Kinderbücher aus dem Fünfseenland:Eintauchen in die Welt der Kinder

Lesezeit: 3 min

Anja Janotta schreibt seit zehn Jahren Bücher für Kinder. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Anja Janotta aus Weßling schreibt seit zehn Jahren Bücher für Acht- bis Zwölfjährige. Ein Traumjob - vor allem seit sie sich mit Kolleginnen aus der Region zusammengeschlossen hat.

Von Carolin Fries, Weßling

Zehn Jahre ist es her, dass Anja Janotta ein Buch für ihre Tochter gesucht hat, die damals Neunjährige hatte eine Rechtschreibschwäche. "Ich fand nichts, was das Thema auch nur annähernd aufgegriffen hat", erinnert sie sich. Also schrieb die Weßlingerin das Buch, das sie sich wünschte, selbst - und widmete es ihrer Tochter Rebecca. Und den Nachbarskindern, die ebenfalls in dieser Geschichte vorkommen. "Linkslesestärke" taufte sie ihr Erstlingswerk. Das erste Kapitel, so die studierte Journalistin, sei "das wahrscheinlich beste, das ich je geschrieben haben". Auch deshalb blieb sie dabei. 13 Kinderbücher hat die 53-Jährige inzwischen in mehreren Verlagen veröffentlicht, das 14. geht demnächst in Druck.

Tochter Rebecca hat inzwischen ihr Abitur gemacht, und auch Sohn Jonas hat "seine" Kinderbücher geschrieben bekommen. Die Kinder in der Nachbarschaft sind ebenfalls erwachsen geworden. Anja Janotta aber schreibt immer noch über den Alltag von Acht- bis Zwölfjährigen, die inzwischen ganz andere Wörter benutzen, sich anders anziehen und andere Spiele spielen. Wie die Kinderbuchautorin es schafft, hier auf dem neuesten Stand zu bleiben? "Ich beobachte genau und höre gut zu", sagt Janotta. Regelmäßig ist sie für Lesungen in Schulen - für sie eine Quelle der Inspiration. Vor allem aber höchster Genuss. Gäbe es die vielen Lesungen - heuer werden es etwa 140 sein - und den engen Kontakt zu den Kindern nicht, Janotta hätte den Stift längst fallen gelassen. Erzählt sie. Sie schätze die Kreativität und das enorme Wissen ihrer Zielgruppe, die Aufgeschlossenheit und Spontanität. "Das ist so toll", schwärmt sie. Manchmal zerlegt sie mit den Kindern Wörter nach deren Klang in Teilwörter, zum Beispiel Politik in "Po-Lied-Tick" oder diskutieren in "Disco-Tieren". Erst letztens habe sie wieder gestaunt, auf welche Ideen die Kinder kamen. Aus kollabieren ersonnen sie "Cola-Bier-en".

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Die Kinder sollen Spaß beim Lesen haben, das ist Anja Janotta am wichtigsten. Sie versucht deshalb, ihre Geschichten möglichst witzig zu erzählen. Und Themen aufzugreifen, die interessieren. Aktuell sind Natur- und Klimathemen besonders gefragt, als Protagonisten Kinder, die mit ihrem Handeln etwas bewirken. Doch auch die Klassiker im Kinderbuchbereich, die sich rund um Schule, Freunde und Freizeit drehen, sind nach wie vor beliebt. "Ideen habe ich genug, bestimmt fünf am Tag", sagt Janotta. Oder aber die Kinder sagen "schreib' doch mal darüber" und erzählen drauf los. Eine Heilbronner Schulklasse kam so zu einem Kinderbuch über eine heimliche Übernachtung in der Schule. Gesetzt ist immer: Alle Abenteuer enden gut!

Doch so verrückt Janottas Ideen auch sein mögen: Es braucht immer auch einen Verlag, den sie davon begeistern kann. Ein Bilderbuch zum Thema "Gendern" hat die Autorin deshalb noch immer nicht umgesetzt. Und dann braucht so ein Buch noch Zeit, um zu entstehen. Janottas erstes Buch um Protagonistin Mira war innerhalb von sechs Wochen fertig, "ich hab' die einfach reden lassen", erzählt sie. Inzwischen braucht sie je nach Umfang zwischen zwei und sechs Monaten für ein Buch. Sie schreibt im Büro an ihrem Schreibtisch oder draußen auf der Terrasse, "immer morgens oder nachts". Fünf bis sechs Stunden täglich setzt sie sich an ihren Computer, egal, was letztlich dabei herauskommt. "Verbessern kann man immer noch."

"Linkslesestärke" ist Anja Janottas erstes Buch. 13 weitere folgten in den vergangenen zehn Jahren. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Ihren Teilzeit-Job als Online-Redakteurin im Marketing- und Medienbereich hat Janotta 2019 gekündigt, seither ist sie hauptberuflich Kinderbuchautorin. Nebenbei macht sie noch ein wenig PR-Arbeit. Was ihr manchmal fehlt? "Der Austausch mit Kollegen." Deshalb hat Janotta zusammen mit anderen Kinderbuchautorinnen 2017 die Isarautoren gegründet, einen lockeren Zusammenschluss von Kinder- und Jugendbuchautoren in Bayern. Die meisten der inzwischen 41 Mitstreiter kommen aus München und dem Umland, manche auch aus Rosenheim oder Ulm. Die allermeisten sind Frauen. Sie haben gemeinsam das Ferienlesebuch "Komm mit in die Berge!" geschrieben, eine Homepage und einen Podcast.

Vor allem aber tauschen sich die Autorinnen untereinander aus. Zu Förderprogrammen, steuerlichen Neuerungen, inhaltlichen Fragen. "Natürlich geht es auch um Sichtbarkeit." Einer alleine wird schnell mal übersehen, eine Gruppe kann sich leichter Gehör verschaffen. Einmal im Jahr treffen sich alle beim Sommerfest in Janottas Garten in Weßling. "Es sind richtige Freundschaften entstanden", sagt die Mitinitiatorin. Konkurrenz gebe es keine. "Es ist ein friedliches Miteinander, wir geben uns gegenseitig Tipps."

Dass immer mehr Kinder kaum noch oder gar keine Bücher lesen, beschäftigt die Isarautoren natürlich auch. Leseförderung ist Anja Janotta deshalb ein großes Anliegen. Sie hat zum Beispiel für die Reihe "super lesbar" des Gulliver Verlags Bücher in besonders einfacher und verständlicher Sprache geschrieben, die zu einem "schnellen Leseerfolg" führen, wie sie sagt. Für den Bayerischen Landtag hat die Weßlingerin zusammen mit dem Illustratoren Stefan Leuchtenberg die "Isardetektive" entwickelt - eine Reihe, in der Kinder demokratische Strukturen kennenlernen und sich mit Politik auseinandersetzen. Anja Janotta macht es Spaß, immer mal wieder etwas Neues auszuprobieren. Dass sie als Kinderbuchautorin mitunter belächelt wird in der Buchszene, stört sie nicht. Vielleicht aber schreibt sie eines Tages auch mal einen Roman für Erwachsene. Einfach so, um es mal gemacht zu haben. Und wer weiß, ob der dann ein Happy End hat?

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