Vegane Ernährung:Tofu selbst gemacht - aber in lecker

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Daniel Poth (links) und Patrick Prikril mit ihrer Tofu-Presse für den Privatgebrauch. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Sojamilch, Nigari, ein Tuch und ein Bambuskästchen, das zwei Tüftler entwickelt haben: Mehr braucht es nicht. Der Geschmack lässt sich leicht verfeinern.

Von Jessica Schober, Gilching

Ein kleiner viereckiger Kasten aus Bambus mit vier Ablauflöchern und einem Deckel - von außen sieht die handgefertigte Tofupresse von Daniel Poth aus Gilching und Patrick Prikril aus Eching ganz unscheinbar aus, wie eine schlichte Schmuckschachtel vielleicht. Doch in dem Küchengerät, das die beiden Vegetarier in einer Kellerwerkstatt zusammenbauen, steckt monatelange Tüftelarbeit. Sie haben sich im vergangenen Winter gemeinsam eine Konstruktion überlegt, in der man aus erwärmter Sojamilch, mit einem japanischen Gerinnungsmittel namens Nigari sowie mit einem Passiertuch Tofu selber herstellen kann. 120 solcher Tofupressen haben sie seit Anfang dieses Jahres gebaut und von Gilching aus online verkauft.

Um aus zwei Litern Sojamilch einen schnittfesten Tofublock zu pressen, muss man die Flüssigkeit erwärmen und das aus Meerwasser gewonnene Gerinnungsmittel Nigari hinzufügen, erklärt Poth. Das Sojaeiweiß stockt und setzt sich innerhalb einer Viertelstunde von der Flüssigkeit ab. Mit einer Kelle kann man nun das Eiweiß in die Tofupresse mit dem Passiertuch schöpfen und sachte auf den Deckel drücken. Heraus kommt ein schnittfester Block, der weitgehend geschmacklos ist.

Erst durch weitere würzende Zutaten erhält der Tofublock, hier in der Presse, einen Geschmack. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Erst durch weitere Zutaten wie Marinaden, Salz und Gewürze erhält der Tofu seinen Geschmack. "Früher mochte ich Tofu gar nicht so gerne", sagt Gründer Prikril, "Aber jetzt kann ich ihn so verfeinern, wie ich möchte". Er hat auch die Rezepte entwickelt und auf der Internetseite des Vertriebs veröffentlicht.

Als gelernter Zimmerer versuchte Prikril anfangs noch, mit einem Handhobel die passenden Fingerzinken zu formen, um den Bambus in der Tofupresse verbauen zu können. Benötigt wurde ein antibakterielles Material, das schnell nachwächst und Wasser aushält; so kamen die Tüftler zu dem Werkstoff, der für Küchenutensilien besonders beliebt ist. Bambus, das streng genommen kein Holz sondern ein Gras ist, sei allerdings auch 16 Mal härter als Ahorn, "da sind uns anfangs viele Werkzeuge kaputt gegangen", erzählt Prikril lachend.

In dem mit einem Tuch ausgelegten Bambuskästchen wird die Masse zusammengedrückt. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der 33-Jährige ist zudem gelernter Hotelkaufmann, arbeitete im "Seehof" in Weßling und betrieb bis vor sechs Jahren das Restaurant "Mediterraneo" in Weßling. Sein 31-jähriger Jugendfreund Daniel Poth, der im Hauptberuf als Wirtschaftsingenieur bei BMW für die Qualität der Achskontrolle zuständig ist, kümmert sich in ihrer Firma "Tofun Official" um den Aufbau von Vertrieb und Marketing.

Am Anfang der Unternehmensgründung stand dabei nicht unbedingt Poths Tofu-Hunger, sondern die Suche nach einer cleveren Geschäftsidee. "Ich habe im vergangenen Jahr schon die Augen offen gehalten, in welcher Nische bestimmte Bedarfe nicht gedeckt sind", sagt der Wirtschaftsingenieur. Die Corona-Zeit im Home-Office nutzte er, um Gründungsideen für Start-ups zu verfolgen.

Und als er schließlich selbst versuchte, sich eine Tofupresse samt Zubehör online zu bestellen, fand er nur Plastikprodukte oder Angebote aus Asien, für die er mehrere Bestellungen hätte tätigen müssen. Das müsste besser gehen, dachte sich der Ingenieur und tüftelte los. "Wir haben keine neue Technologie erfunden. Wir haben einen traditionellen Herstellungsprozess vereinfacht", sagt Poth. "Diesen Markt gibt es hierzulande noch gar nicht wirklich", fügt Prikril hinzu, "dabei wären Tofupressen auch für die Sterne-Gastronomie interessant."

Inzwischen bauen Poth und Prikril wöchentlich etwa 20 Pressen. Ihre ersten Erlöse haben sie in besseres Werkzeug investiert, sodass sie nun an einem Fräßtisch arbeiten können. Die gefrästen verzinkten Bambusteile stecken sie ineinander und verleimen sie. Den Preis von knapp 70 Euro pro Press-Set nennt Poth "knapp kalkuliert", dafür dass es eine handwerkliche Maßarbeit sei.

Mit dem Set aus Presse, Nigari und Tuch liefern sie ihren Kunden auch eine Anleitung und Rezepte. Besonders beliebt sei dabei der "Monkey Burger", für den der selbstgemachte Tofu wiederum mit Bananen und Gewürzen vermischt und angebraten werden. "Klingt vielleicht erst mal komisch, ist aber total lecker", sagt Poth. Er räumt ein: "Nur weil wir Tofu selber machen, werden wir nicht die Welt retten." Aber jeder könne mit seinem Lebenswandel ein wenig beitragen.

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Bislang bestellten hauptsächlich Frauen im Alter von 20 bis 60 Jahren die Tofupresse, schätzt Poth. Einer Kundin aus Gilching brachte er die Presse persönlich vorbei. Sie war ganz überrascht, dass der Unternehmer direkt um die Ecke wohnte und sich den Versand sparte.

In Zukunft hofft Poth, weitere Vertriebswege zu finden. Bislang verkaufen sie ihre Pressen auch im Unverpackt-Laden in Wolfratshausen. Dort finden die beiden Jugendfreunde auch Abnehmer für ihr zweites Produkt aus der Welt der Sojaverarbeitung, das sie gerade aufbauen. Sie schmelzen Sojawachs, das sie palettenweise bestellen, zu kleinen Pellets. Dieses Material kann als paraffinfreie Alternative dienen, um beispielsweise Teelichter wieder aufzufüllen.

Dem verpackungsfreien und veganen Traum eines romantischen Abends steht also nichts mehr im Weg: Es gibt selbstgemachtes Tofu bei Sojawachs-Kerzenlicht.

© SZ vom 07.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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