswählen. Um 11 Uhr vormittags werden die Bestellungen gesichtet und an die betreffenden Zulieferer weitergeleitet. Bis zum nächsten Tag werden Produkte angeliefert, abgeholt, verpackt und an den Kunden ausgeliefert. Dieser erhält seinen Wocheneinkauf in einer praktischen Pappkiste, die Teil eines Pfandsystems ist - so soll Verpackungsmüll gespart werden.

Die Idee zu diesem Projekt kam Gulde im Jahr 2018. Die französische Tochter eines Milchbauers hatte schon von Haus aus, immer viel mit Nahrungsmitteln zu tun. Ihr liegen regionale und nachhaltig produzierte Lebensmittel dadurch sehr am Herzen. "Damals war ich in Elternzeit und hatte sehr viel Zeit zur Verfügung. So bin ich die alle Bauernhöfe und Bäckereien in der Umgebung abgefahren und habe mir regionale Produkte besorgt", erzählt sie. Doch mit der Rückkehr ins Arbeitsleben wurde ihr klar: Nicht jeder, der den Willen hat nachhaltig einzukaufen, hat die Kapazitäten dazu. So stieg sie letztendlich aus ihrem Job im Marketing eines großen Lebensmittelkonzerns aus und konzentrierte sich voll auf ihre Idee.

Es entstand ein Lieferdienst für regionale Produkte mit Sitz in Gilching, der das Fünfseenland und Teile der Stadt München optimal beliefern kann. So habe der Kunde mehr Zeit, die er mit erfüllenderen Tätigkeiten verbringen kann und gleichzeitig hat er die Möglichkeit, Unternehmen der Region zu fördern. Aber auch die Umweltfreundlichkeit ist ein wichtiger Punkt für Gulde: "Für viele Menschen ist der Online-Handel pauschal schädlich für die Umwelt. Bei Amazon mag das stimmen. Aber bei uns sparen wir die Wege der Kunden ein und reduzieren die Fahrten auf ein Minimum, in dem wir sie zusammenlegen."

Die meiste Arbeit fällt am Vormittag an, denn dann müssen die Bestellungen gepackt werden. Da entsteht schon mal ein Flair eines französischen Wochenmarktes in den kahlen Kellerräumen - denn die beiden Logistikmitarbeiter sind ebenfalls Franzosen. Ein internationales Unternehmen, welches sich um die Nachhaltigkeit im Fünfseenland sorgt. Und das kommt gut an. Seit Dezember läuft nun der Regelbetrieb und Gulde ist sehr zufrieden. "Wir merken, dass Erstkunden sehr schnell zu Stammkunden werden. Das freut mich immens." Vor allem Familien mit Kindern nutzen das verlockende Angebot. Und in Pandemiezeiten sind betroffene Personen, die in Quarantäne müssen, ebenfalls sehr angetan von dem Dienst. "Es gibt aber auch viele ältere Menschen, die das Angebot nutzen, um sich den Weg zum Wochenmarkt zu sparen." Das habe Gulde besonders überrascht, denn das Angebot ist und bleibt immerhin ein Online-Dienst.

Es ist ein Start, auf dem sich aufbauen lässt. Während das Personal in Zukunft aufgestockt werden soll, wird ebenfalls das Produktsortiment stetig erweitert. So gibt es bereits jetzt Produkte im Verkauf, die es nicht unbedingt in jedem Supermarkt um die Ecke gibt. So können von nun an Kaffee-Liebhaber aus Andechs den exklusiv gerösteten Kaffee der Münchner Rösterei "Fausto" genießen. Während Münchner nun in den Genuss des Heumilch-Joghurts der Hofmolkerei "Zum Marx" aus Obersöchering kommen, ohne dabei die Stadtgrenzen verlassen zu müssen. Eine Kooperation zwischen Stadt und Land, die es in diesen Zeiten des Wandels selten gibt.

Gulde schaut sehr optimistisch in die Zukunft ihres jungen Unternehmens. "Letztendlich wollen wir den Menschen helfen, ohne Aufwand frische Produkte zu konsumieren und der Umwelt etwas Gutes zu tun." Ein Gedanke, der unterstützenswert klingt. Dennoch ist man erleichtert, wenn man am Ende des Tages aus den Lagerräumen der "Regioluzzer" wieder in das beheizte Erdgeschoss treten kann.

© SZ vom 17.01.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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