Musik:Frank Zappa und der Chattanooga Choo Choo

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In der Konzertreihe "Jazz am See" treten Bands wie "Kuhn Fu" und die skandinavische Supergroup "Rymden" in Feldafing und Pöcking auf. Auftakt ist an diesem Freitag.

Von Gerhard Summer, Feldafing/Pöcking

Nehmen auch schon mal die Musik auf den Arm: Die Band "Kuhn Fu" tritt in der Konzertreihe "Jazz am See" auf. (Foto: Veranstalter)

Sein Musikzimmer ist eine runde Sache. Der Jazzfan und Feldafinger Bürgermeister Bernhard Sontheim hortet daheim etwa 1000 LPs, 4500 CDs und 1000 alte Schellackplatten, dazu noch 50 bis 60 Grammophone und Phonographen, die mit Tonwalzen bestückt sind. Von den insgesamt 192 Jazzproduktionen, die das 1939 in New York gegründete Label "Blue Note Records" zunächst auf den Vorläufern der Vinylalben veröffentlich hatte, konnte er immerhin 180 Stück ergattern. Viele davon sind fast so etwas wie schwarzes Gold. Eine dieser Schellackplatten koste schon mal ein paar Hundert Euro, sagt Sontheim. Ob man in seinem Fall von leichtem Sammeltrieb sprechen kann? "Ja schon", meint der Rathauschef, und lacht.

Sontheim ist dem Jazz mit Haut und Haar verfallen, seit er als 12-Jähriger zwei Klassenkameraden auf dem Pausenhof des Gymnasiums Tutzing über Stanley Clarkes Album "School Days" fachsimpeln hörte. Das war in den Siebzigerjahren. Er kaufte sich erst die Platte des Bassisten aus Philadelphia und dann noch Billy Cobhams "Spectrum", danach war's um ihn geschehen. Doch der 63-jährige Feldafinger jagt nicht nur gerillte Schätze, er ist längst auch unter die Veranstalter gegangen: Mit seinem gleichnamigen Verein organisiert er seit knapp zwei Jahrzehnten die Konzertreihe "Jazz am See". Vor Corona seien im Schnitt an die 130 Besucher pro Konzert gekommen, inzwischen sind es nur noch 85, sagt er. Sontheim und sein Team haben schon Stargitarristen wie Biréli Lagrène oder Nguyên Lê nach Feldafing gelockt, Michi Acher und das Alien Ensemble,den legendären Multiinstrumentalisten Don Menza aus Buffalo oder die Frank-Zappa-Verbieger Grandsheiks. An diesem Freitag starten sie im Pöckinger Kulturzentrum Beccult mit der skandinavischen Supergroup Rymden in die neue Saison.

Genau genommen liegen die Anfänge von "Jazz am See" sogar schon gut 40 Jahre zurück: 1980 hatte Sontheim zusammen mit seinem Freund Christof Janfeld einen ersten Versuch gestartet. Nach nur vier Konzerten zerschlug sich die Initiative allerdings. Der nächste und diesmal erfolgreiche Anlauf folgte im Jahr 2003. Damals stand das 150. Jubiläum der Roseninsel bei Feldafing an. Und Sontheim, seit 2002 Rathauschef der Gemeinde, kam zu dem Schluss: "Da müssen wir was machen." Er engagierte seinen Spezl Andy Lutter, der Pianist stellte extra das Ensemble "Rose Island" zusammen. Im Hotel Kaiserin Elisabeth gab's dann ein Doppelkonzert mit Musik, die Bezug zur Roseninsel hatte, darunter beispielsweise Bette Midlers Song "The Rose".

Im Programm 2022/23 setzt Sontsheims Verein wieder auf eine Mischung, die seit jeher den Reiz dieser Musikreihe ausmacht: Entdeckungen, Newcomer und Stars. Das Gastspiel von Rymden beispielsweise falle in die Kategorie der "Topkonzerte, die wir je veranstaltet haben", so der Fachmann. Denn der norwegische Pianist Bugge Wesseltoft und die beiden Schweden Dan Berglund (Bass) und Magnus Öström (Schlagzeug) zählen für Sontheim zur "Crème de la Crème des Klaviertrios". Ihr Ansatz: Sie verbinden Klänge der Pop-Kultur "intelligent, humorvoll, überraschend und voller ungezügelter Energie" mit Jazzimprovisationen.

Keyboarder Scott Kinsey und seine Band erweisen Joe Zawinul Reverenz. (Foto: Jeffrey Moustache)

Zu den Geheimtipps wiederum gehören das österreichische Trio Paier, Valcic, Preinfalk (Freitag, 18. November) und das Duo Jakob Manz und Johanna Summer (Freitag, 16. Dezember). Beide Gruppen treten im Bürgersaal des Rathauses auf. Kuhn Fu wiederum drehen wie vormals schon die Grandsheiks alles durch den Fleischwolf. Die eher nach Kampfkunst klingende Band des Gitarristen Christian Achim Kühn spielt im nächsten Jahr in Feldafing. Wenn es nach Sontheim geht, dann kann man sich das Programm des Sextetts in etwa so vorstellen: "Zappa trifft Kabarett, Surf-Sounds und Metal-Riffs reiten den Chattanooga Choo Choo, während Shakespeare, Brecht und Monty Python Pate stehen." Das Scott Kinsey Quintett schließlich tritt an, den Nachlass von Joe Zawinul zu verwalten: Der österreichische Pianist, Komponist und Bandleader hatte den Hit "Mercy, Mercy, Mercy" geschrieben und war mit den Bands Weather Report und Zawinul Syndicate berühmt geworden. Keyboarder Scott Kinsey und seine Mitstreiter stellen an dem Abend im Pöckinger Beccult ihr neues Album vor, das schon im Titel den Namen Zawinul feiert, wenn auch als Palindrom: "We speak Luniwaz".

Weitere Infos zu den acht Konzerten, Termine und Karten finden sich online unter www.jazzamsee.de. Kinder unter zehn Jahren haben freien Eintritt. Der Vorverkauf startet wegen möglicher Corona-Einschränkungen erst zwei Wochen vor dem jeweiligen Konzert.

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