Bier:Craft-Beer-Hype vorbei? Brauerei in Gilching macht dicht

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Die Kessel hat Inhaber Mathias Lottes nach nur drei Jahren in Geisenbrunn nach Italien verkauft. Auch Bier-Sommelier Markus Sailer zieht aus. Der Fachmann sieht die Ursachen in der Branche.

Von Astrid Becker, Gilching

Es hätte ein Vorzeigeprojekt im Landkreis Starnberg werden können: die Brauerei nebst Genussakademie in der Alten Brennerei im Gilchinger Ortsteil Geisenbrunn. Doch nach etwa drei Jahren wird der Betreiber der "Braukraft", Mathias Lottes, den Rührlöffel für seine Craftbier-Sude beiseite legen und seine letzten Flaschen verkaufen. Die Brauanlagen, so bestätigt er der SZ, habe er bereits nach Italien verkauft. Und auch die Bierverkostungen, die Biersommelier Markus Sailer mit seiner Frau Gabi in dem Gebäude angeboten hat, wird es bald dort nicht mehr geben: "Ja, wir ziehen aus - zum März", sagt Sailer. Damit dürfte die Geschichte Geisenbrunns als Bierzentrum beendet sein.

Erst 2016 hatte sie begonnen. Damals hatte der Eigentümer der Alten Brennerei, Martin Fink jun., den Antrag gestellt, die Alte Brennerei in eine Brauerei umwandeln zu dürfen. Der Mann, der dort diverse Craftbiere herstellen wollte, hieß Mathias Lottes. Seinen Lebensunterhalt bestritt der damals 44-Jährige freilich nicht mit Bier, sondern als Pilot, der viele Langstreckenflüge absolviert hatte. Von all diesen beruflichen Einsätzen brachte er stets Biere aus der ganzen Welt mit und fragte sich vor etwa zwölf Jahren, warum es eine derartige Sortenvielfalt nicht auch bei uns gebe. Seine Begeisterung für Bier setzte er schließlich in eine Ausbildung zum Brauer und Biersommelier um und begann 2013 im Keller seines Wohnhauses unter dem Namen "Braukraft" eine Biermanufaktur aufzuziehen.

Vier Jahre später, im März 2017, braute er seine ersten Biere in seiner neuen Zehn-Hektoliter-Anlage in der Alten Brennerei. Er stellte den Braumeister Benedikt Eibauer ein und beschäftigte sogar einen Auszubildenden: "Es hat mir sehr leid getan, dass er nun seine Lehre nicht bei mir beenden kann", sagt Lottes, der den jungen Argentinier Javier Gonzales nun an eine Münchner Großbrauerei vermitteln konnte. Wenn man Lottes nach den Gründen fragt, die ihn zum Aufhören bewogen haben, bekommt man nur eine knappe Antwort: "Das Ganze war ein reines Zuschussgeschäft - und ich habe einen Beruf und eine Familie."

Sein unmittelbarer Nachbar in der Alten Brauerei, der Biersommelier Markus Sailer, der nun auch aus dem Gebäude ausziehen wird, sieht die Entwicklung auf dem Biermarkt als dafür verantwortlich an. Die Craftbier-Szene befinde sich in einer "Konsolidierungphase", sagt er. Der große Hype um das handwerklich gebraute Bier von Garagenbrauern, die Deutschland vor ein paar Jahren erfasst habe, sei "abgeebbt". Es seien zu viele Mikrobrauereien entstanden, worunter die Qualität gelitten habe. Gleichzeitig hätten sich mittlere und größere Brauereien selbst darauf besonnen, Spezialbiere aufzulegen. Sailer verweist hier allein auf das stark erweiterte Angebot in den hiesigen Getränkemärkten: "Da gibt es plötzlich einen Winterbock von Flensburger, den es nie gab - oder auch Biere der Rügener Insel-Brauerei, die mittlerweile auch bei uns verkauft werden."

Laut Markus Sailer gebe es in Deutschland mittlerweile zu viele Mikrobrauereien. (Foto: Fotos: Nila Thiel, Franz X. Fuchs)

Für ihn ist das alles eine Frage des richtigen Marketings: "Da können kleinere Brauer nicht mit größeren mithalten." Was ihn und seine Firma "Bukanter" angehe, die nun auch die Alten Brennerei verlassen wird, spielten ebenfalls wirtschaftliche Erwägungen eine Rolle. Verkostungen wie früher durch Sommeliers würden weniger, weil die Brauereien selbst mehr davon anböten: "Das haben wir zunehmend bemerken müssen." Während Sailer, der im wirklichen Leben promovierter Chemiker ist, aber mit seiner Firma in anderen Locations oder auch in seinen privaten Räumen weitermachen wird, gibt Lottes das Brauen komplett auf. Zumindest in der nächsten Zeit: "Wenn ich wieder Lust habe, setze ich ganz privat einen Sud auf. Aber vorerst nicht." Martin Fink jun. findet den Auszug seiner beiden Mieter bedauerlich: "So etwas tut schon weh, weil Herzblut dabei war." Er will die Räume nun wieder vermieten. Auf jeden Fall wieder an jemanden, der mit Lebensmitteln zu tun habe, sagt er. An einen Caterer zum Beispiel.

© SZ vom 03.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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