Gastronomie am Ammersee:Büffel-Bill und die Ziegenbande

Lesezeit: 3 min

Pächter Alexander Kiss (links) und Küchenchef Ansgar Wölfel wollen in Dießen durchstarten. (Foto: Georgine Treybal)

Das "Ammara" in Dießen ist Restaurant, Vinothek und Showroom für lokale Manufakturen. Das Angebot richtet sich an bewusste und genussorientierte Konsumenten. Inhaber Alexander Kiss ist neu in der Branche und will mit seinem Konzept expandieren.

Von Armin Greune, Dießen

Das vormalige Schreibwarengeschäft in Dießen schickt sich an, zum Gourmettempel zu avancieren: Das "Ammara" ist Tageslokal, Vinothek und Boutique für handverlesene Lebens- und Genussmittel in einem. Vis-a-vis des Rathauses, wo Mühl- und Herrenstraße auf die Staatsstraße entlang des Ammersees treffen, könnte der Standort nicht zentraler gelegen sein. Und wie man schon beim Vorbeifahren durch die großzügigen Glasfronten sehen kann, findet das im Ort neue Gastronomiekonzept mit dem Etikett "Local Eatery & Vinery" regen Zuspruch, obwohl das Ammara noch keine zwei Monate lang geöffnet ist.

"Wir sind von Tag eins an fast überrannt worden", sagt Geschäftsführer Alexander Kiss. Die Küche, die Wert auf saisonale, ökologische und regional erzeugte Grundlagen legt, wird von allen Befragten einhellig gelobt - selbst wenn sich die kulinarische Qualität in den Preisen widerspiegelt: Das täglich wechselnde Mittagsgericht kostet 14 bis 17 Euro, mit Tagessuppe zwei Euro mehr.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Die hat es freilich in sich: Am Tag des SZ-Besuchs wäre es eine Fischsuppe voll edler Zutaten gewesen, solo für 6,50 Euro angeboten, solange der Vorrat reicht. Das ist aber meist nicht lange der Fall: "Die Suppen lasse ich nie aus - sie waren bisher alle besonders", schreibt etwa die Dießener Künstlerin Annunciata Foresti dem Lokal ins digitale Gästebuch. Dem Abendpublikum werden zur Weinprobe Häppchen und selbstgemachte Aufstriche gereicht. Außerdem bietet die Karte bis 19.30 Uhr vier Wochengerichte an, wie etwa Pasta Pomodoro (11 Euro), Sellerieschnitzel (16,50), geschmorte Rinderschulter (18,50) oder Fisch-Papillote (21,50).

Die Zutaten besorgt Küchenchef Ansgar Wölfel nur bei sorgfältig ausgewählten Produzenten: Das Bio-Fleisch kauft er bei "Büffel Bill" ein, dessen Rinder auf Weiden bei Memmingen leben. Den Käse liefert die "Ziegenbande" im nahen Holzhausen bei Utting, Fisch bezieht er vom Metzgerhof im noch näheren Riederau. Nach Engagements in Seefeld und München freut sich der Koch, "jetzt etwas Frisches, anderes machen zu können." Kiss wiederum kümmert sich um die Vinothek: "Wir haben die umfangreichste Auswahl an europäischen Bioweinen am gesamten Ammersee", betont der Ammara-Inhaber. Das Sortiment soll demnächst von 50 auf 80 bis 100 Weine erweitert werden - aber dennoch auf Erzeuger aus "dem erweiterten Alpenraum" beschränkt bleiben.

Essen und Trinken im Landkreis Starnberg
:Treffpunkt mit Wohlfühlcharakter

In das neue "Dreiseit" der VR-Bank in Andechs ist Leben eingezogen: Die Benedikters, die am Ort bereits Lebensmittel und eigene Backwaren verkaufen, haben jetzt dort ein Café eröffnet. Ihr Konzept kommt bereits gut an.

Von Astrid Becker

Auch das Warenangebot in den Regalen des Ammara wird unter den Aspekten Nachhaltigkeit, Müllvermeidung und CO₂-Neutralität ausgewählt. Ob Schokolade oder Honig, Chips oder Pasta, Kaffee oder Essig, Schneidebretter oder Papierwaren: Alle Produkte stammen von handverlesenen Manufakturen aus der näheren oder weiteren Umgebung. Tatsächlich wollte Kiss erst überhaupt nicht in die Gastronomie einsteigen, sondern eigentlich nur ein Netzwerk zum Vertrieb hochwertiger, regionaler Produkte schaffen. Sein Online-Markt sollte im Corona-Lockdown neue Absatzwege schaffen, scheiterte dann jedoch "an der betriebswirtschaftlichen Komplexität", sagt der 43-Jährige.

So fiel sein Auge auf das kurz zuvor aufgegebene Schreibwaren- und Lottogeschäft in Dießen, wo er mittlerweile seit knapp fünf Jahren lebt. Kiss ist am Starnberger See aufgewachsen und hat 13 Jahre lang als Eventmanager etwa für den Autohandel gearbeitet. Veranstaltungen organisiert er auch im Ammara: Vergangenen Freitag fand erstmals ein Winetasting mit viergängigem Menü für 85 Euro statt. Die gut 30 Plätze waren schon lange zuvor ausgebucht.

Aus seiner Tätigkeit für Autohäuser weiß Kiss um die Bedeutung von "Konsum mit Stil" und will im Lokal "auch ein ästhetisches Erlebnis bieten". Der große, luftige Gastraum strahlt urbanen, industriellen Chic aus, die Einrichtung spiegelt klares, minimalistisches Design wider. Autos gibt es dort natürlich keine, dafür aber zwei historische Motorroller: Die wie neu funkelnde Vespa von 1981 war sein erstes Gefährt, erzählt Kiss. Zentrales Möbelstück zwischen den Tischen ist eine vier Meter lange Theke, die aus zwei Betonplatten und einem hölzernen Zwischenstück besteht. Die Platten habe man direkt im Lokal gegossen, das Eichenbrett sei eine Maßarbeit des Dießener Schreiners Valentin Koch.

Das Ammara ist täglich von 10 bis 20 Uhr geöffnet

"Drei intensive Monate" habe er am Umbau des Ladens gearbeitet, sagt Kiss. Die Decke freigelegt, den Epoxidharzboden verlegt, die Elektrik komplett erneuert, Lagerräume und Küche eingerichtet. All dies geschah hinter zugeklebten Schaufenstern: "Wir sind bald für Euch da" verkündete eine Aufschrift - was die Neugier der Dießener weckte. Seitdem der Betrieb läuft, findet Kiss nur noch wenig Zeit, sich seinen vier kleinen Kindern zu widmen, der Älteste ist sechs.

Das Ammara ist täglich von 10 bis 20 Uhr geöffnet, der Inhaber packt überall an, wo gerade Not am Mann ist: "Ich arbeite im Service, an der Bar und spüle auch ab, wenn es sein muss." Er hat zwei voll und zwei Teilzeit-Beschäftigte angestellt, vier weitere Mitarbeiter helfen gelegentlich mit. Und doch schätzt Kiss seine wöchentliche Arbeitszeit auf sechs Tage mit je zwölf Stunden: "Es ist schon mehr als erst gedacht."

Dessen ungeachtet plant er bereits, die Gastronomie und den Shop "mehr und mehr auszubauen", Platz für zusätzliche Tische und Waren ist ja vorhanden. Das Angebot soll sich allmählich noch stärker an regionalen Produzenten orientieren: "Es kann nicht immer alles nur billig, billig sein", findet Kiss. Von März an hat das Ammara - eine Sprachschöpfung aus Ammersee und dem indischen Wort Amarata, das für unsterbliche Schönheit steht - verlängerte Öffnungszeiten: Am Wochenende sind dann die Gäste bis 22 Uhr willkommen.

Bis dahin muss allerdings die noch ziemlich beengte Küche erweitert werden, den Raum dafür habe die Sparkasse als Vermieterin schon zugesagt. "Wir wollen aber auch mit unserem Konzept expandieren", sagt Kiss - gut möglich, dass er es demnächst auch in anderen Orten der Region umsetzt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusKinder- und Jugendpornografie
:"Pädophilie heißt nicht gleich Missbrauch"

Für pädophile Menschen und Konsumenten von Kinderpornos gibt es verschiedene Therapieangebote. Wie kann man ihnen helfen? Ein Gespräch mit Sharon Schumann von der Fachambulanz für Gewalt- und Sexualstraftäter.

Interview von Linus Freymark

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: