Kultur in der Coronakrise:Das Mitmach-Kino

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"Wenn 100 Leute das machen, bin ich zufrieden": Kinobetreiber und Filmfestivalchef Matthias Helwig. (Foto: Arlet Ulfers)

Breitwand-Chef Matthias Helwig sucht Cineasten, die Patenschaften für seine gebeutelten Filmtheater übernehmen.

Von Gerhard Summer, Starnberg

Die Zuschauer sollen das Kino auf lange Frist retten: Matthias Helwig will das Überleben seiner von Corona ausgeknockten Filmtheater und seines Fünfseen-Festivals durch Patenschaften sichern. Er sieht bislang vier Modelle vor.

Wer beispielsweise 500 Euro spendet, kann unter anderem das ganze Jahr über Filme in den drei Lichtspielhäusern in Starnberg, Seefeld und Gauting schauen, bekommt das Programm zugeschickt und erhält Einladungen zu allen Events in dieser Zeit. Gibt man dieselbe Summe fürs Filmfest, ist man nicht nur bei allen Kino- oder Open-Air-Vorstellungen dabei, sondern auch bei der Sichtung von Festivalfilmen und bei Preisverleihungen. "Wenn 100 Leute das machen, bin ich zufrieden", sagt Helwig. Der Sockelbetrag, der er benötigt, um das voraussichtliche Defizit durch dünn besetzte Kinos auszugleichen, liegt mithin bei zirka 50 000 Euro.

Noch ist völlig unklar, wann der Kinobetreiber aus Gilching seine Filmtheater wieder öffnen kann. "Im Dezember dachte ich: im Februar. Später dann: Ostern. Jetzt glaube ich: Wahrscheinlich ist es wie im vergangenen Jahr", als es Mitte Juni wieder losging. Doch trotzdem "müssen wir jetzt ins Handeln kommen", sagt Helwig, "wir hängen ja seit drei Monaten in den Seilen, kassieren einen Schlag nach dem anderen und hoffen, dass der Rundengong kommt". Klar sei, dass sich der Staat um die akuten Liquiditätsprobleme kümmern müsse. Er habe zwar noch nicht einmal die Novemberhilfe erhalten, einen immerhin fünfstelligen Betrag, sei aber überzeugt davon, dass die Unterstützung schon noch eintrudeln werde. Auf lange Frist gesehen könnten die Filmtheater aber nicht durch öffentliche Gelder vor dem Untergang bewahrt werden. Wer also das Kino retten und damit die zu Grunde liegende Idee erhalten wolle, dass Menschen in einem "besonderen für den Film gemachten Raum zusammen kommen" und sich hinterher unterhalten und austauschen, der müsse dafür auch einstehen. Denn Filme daheim anzuschauen, vor dem Monitor oder Beamer, sei kein Ersatz für das Gruppenerlebnis: "Du bist furchtbar allein, es fehlt was."

Sobald die Kinos öffnen dürfen, will Helwig mit einem dann wieder verstärkten Team das "bestmögliche Programm" bieten. Um es zu finanzieren, brauche er natürlich Zuschauer und einen Sockelbetrag, "mit dem wir rechnen können". Denn er müsse auf längere Zeit mit weniger Besuchern kalkulieren. "150 Leute bei 'Kaiserschmarrndrama' - das wird nicht sein." Deshalb sucht der Kino- und Festivalchef jetzt Mitstreiter. Wer 250, 500 oder 1000 Euro auf den Tisch legt, bekommt einen Gegenwert. Eine Familie mit zwei Kindern etwa, die sich für den höchsten Betrag entscheidet, kann ein Jahr lang unbegrenzt Filme in den Breitwand-Kinos anschauen. Es gibt auch die Idee, Eltern oder Großeltern ein Kino-Geburtstagsgeschenk für Schüler anzubieten. Dieter Kosslick, der vormalige Direktor der Filmfestspiele Berlin, sei ja der Meinung, dass Schüler ein Mal in der Woche ins Kino gehen müssten. Das sei zwar "ein bisschen utopisch, aber die Richtung stimmt", findet Helwig.

Weil Kultur nach wie vor nicht als lebensnotwendig gilt, befürchtet der Gilchinger, dass es heuer wie 2020 laufen könnte: dass Kinos, Konzertsäle und Bühnen erst im Sommer öffnen dürfen und im Herbst wieder schließen müssen. Schon jetzt zeichne sich ab, dass sich das Kulturangebot auf Juni, Juli und August konzentrieren werde, etliche Festivals seien schon in diese Zeit verlegt worden: "Die werden sich alle dieses Jahr erschlagen", sagt Helwig. Der Termin für sein 15. Festival, das womöglich wieder ein "Husarenritt" wird, steht auch schon fest: Es soll von 25. August bis 5. September über die Bühne gehen. Infos über das Mitmach-Kino unter der Mail info@breitwand.com.

© SZ vom 06.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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