"Am Wiesengrund":Beim Starnberger Einheimischenmodell zeichnet sich eine Lösung ab

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Ein nicht berücksichtigter Bewerber soll ein Ersatzgrundstück bekommen, doch eine Juristin bezweifelt die Rechtmäßigkeit des Vorgehens.

Von Peter Haacke, Starnberg

Für das seit Monaten auf Eis liegende Vergabeverfahren im Starnberger Einheimischenmodell "Am Wiesengrund" hat sich offenbar eine Lösung ergeben. Bürgermeisterin Eva John teilte am Donnerstag in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz mit, dass einem unberücksichtigt gebliebenen Bewerber, der seine Ansprüche bereits im August 2019 geltend gemacht hatte, ein Ersatzgrundstück im Stadtgebiet zu vergünstigten Konditionen angeboten wurde. Eine Neuverlosung der Wiesengrund-Grundstücke sei damit hinfällig, das Verfahren zur Rücknahme der Zuteilungsbescheide ist eingestellt. Sollten sich aufgrund des fehlerhaften Verfahrens keine weiteren Ansprüche ergeben, könnten die ersten der insgesamt 51 Bauherren nach Abschluss der Grunderschließung im August mit dem Bau eines Reihenhauses am Wiesengrund beginnen.

Nach Monaten quälender Unsicherheit, in der ein Teil der Bewerber mit einer Grundstückszusage von der Stadtverwaltung im Unklaren darüber gelassen worden war, ob sie nun den Zuschlag für ein Grundstück haben oder nicht, habe sich diese Woche ein Ausweg ergeben, teilte John mit. Dem im Losverfahren unberücksichtigten Bewerber habe man ein Grundstück anbieten können, das sich jedoch nicht im Eigentum der Stadt befindet. Über die Details macht die Bürgermeisterin keine Angaben. Der Betroffene soll die Ankaufvereinbarung mit der Stadt bereits angenommen haben. Die Zahlung eines mittleren fünfstelligen Betrages als Schadenersatz, den der Stadtrat ebenfalls erwogen hatte, ist damit hinfällig.

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Auslöser für den Stillstand zur Vergabe der 51 Baugrundstücke war eine fehlerhafte Bewertung: Einem Bewerber waren zehn Punkte zu wenig angerechnet worden. Er landete somit nicht im Pool von 39 weiteren Bewerbern, die allesamt 75 Punkte hatten. Die Vergabe der Plätze 1 bis 28 war unkritisch, die verbleibenden 23 Grundstücke wurden unter den vermeintlich 39 punktgleichen Bewerbern verlost.

Allerdings ergeben sich auch Zweifel an der Rechtmäßigkeit der nun präsentierten Lösung. Die Starnberger Rechtsanwältin Annette Kriebel, die zehn Mandanten in der Angelegenheit vertritt, fühlt sich zwar in ihrer stets geäußerten juristischen Auffassung bestätigt, dass eine Neuverlosung geltendem Recht widerspreche. "Die Stadt hat alles unternommen, um einen Rechtsstreit zu vermeiden", sagte sie. Fraglich bleibe jedoch, ob die Grundstücksvergabe womöglich nicht eine Benachteiligung gegenüber jenen Bewerbern mit 75 Punkten darstelle, die kein Losglück hatten.

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Das Starnberger Einheimischenmodell, das schon seit 2015 beworben wird, ist geprägt von Unzulänglichkeiten. Mehrfach mussten die hausgemachten Kriterien nachjustiert werden, weil sie den rechtlichen Vorgaben nicht entsprachen. Eine zunächst nichtöffentliche Verlosung wurde kurz vor den Sommerferien öffentlich wiederholt - ohne dabei jedoch den punktgleichen Bewerber zu berücksichtigen. Die Hoffnung der Verwaltung, der Fehler sei heilbar, erfüllte sich nicht. Seit Ende Oktober gab es keine offiziellen Informationen mehr zum Thema. Mittlerweile sind zwei Bewerber abgesprungen. Aufgrund erheblich gestiegener Erschließungskosten könnten noch weitere folgen.

Nach dem Debakel um die Vergabe der Grundstücke hatte der Stadtrat am 17. Februar einhellig einem Vorschlag von Stefan Frey (CSU) zugestimmt: Demnach sollten alle Bewerber mit Grundstückszusage binnen der nächsten drei Wochen zu einer Informationsveranstaltung eingeladen werden. Zudem hätte das Rathaus allen 40 Betroffenen mit 75 Punkten bis 2. März Informationen zum Stand des Verfahrens mitteilen sollen. Doch die Fristen verstrichen. Michael Mignoli (Bürgerliste) monierte das Versäumnis: In einem Schreiben an John drückte er seine Verwunderung darüber aus, dass zur Infoveranstaltung zum Thema Wiesengrund "noch nicht einmal eingeladen wurde". Auch andere Stadträte kritisierten, dass erneut ein Beschluss des Gremiums nicht umgesetzt wurde. John kündigte in ihrer Antwort an Mignoli eine "schriftliche Information für alle Betroffenen" an. Das Schreiben mit allgemeinen Hinweisen wurde teilweise bereits zugestellt. "Dort ist auch das Angebot drin, weitere Fragen schriftlich zu formulieren", erklärte sie, sowie "das Angebot eines persönlichen Gesprächstermins". Eine Infoveranstaltung für Wiesengrund-Bewerber wird es vorerst jedoch nicht geben: Die Stadt sagte am Mittwoch alle größeren öffentlichen Veranstaltungen "zum Schutz der Gesundheit" ab. Die Planungen für den Geschosswohnungsbau folgen laut John nach Abschluss des Verfahrens für die 51 Reihenhausgrundstücke.

© SZ vom 13.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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