Kultur im Landkreis Starnberg:Ein Geschenk für die Festgäste

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Gitti Pirner feiert ihren achtzigsten Geburtstag am Klavier in der Evangelischen Akademie Tutzing gemeinsam mit Konstantin Starke (Klarinette) und Serafina Starke (Sopran). (Foto: Nila Thiel)

Die Pianistin Gitti Pirner gibt zu ihrem 80. Geburtstag bei den Musikfreunden Tutzing ein Konzert ohne Gage - und wird mit frenetischem Applaus belohnt.

Von Reinhard Palmer, Tutzing

Einen 80. Geburtstag kann man groß mit vielen Gästen und opulenter Bewirtung feiern, sich dabei zudem reich beschenken lassen. Aber die Tutzinger Pianistin Gitti Pirner entschied anders: Sie beschenkte die Musikfreunde Tutzing mit einem Konzert ohne Gage, das trotz relativ kurzfristiger Planung mit einem sehr guten Besuch dem Verein einen ordentlichen finanziellen Spielraum für weitere Konzerte verschafft haben dürfte.

Für die Hörer sind Pirners Darbietungen immer ein Geschenk, ein sehr persönliches zudem. Denn ihre Art zu musizieren, ist grundehrlich und kommt aus ihrem Innersten, verrät deshalb auch viel von ihrer Persönlichkeit und ihren Empfindungen. Gerade in den kleinen musikalischen Formen, die sie für ihren Abend in der Evangelischen Akademie Tutzing ausgesucht hatte, findet Pirner ein geeignetes Material, ihr fein ziseliertes, höchst präzises und zutiefst emotionales Spiel beeindruckend in Szene zu setzen.

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Mit den "3 Intermezzi" op. 117 von Brahms machte sie sich die Aufgabe aber auch nicht leicht, denn es ist keine dankbare Musik, kommt bisweilen recht sperrig daher und muss erst interpretatorisch zum Fließen gebracht werden. Für Pirner ist das aber genau die richtige Herausforderung, das Material zu bändigen, die Strukturen transparent zu machen und die Stimmverläufe klar zu ordnen. Dann scheint plötzlich alles so einfach und selbstverständlich, zumal alles aus der reinen Anschlagsdifferenzierung hervorgeht. Es tauchten auch ausgeprägte Stimmungen (Nr. 1) auf. Eine unterschwellige Erregung hinter fließenden Wogen deutete sich an (Nr. 2), um sich immer wieder eruptiv zu entladen. Disparate Teile fanden zu einer großen Einheit (Nr. 3) zusammen, eingerahmt von einer lyrisch-melancholischen Erzählung von warm toniger Schönheit.

Die drei ausgewählten Impromptus von Schubert gehören zweifelsohne zu den beliebtesten Stücken der Klavierliteratur. Umso heikler ist es, sich ihrer anzunehmen, ohne einen Neuaufguss des Oftgehörten zu riskieren. Das Andante op. 90/3 sollte denn auch nicht einfach nur so dahinfließen. Das Brodeln in den Begleitarpeggien ordnete sich zwar dem melodischen Schöngesang unter, bot ihm aber auch Material für Dramatik, die sich auch immer einmal in den Vordergrund schob, aber auch geschmeidig wieder verschwand. Das bravouröse Allegretto op. 90/4 war Beweis genug, dass Pirners Geläufigkeit auch mit 80 Jahren noch tadellos ist, blieb aber in der Choreografie eher das Beiwerk substanziell hervorgehobener Themen. Alles Material, das dem Andante op. 142/3, einem Thema mit fünf Variationen, für reiche Differenzierung zur Verfügung stehen sollte. Die einzelnen Variationen gerieten so zu Charakterstücken, die ihre Zusammengehörigkeit dennoch nie aufgaben.

Die Pianistin macht sich auch für den musikalischen Nachwuchs stark

Gitti Pirner ist immer auch eine Pädagogin gewesen, die sich bis heute für den musikalischen Nachwuchs starkmacht. Ihr Geburtstagskonzert als Podium für zwei ihrer Schützlinge, deren Werdegang und die sie auch buchstäblich am Klavier begleitete, zu nutzen, erwies sich als eine bereichernde Idee. Denn Pirners kammermusikalische Qualitäten, von denen auch Vereinsvorsitzender und Cellist Reiner Ginzel spontan schwärmte, erlaubten der Pianistin, ihre Wandelbarkeit zu demonstrieren. Das 19-jährige Multitalent (Klavier, Klarinette, Gesang) Konstantin Starke trat hier als Klarinettist auf und wollte sich in der Sonate op. 120/1 von Brahms offenbar nicht mäßigen. Pirner vermochte problemlos der jugendlichen Vitalität zu folgen. So weitete sich das Ausdrucksspektrum bis ins Konzertante, wenn Pirner orchestrierte und Konstantin Starke expressiv bravouröse Passagen schmetterte.

Dass er auch überaus zart und einfühlsam zu modellieren vermag, bewies er dann in "Der Hirt auf dem Felsen" D 965 von Schubert, in dem seine ebenso multitalentierte (Klavier, Violine, Gesang) Schwester Serafina mit erstaunlich reifer Stimme den Sopranpart übernahm. Die zahlreichen Engagements in diversen Opernrollen versprechen bei einer 23-jährigen Sängerin eine glanzvolle Karriere. Zumal auch ihre Bühnenpräsenz staunen ließ. Das vorgetragene Lied ist im Grunde eine Opernszene von pastoraler Schönheit, deutlich als Arie aufgefasst, in der die Instrumente zarte Stimmungen vermitteln und die Gesangsstimme inszenieren, nicht ohne auch konzertante Größe zu entfachen. In der Zugabe aus den "Sechs deutschen Liedern" von Spohr noch einmal in großartiger Homogenität des Trios. Frenetische Ovationen blieben denn auch nicht aus.

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