Herrsching:Gefesselt, geschlagen und eingeschüchtert

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Drei junge Leute werden wegen Freiheitsberaubung und versuchter räuberischer Erpressung verurteilt

Von Christian Deussing, Herrsching

Es war ein perfider Plan: Eine fünfköpfige Clique hatte im November 2020 einen Bekannten in München unter einem Vorwand im Kleinbus abgeholt, um ihn nach einem manipulierten "Schere, Stein, Papier"-Spiel als Verlierer beim Kiosk "Steg 1" in Herrsching mit Handschellen an ein Gitter zu ketten. Der junge Mann, der angeblich rund 400 Euro Schulden hatte, sollte Angst bekommen, damit er seine Geldbörse und das Handy herausrückt. Von diesem Ablauf ist das Jugendschöffengericht in Starnberg nach drei Prozesstagen überzeugt. Es verurteilte einen 26-jährigen vorbestraften, weitgehend geständigen Herrschinger wegen Freiheitsberaubung und versuchter räuberischer Erpressung zu acht Monaten Bewährungsstrafe und 90 sozialen Arbeitsstunden. Er sei "treibende Kraft" der Tat gewesen und habe das Opfer statt der vereinbarten Minute erst nach etwa einer Viertelstunde befreit, sagte Richter Ralf Jehle.

Eine 22-jährige Mitangeklagte aus München und ein 19-jähriger Herrschinger, der eher als Mitläufer eingestuft wird, erhielten mildere Strafen. Der Handwerkslehrling muss ein soziales Kompetenztraining absolvieren und 400 Euro zahlen. Gegen die arbeitslose Frau verhängte das Gericht eine Geldstrafe von 450 Euro: Aufgrund einer attestierten Psychose sei verminderte Schuldfähigkeit nicht auszuschließen. Sie hatte auf das gefesselte Opfer eingeschlagen und vor dem 21-Jährigen mit gelber Perücke einen Teufelstanz aufgeführt und laut Anklage behauptet, "von einem Dämonen besessen zu sein". Das Verfahren gegen zwei weitere Angeklagte wurden krankheitsbedingt abgetrennt.

Das Geschehen am Kiosk hatte eine Überwachungskamera im Uferbereich aufgezeichnet. Am Tag nach dem Vorfall hatte die Clique einen "Steg 1"-Mitarbeiter vergeblich darum gebeten, die Sache irgendwie zu regeln. Im Prozess versuchten auch die Verteidiger des 19-Jährigen und der jungen Frau, einen Freispruch zu erwirken. Sie betonten, dass in der "Konstruktion der Staatsanwaltschaft" kein gemeinsamer Tathergang zu erkennen sei. Sie bezeichneten die Vorwürfe als haltlos und sprachen allenfalls von einem "schlechten Scherz" bei dem Spiel. Zudem bewerteten sie die Aussagen des "sogenannten Opfers" als nicht besonders stimmig -abgesehen davon, dass der Mann keine Schmerzen erlitten habe. Die Verteidigerin des 26-jährigen Haupttäters führte an, dass ihr Mandant unter einer psychischen Störung leide, als einziger aber den Tathergang gestanden und es als "Dummheit" bezeichnet habe, den Kläger nicht wie verabredet nach einer Minute von den Handschellen befreit zu haben. Die Anwältin beantragte eine sechsmonatige Bewährungsstrafe, die das Gericht geringfügig überbot. Die drei Angeklagten akzeptierten die verhängten Urteile.

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