Mitten in Gilching:Das schwimmende Klassenzimmer

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Ab in den See: So lassen sich die Sommerferien gut aushalten. Blöd nur, wenn das mit dem Schwimmen noch nicht so richtig klappt. (Foto: Patrick Pleul/dpa/picture-alliance/ dpa)

Wer sich als Schüler noch nicht sicher im Wasser bewegen kann, ist schnell verhöhnt. Manchmal aber nimmt der Anfängerstatus auch eine überraschende Wendung.

Glosse von Patrizia Steipe, Gilching

Am Spätnachmittag liegt eine ermattete Ruhe über dem Baggersee. Ein paar Badegäste lassen den Tag ausklingen und genießen die Sonne auf ihrer Haut. Eine Gruppe größerer Grundschüler betritt die Szenerie. Die Jungs werfen sich in die Badehosen und dann in die Fluten. Ein paar Buben kapern sich eines der herumtreibenden Surfbretter, andere bespritzen sich mit Wasser. Da fällt ihr Blick auf ihren Freund, der unsicher, mit einer Schwimmweste ausgestattet, im Uferbereich steht. Er habe vor der Pandemie zwar einen Schwimmkurs besucht, aber könne noch nicht schwimmen, erklärt er den Freunden.

Kinder können ja hundsgemein sein. In diesem Moment aber lacht keiner. Im Gegenteil. Einer bietet sich gleich als Schwimmlehrer an und zeigt dem Freund, wie man Hände und Füße beim Brustschwimmen bewegt. Tapfer paddelt der Nichtschwimmer entlang des Ufers, wird vom Kameraden begleitet und ermutigt. Nach der Übungseinheit schwimmen die Könner davon, der Junge bleibt alleine zurück. Denn ins tiefe Wasser nur mit Schwimmweste - das traut er sich vernünftigerweise nicht. Das Ende des Wohlwollens?

Ein Vater, der die Szene verfolgt hat, schaltet sich ein. Auch er hat Mitleid mit dem Nichtschwimmer und zeigt ihm die richtigen Schwimmbewegungen. Zuerst gibt es ein Trockentraining am Ufer, dann üben beide im seichten Wasser. Der Junge gibt alles. Es wird klar: Zum Schwimmer fehlen nur noch etwas Übung und das zugehörige Selbstvertrauen.

Vom selbst ernannten Schwimmlehrer ermutigt und bewacht, legt der Junge die Schwimmweste ab und übt das freie Schwimmen im seichten Wasser. Der Junge schafft ein paar Züge und strahlt. Plötzlich rührt sich etwas am Strand. Der Schwimmkurs war offensichtlich von allen Seiten interessiert beäugt worden. Ein Paar kommt ins Wasser. "Du schaffst das", ruft die Frau dem Kind zu. Ihr Mann reckt den Daumen nach oben. Von der anderen Seite schaltet sich ein weiterer Mann ein und empfiehlt eine weitere Schwimmübung.

Mittlerweile sind auch die Schulfreunde von ihrem Schwimmausflug zurückgekommen. "Du kannst ja schwimmen", jubelt einer. Die Freunde sind euphorisch und voller Lob. Ihr Freund führt stolz ein paar Schwimmzüge vor. Der Strand applaudiert. Plötzlich kommt einem das schöne afrikanische Sprichwort in den Sinn: "Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind aufzuziehen."

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