Onlineshopping:Das Ammersee-Amazon

Utting: Ammersee- Amazon Initiator Thomas Jäger

Thomas Jäger baut gerade eine Suchmaschine auf, mit der sich die Geschäfte in der Gegend um den Ammersee durchstöbern lassen.

(Foto: Nila Thiel)

Der Onlinehandel nimmt stetig zu, das spüren auch die kleinen Läden. Damit die Geschäfte trotzdem weiter eine Überlebenschance haben, baut Thomas Jäger rund um den Ammersee eine Online-Plattform für den Einzelhandel auf. Noch steht das Projekt allerdings ganz am Anfang.

Von Hannah Szeck

Die langen Transportwege, der viele Verpackungsmüll - in der Hinsicht ist der Onlinehandel alles andere als nachhaltig. Auch er habe früher oft Produkte im Internet bestellt, sagt Thomas Jäger. Irgendwann habe er aber gemerkt, dass die vielen Paketzustellungen "ziemlich irrsinnig" seien. Deshalb ist er vor einiger Zeit zu dem Entschluss gekommen, nur noch möglichst lokal einzukaufen. Zumal es in der Region viele Geschäfte gebe, die "sehr besonders und speziell sind", sagt Jäger.

Anfangs hat Jäger allerdings gar nicht gewusst, in welchen Geschäften in der Umgebung ein bestimmtes Produkt überhaupt verkauft wird. Deshalb hat der 55-Jährige aus Utting nun angefangen, eine Online-Suchmaschine aufzubauen, mit der sich gezielt bestimmte Produkte aufspüren lassen, die in den Geschäften in den Gemeinden am Ammersee und im Landkreis Landsberg angeboten werden. Mit dieser "Kauflokal-Zone" genannten Initiative möchte Jäger dafür sorgen, dass das Produktangebot der Geschäfte in der Region sichtbarer wird, so dass weniger im Internet und wieder mehr vor Ort eingekauft wird.

Spätestens, nachdem einige Geschäfte in der Corona-Krise schließen mussten, hat Jäger bemerkt, wie wichtig es ist, den lokalen Wirtschaftskreislauf zu stärken. Die Idee zur Kauflokal-Zone kam dem ehemaligen Unternehmensberater vor etwa einem Jahr während des zweiten Lockdowns. Mithilfe seiner Initiative, auf die er sich nun hauptberuflich konzentriert, soll das Einkaufen in der Umgebung vereinfacht werden. "Somit können unter anderem längere Transportwege vermieden, aber auch Rücksendungen reduziert werden", erklärt Jäger. "Wenn ich in einem Geschäft etwas kaufen möchte, dann kann ich dort das Produkt ansehen und danach greifen. Außerdem wird man von den Händlern gut beraten." Das sei etwas völlig anderes, als Produkte im Internet zu bestellen.

Auf der Internetseite www.kauflokal.zone kann jeder ein bestimmtes Produkt suchen. Die Online-Suchmaschine zeigt dann alle Geschäfte im Landkreis Landsberg und in den Gemeinden rund um den Ammersee an, die dieses Produkt verkaufen. So sei es laut Jäger ganz einfach, ein Geschäft in der Umgebung zu finden, das zum Beispiel Hausschuhe von einer bestimmten Marke zum Verkauf anbietet. Neben den Öffnungszeiten und den Kontaktdaten umfasst die Suchmaschine außerdem Informationen über das gesamte Produktsortiment und die genau Lage der einzelnen Geschäfte.

Jäger sieht die von ihm ins Leben gerufene Initiative als ein Geschäftsmodell an, das einen sozialen Nutzen stiften soll, indem der lokale Einzelhandel gestärkt und für mehr Nachhaltigkeit im Einkauf gesorgt wird. Dieses Geschäftsmodell müsse ihm zufolge natürlich auch finanziert werden, weshalb der Initiator zur weiteren Umsetzung der Kauflokal-Zone eine Genossenschaft gründen möchte. Bislang existiert erst der Prototyp der Online-Suchmaschine, der schon jetzt von jedem getestet werden kann. Zwar würden noch nicht alle Funktionen der Suchmaschine reibungslos funktionieren, weil die Initiative noch am Anfang stehe. Dennoch ist Jäger mit dem Prototyp schon online gegangen, damit seine Idee bekannter wird und um "ein erstes Feedback zur Kauflokal-Zone einzuholen", wie er sagt.

Bisher seien sechzehn Händler bei der Initiative hinterlegt. "Das ist natürlich wenig", gibt Jäger zu. Er hofft aber darauf, dass diese Zahl in der nächsten Zeit wächst. Gabi Hubers Bekleidungsladen "Women's fashion" in Herrsching gehört zu den Geschäften, die schon in der Online-Suchmaschine eingetragen sind. Durch eine Bekannte ist sie auf die Initiative aufmerksam geworden. Der 56-Jährigen gefällt die Idee hinter der Kauflokal-Zone. "Es ist schön, wenn die Leute merken, dass man vieles regional kaufen kann", sagt Huber, die ihr Geschäft schon seit 28 Jahren führt. "Viele Leute können sich eben unter den kleinen Lädchen nichts mehr vorstellen." Als Mitglied im Gewerbeverein Herrsching wirkte Huber schon 2020 an einem ähnlichen Konzept mit. Der Verein hatte zu Beginn der Corona-Pandemie eine Webseite erstellt, auf der örtliche Geschäfte für die Bestellung oder Abholung ihrer Produkte kontaktiert werden können.

Herrsching: Ammersee-Amazon : Gabi Huber

Gabi Huber ist mit ihrem Herrschinger Bekleidungsladen bereits in der Suchmaschine registriert.

(Foto: Nila Thiel)

"Letztendlich ist die Kauflokal-Zone eine Erweiterung unserer Idee, die auf eine andere Weise vertieft werden soll", erzählt die Ladenbesitzerin, denn Jägers Initiative berücksichtige nicht nur die Geschäfte in Herrsching, sondern unter anderem auch noch die in Schondorf, Dießen oder Inning. Für ihr eigenes Geschäft sieht die Inhaberin in der Initiative einen Vorteil darin, möglicherweise mehr Kunden gewinnen zu können. Die Kauflokal-Zone sei aus diesem Grund für alle Beteiligten eine "Win-Win-Situation", sagt Huber.

Um seine Vision voranzubringen, hofft Jäger nun auf weitere Geschäfte, die bei seiner Initiative mitmachen wollen. Dafür benötige es jedoch sogenannte "Scouts", die auf weitere Einzelhändler in der Umgebung zugehen. "Interessierte Einzelhändler können ihr Geschäft jederzeit auf der Webseite eintragen", ermuntert Jäger. Es besteht außerdem die Möglichkeit, ihn für einen Eintrag persönlich zu kontaktieren.

Finanziell getragen wird das Projekt durch einen Mitgliedsbeitrag, den die Geschäfte entrichten. "Und Kunden können auch Fördermitglieder werden", erklärt Jäger. "Das ist aber natürlich kein Muss." Der nächste Schritt sei nun ein Crowdfunding-Projekt, das bald starten würde. Damit soll die Finanzierung der Genossenschaft erfolgen - und das Amazon vom Ammersee bekannter gemacht werden.

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